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3. August 1833 - 13.30 Uhr bis 15.00 Uhr, Abschnitt 2

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Zwei Brüder im Krieg

Benedikt Sarasin hätte nicht hier sein müssen. Wegen seiner Kleinwüchsigkeit war er vom Militärdienst befreit. Doch er war ein leidenschaftlicher Schütze. 1826 wurde er mit 28 Jahren Mitmeister in der altehrwürdigen Gesellschaft der Basler Feuerschützen. Als Kassier wirkte er im folgenden Jahr an der Organisation des Eidgenössischen Schützenfestes in Basel mit. Als am frühen Morgen sein älterer Bruder Lukas als Scharfschütze zum Sammelplatz im Steinenkloster eilte, wollte Benedikt ihn nicht alleine in den Krieg ziehen lassen und griff auch zur Waffe.


benedikt sarasin
Es war eine Ironie, dass ausgerechnet Pratteln so schicksalhaft für den Feldzug wurde. Dort wo am Morgen die Schüsse im nun brennenden Dorf gefallen waren, lag der Gasthof zum Engel. Benedikts Grossvater Jakob Sarasin-Battier hatte darin 1778 einige Räume gemietet. Sie dienten als Sommerwohnung wo die Sarasins Freunde empfingen und über Literatur plauderten. Nur zehn Gehminuten von diesem Gasthof weg hatte nun Benedikt das Schicksal ereilt. Bei den Prattler Reben traf ihn eine Baselbieter Kugel und durchschlug seinen Schenkel.

Das Rote Haus lag jetzt schon hinter ihm. Die Kugel hatte nicht den Knochen zerschmettert. Aber der Blutverlust machte Benedikt zu schaffen. Den ganzen gefährlichen Weg den Prattler Rain hinunter hatte er die Wunde verheimlicht und niemanden um Hilfe gebeten. Seine Waffe hatte er längst als hinderliche Last fallengelassen. Blutend und unter Schmerzen war er bis hierher gekommen. Aber jetzt wurde es ihm fast schwarz vor den Augen. Gerade rechtzeitig fand ihn jetzt sein Bruder Lukas, dem er als ersten von seiner Verwundung erzählte. Sie mussten nun schnell weiter. Der Feind war nahe.

verlustreiche strecke zum eingang der hard

Die Strasse vom einstigen Roten Haus zur Hard 2008. Am rechten Bildrand erkennt man Reste des Waldrands der sich 1833 parallel zur Strasse erstreckte. Dieses Strassenstück brachte den Basler Truppen die meisten Verluste, da am Waldrand Baselbieter Schützen die Rückzugskolonne mit ihrem Feuer eindeckten.

Die tödliche Strasse zur Hard

Auf demselben Weg ging schweren Schrittes auch Major August Wieland. Seitdem er am Prattler Rain unter sein getroffenes Pferd geraten war, schien der Offizier wie unter Schock. Er nahm nicht einmal die Gefahr wahr, in der alle Fliehenden auf der Strasse waren. Das Stück vom Roten Haus zum äusseren Hardhübel am Rand der Hard war mörderisch. Der parallel verlaufende Waldrand eines Hardausläufers war gesäumt mit Baselbieter Schützen. Sie konnten ein grässliches Scheibenschiessen auf die Fliehenden veranstalten, die direkt an ihnen vorbeizogen.

Aus der Deckung des Waldes schossen die Baselbieter aus dem Birseck und aus Muttenz Kugel um Kugel in die Kolonne. Wachtmeister Hauser bemerkt, dass zugleich andere Gegner in ihren Rücken nachstiessen und sie auch von hinten beschossen. Die Basler lagen unter Feuer von zwei Seiten. Rudolf Hauser traf in der Rückzugskolonne Major Wieland und sprach ihn an. Aber mehr als einzelne Worte sagte der Offizier nicht. Hauser ging weiter, als er etwas schwer niederfallen hörte. Er wandte sich um - der Mann mit dem er eben noch geredet hatte lag am Boden.


august wieland
August Heinrich Wieland wurde am 30. August 1795 als Sohn des Basler Bürgermeisters Johann Heinrich Wieland geboren. Er heiratete 1819 Barbara Landerer. Sie bekamen sieben Kinder. Wieland besass eine Druckerei und war Mitglied des Basler Grossen Rats und des Kriminalgerichts. Er lebte nicht in der Stadt, sondern wie sein Schwager Lukas Landerer in Reinach im Birseck. Ihr Einfluss war wohl einer der Gründe wieso Reinach der Stadt die Treue hielt. Artillerieinstruktor Wieland genoss als Basler auch auf dem Land Beliebtheit, was selten vorkam.

"Gott der Major" riefen einige Kanoniere und rannten zu Wieland der im Strassenstaub lag. Unter der linken Schulter war er getroffen. Ein Schwall von Blut drang aus Nase und Mund. Hauser erkannte sofort dass er tot war. Die Kanoniere wollten ihren Major nicht zurücklassen. Vier Mann trugen die Leiche. Bald wurde einer von ihnen getroffen. Gleich darauf ein weiterer. Nur noch zwei Kanoniere zerrten ihren toten Offizier durch den Kugelhagel, bis sie erschöpft aufgaben. Es war zu viel riskiert für eine Leiche, wenn schon Verwundete liegengelassen werden mussten.

Beim Roten Haus

Als Joseph Gutzwiler mit den Birseckern auf der Verfolgung der Basler beim Roten Haus ankam, sah er wie ein Kampfgefährte dabei war Scheiben mit dem Gewehrkolben einzuschlagen. Im Hof stand der Wirt Remigius Merian. Er hatte immer noch Blut in seinem Mund, vom Zahn den ihm Basler Soldaten ausgeschlagen hatten als sie ihn mit dem Tod bedrohten. Jetzt schwebte Merian erneut in Lebensgefahr. Diesmal waren es Baselbieter die drohten ihn zu erschiessen. Als die Basler gegangen waren wollte er Stroh holen um die zurückgebliebenen Verwundeten weich zu betten.

Wegen der Schiesserei kam Merian nicht einmal bis zur Scheune und kehrte um. Eine seiner Mägde schrie plötzlich, dass er schnell das Wirtshaus aufmachen solle. Sonst werde alles eingeschlagen. Als er die Barrikade beim Tor des Hofes etwas öffnete, drängten etwa dreissig Baselbieter hinein. Merian ging rückwärts vor ihnen her und beteuerte immer wieder dass hier keine Basler Kämpfer seien. Lediglich zwei Verwundete die könnten niemandem mehr schaden. Der Wirt versuchte sich vor die beiden verletzten Basler Kanoniere zu stellen.

Ein Baselbieter packte ihn am Hemd und befahl ihm zur Seite zu gehen, sonst würde er erschossen. Zugleich erkannte ein anderer, dass Kanonier Berger aus Gelterkinden war. Die Gelterkinder waren auf dem Land als stadttreu verhasst, seit sie im April 1832 bei einem Aufruhr Basler Militär zu Hilfe gerufen hatten Merian sah entsetzt was mit den beiden kraftlosen Verletzten geschah, die er eben noch pflegte. Johannes Berger und Jakob Breitenstein wurden die Kleider vom Leib gerissen. Schüsse fielen; fünf, sechs. Dann lagen die Nackten tot in ihrem Blut.

Kurzer Halt am Rand der Hard

Am Ende der gefährlichen Strecke lag auf dem äusseren Hardhübel der Eingang zum Wald. Hier stockte der kopflose Rückzug kurz. Grund war eine Barrikade des Landsturms von Muttenz. Umgehauene Pappeln lagen als Hindernis quer über der Strasse. Etwas früher war ein Wagen voller Verwundeter vom Verbandsplatz den Weg entlang gekommen. Die Muttenzer hielten das Fuhrwerk an und führten es mit den Insassen als Gefangene ins Dorf, wo die Verletzten versorgt wurden. Als nun die Basler Kolonne auf die Barrikade traf, war sie verlassen.

Während sich die Kolonne staute versuchte Leutnant Wick einen Trupp zusammenzustellen um den Waldrand vor feindlichen Schützen zu säubern. Damit hätte dem gefährlichen Gewehrfeuer ein Ende gemacht werden sollen. Aber unter den Soldaten fanden sich niemand der bereit war unter Lebensgefahr ins Unterholz vorzustossen. Wick musste das Vorhaben resigniert fallen lassen. Diese Mannschaft war militärisch nicht mehr zu gebrauchen. Die Truppe wurde beherrscht von Angst und ihre einzige Motivation war der Fluchttrieb geworden.

Derweil ein Teil der Baselbieter am Waldrand lag und die Basler Rückzugskolonne beschoss, folgten andere ihr auf der Strasse. Schon Wachtmeister Hauser sah, dass der Gegner sie verfolgte und ihnen in den Rücken schoss. Unter den Verfolgern war auch Joseph Gutzwilern und seine Mitkämpfer aus dem Birseck. Sie setzten sich nicht wie andere in die Gaststube des Roten Hauses um nach Wein zu brüllen, sondern blieben den Baslern auf den Fersen. Die waren zeitweise schlecht erkennbar. Aufgewirbelter Strassenstaub und Pulverdampf behinderten die Sicht.

die strasse durch die hard heute

Die Strasse durch die Hard wie sie 2008 aussah. Diese Aufnahme entstand ein unweit des äussern Hardhübels, wo sich am 3. August 1833 eine Barrikade des Muttenzer Landsturms befand. Dort liess Hauptmann Stehlin ein letztes Mal ein Geschütz in Stellung gehen, um den Gegner auf Distanz zu halten.

Meyer und Kloss im Roten Haus

Regierungsrat Meyer war beim Roten Haus angekommen. Den Abwehrkampf an der Griengrube hatte er hinter sich. Noch immer stiegen Rauchschwaden aus Pratteln in den Nachmittagshimmel. Dort loderten Häuser die von den Baslern angezündet worden waren. Drei Dorfbewohner waren von ihnen umgebracht worden, auf der Strasse und in ihren Häusern. Meyer traf auf Karl Kloss, der dabei war als der Zug Hindelang von der Standeskompanie am Hülftengraben zusammengeschossen wurde. Beide Männer hatten sich dem Feind gestellt und Blutvergiessen gesehen.

Was sie im Roten Haus sahen erschütterte sie. Der Feind war in Hörweite und die Schüsse der Birsecker im Wald waren vernehmbar. Doch hier hatten man Fenster und Türen eingeschlagen und das Wirtshaus war voller Leute. Die Mägde des Wirts Remigius Merian mussten Milchhäfen und Wasserbecken austeilen, damit die nach Wein schreienden Krieger befriedigt werden konnten. Hier war eine Truppe frisch aus dem Gefcht dabei, zu randalieren und sich hemmungslos zu besaufen. Das war am Morgen bei der Standeskompanie in Pratteln auch passiert.


regierungsrat johannes meyer
Mit Abscheu registrierten Meyer und Kloss das Umbringen wehrloser Verwundeter. Als ein weiterer Basler gefunden wurde, sollte er dasselbe Schicksal wie die zuvor getöteten Kanoniere erleiden. Milizsoldat Johannes Greter war beim Schopf des Roten Hauses liegengeblieben. Er wurde mit Gewehrkolben geprügelt. Dann wollte man ihn erschiessen. Da traten Karl Kloss und Rudolf Hoch aus Liestal dazwischen. Sie wollten da nicht tatenlos zusehen. Nur unter Mühen setzten sie durch, dass Greter als Gefangener nach Liestal gebracht wurde.

Johannes Meyer und Johann Jakob Gutzwiler, dem Bruder des Präsidenten der Regierung (Stephan Gutzwiler) gelang es, viele der im Roten Haus weilenden Kämpfer zum Weitergehen zu bewegen. Remigius Merian konnte nicht aus der Gaststube weg. Im Hinterhaus verbargen sich seine Eltern, sowie die Frau und die Schwester. Er bat Meyer nachzusehen ob ihnen nichts geschehen sei. Der Regierungsrat stellte fest dass alles ruhig war. Meyer war zuwider was im Roten Haus passiert ist. Er hatte das Bedürfnis Merian irgendwie zu helfen und stellte einen Schutzbrief aus:

Waffenbrüder, Mitbürger!

Nachdem nebst Gott unsere Tapferkeit uns einen herrlichen Sieg über unsere Feinde verleihen, so fordere ich Euch bey Eurer Ehre, bey Eurem Gefühl für Freyheit und Rechte auf, dem ruhigen Bürger sein Eigentum zu schonen. So lasst dieses Haus und alles was dessen Besitzer angeht Euch heilig sein. Ihr werdet den Dank der Regierung und aller rechtlichen Männer erwerben. Patriotischer Gruss.

Rothaus am Sieger Tage Meyer, Reg.Raht.


Das letzte Basler Geschütz

Die Barrikade am Hardeingang war rasch geräumt. Über die Strasse strömte die Basler Kolonne in den Wald. Fuhrknechte gaben ihren Pferden die Peitsche damit die mit Verwundeten beladenen Kanonen und Protzen der Artillerie rasch wegkamen. Der Weg lag unter Feuer der Baselbieter. Immer mehr davon setzten den Fliehenden nach und bedrohten das Kolonneende. Hauptmann Johann Jakob Stehlin erkannte die gefährliche Situation und liess noch einmal das letzte Geschütz abprotzen. Wieder sollten Kartätschen den Gegner auf Distanz halten.

Die Kanoniere brachten das Geschütz in Stellung. Hinter ihnen war nur der Gegner auf der Strasse. Die Kolonne war schon weitergezogen. Sie waren die letzten. Eine Kartätschenladung schoss hinaus. Die Kanone wurde neu geladen und ein zweiter Schuss folgte. Doch der Gegner feuerte weiter. Ein Kanonier wurde angeschossen; ein Zugpferd verwundet. Wieder verlor ein Fuhrknecht die Nerven, schnitt die Zugriemen durch und ritt mit den beiden vorderen Zugpferden davon. Es konnte nicht weiter geschossen werden. Rasch wurde aufgeprotzt und abgefahren.

Aber die beiden übrigen Zugpferde konnten die schwere Kanone nur mühsam ziehen. Kanoniere und einige Infanteristen hängten die Zugseile am Geschütz ein und halfen den Tieren mit Muskelkraft beim Ziehen bis die Kolonne halbwegs eingeholt war. Hauptmann Stehlin sah dass die Kanone so nicht schnell genug weiterkam. Eilig wurde ein zusätzliches Geschirr improvisiert. In dieses spannte er sein eigenes Reitpferd. Nun ging es etwas schneller. Beim Marsch durch den Hardwald erwartete man noch schwereren Widerstand als bisher.

Der Marsch durch die Hard

Wachtmeister Hauser rechnete in der Hard mit dem Schlimmsten. Im dichten Unterholz konnten Feinde den Baslern jeden Augenblick auflauern. Es würde ein harter Weg durch den man sich richtiggehend durchkämpfen musste. Zu seinem Erstaunen stellte Hauser fest, dass der Gang durch den Wald unerwartet sicher war. Die Baselbieter hatten die rheinseitige Waldeseite gar nicht besetzt. Sie verfolgten die Basler weiterhin auf deren linker Seite. Doch wegen des grossen Abstands den sie hielten, trafen ihre Kugeln im Wald seltener als auf der offenen Strasse.

Da die Bäume des Waldes bis dicht an die Strasse durch die Hard standen, bilden sie eine Schutz. Für die Schützen Von Blarers und die anderen Baselbieter Kämpfer war es schwer geworden die Basler Soldaten zu treffen. Viele ihrer Gewehrkugeln schlugen nur in Bäume ein. Meist zielten sie auch zu hoch. Wer zu Fuss auf der Strasse ging war dadurch weniger in Gefahr. Auf der anderen Seite waren Reiter gefährdet, oder jene die auf einem Fuhrwerk sassen. In einem Fall wurde ein Verwundeter auf einer Protze tödlich getroffen.

waldweg durch die hard

Die heutigen Waldwege durch die Hard vermitteln einen guten Eindruck von der damaligen Strasse auf der sich die Basler Kolonne bewegte. Das dichte Unterholz und die Bäume nahmen den Baselbietern das Schussfeld und machten den Rückzugweg für Oberst Vischers Truppen etwas sicherer.

Wer zu Pferd war stieg daher bald ab. Die meisten Reiter schützen sich zusätzlich indem sie ihre Pferde als Deckung zur Linken am Zügel führten. Nur der Oberkommandierende blieb weiterhin im Sattel. Für Oberst Benedikt Vischer war der Tag ein einziger Schmerz. Er hatte den Feldzug nicht gewollt und der Brand von Pratteln hatte ihn weinen lassen. In seiner geschlagenen Truppe gab es Leute die ihn für einen Verräter hielten. Todesdrohungen brüllten sie ihm nach. Fast war es ihn egal, was für eine Kugel ihn traf.

Oberstleutnant Landerer geht in sein Verderben

Franz Lukas Landerer war bereits im Wald, als sich bei der Kolonne die Nachricht vom Tod Major Wielands verbreitete und ihn erreichte. Er wendete sein Pferd und ritt zurück. Offenbar stieg er nach kurzer Strecke ab. Jedenfalls traf er, sein Pferd am Zügel führend, beim Hardhübel Wachtmeister Hauser. Er fragte nach Wieland. Der Unteroffizier sagte ihm wo die Leiche lag, riet ihm aber dringend ab dorthin zu gehen. Zu nahe war der Gegner und Wieland sei ohnehin tot. Landerer liess sich nicht beirren. Er wollte seinen Schwager nochmals sehen.

Landerer wurde im Januar 1784 in Basel geboren. Sein Vater war Wirt im Gasthof Storchen und Rheinzoller. Mit dreiundzwanzig heiratete er Valeria Heusler mit der er sechs Kinder hatte. Er brachte es als begabter Kaufmann zu Wohlstand und liess sich in Reinach nieder. Landerer besass dort einiges Land und war Arbeitgeber vieler Leute im Dorf. Mit seiner Familie wohnte er im einstigen bischöflichen Salzmagazin. In Reinach lebte auch August Wieland, der Landerers jüngste Schwester Barbara geheiratet hatte. Er konnte ihn nicht einfach zurücklassen.

Ob Oberstleutnant Landerer bis zu Wielands Leichnam gekommen ist unklar. Auf jeden Fall wurde ihm dieser Gang zum Verhängnis. Auf dem Rückweg in die Hard geriet er zu Pferd in Feindeshand. Die Umstände seines Todes sind unsicher. Eine Version erzählt dass sein Pferd getroffen und er von Gegnern umstellt worden sei. Zwei Schüsse verletzten ihn schwer. Ein Kolbenhieb oder ein weiter Schuss töteten ihn. Beim Todeskampf sei Jakob von Blarer anwesend gewesen, angeblich gar direkt beteiligt. Dies glaubte Lukas Sarasin gesehen zu haben.



Infobox - Der Tod des Oberstleutnants Landerer

landerers leiche

Die Umstände von Landerers Tod sind unklar und umstritten; was wohl auch damit zu tun hat dass Jakob von Blarer mutmasslich involviert gewesen sei. Verschiedene angebliche letzte Worte Landerers sind überliefert, die in ihren Aussagen die jeweilige Erzählversion zu seinem Tod stützen. Eine Variante besagt dass Karl Kloss Landerer gefangen genommen und entwaffnet habe, ihm aber den Degen zurückgab damit er nicht wehrlos getötet werden könne. Andere Versionen berichten dass Von Blarer ihn aus Mitleid erschossen habe, um ihm einen grausameren Tod zu ersparen. Nicht auszuschliessen ist die Überlieferung dass der Leiche Ohren und Finger abgeschnitten worden seien. Weniger glaubwürdig klingt aber die Geschichte vom Fleischsalat aus seinen Ohren, der in Sissach serviert worden sei.


Die Tragödie zweier Brüder

Sarasin war unter die Nachzügler geraten weil er seinen Bruder stützte. Benedikt hatte so viel Blut verloren, dass er immer wieder bewusstlos wurde. Lukas musste ihn stützen und wenn er ohnmächtig war, trug er Benedikt auf den Schultern. Es war sehr schwer, zugleich das eigene Gewehr und den besinnungslosen Benedikt zu tragen. Die Strasse war gesäumt von Verwundeten die in Gottes Namen laut darum flehten nicht zurückgelassen zu werden. Alle wussten was die Unglücklichen erwartete. Niemals würde er seinen kleinen Bruder zurücklassen.

Mehrfach hatte Lukas pausieren müssen. Jedes Mal kamen die Baselbieter dabei näher. Er und sein Bruder waren weit zurückgefallen. Hinten auf der Strasse konnte er ein Gerangel sehen. Dort war jemand dem Feind in die Hände gefallen und kämpfte um sein Leben. Lukas erkannte dass es Landerer war. Daneben meinte er Jakob von Blarer zu erkennen, der mit Landerer rang. Lukas setzte seinen kleinen Bruder ab und nahm den Stutzer. Trotz der Aufregung versuchte er zu zielen. Er schoss und verfehlte. Der Gegner war schon zu nahe zum Nachladen.

Schnell half er Benedikt auf und gemeinsam strauchelten sie weiter. Lukas merkte, dass sein Bruder nicht mehr konnte und trug ihn wieder. Plötzlich spürte er einen Schlag in Benedikts Körper. Lukas sah nicht sofort was geschehen war. Aber er spürte, dass Benedikt sich nicht mehr festhielt. Er legte seinen kleinen Bruder ab, und sah dass ihn ein Kopfschuss getötet hatte. Lukas fiel auf die Knie. Ein fliehender Basler brüllte ihm zu er solle abhauen. Aber er war betäubt. Dann sah er die Verfolger auf sich zukommen, nahm eine geladene Waffe. Diesmal traf er.

Die Baselbieter Artillerie rückt an

Die Kanoniere von Hauptmann Begle mühten sich ab. Sie hatten die Birch geräumt um sich an der Verfolgung der Basler zu beteiligen, mussten aber den langen Weg über Augst einschlagen. Die anderen beiden 4pfünder vom Kampf am Hülftengraben hatten auch Zeit verloren, da das von Hand gezogene Geschütz wiederholt umstürzte. Zu den beiden Verletzten dieses Unfalls kam noch ein Artillerietambour dem eine Basler Kartätsche den Fuss aufgerissen hatte. Trotzdem hatte diese Batterie bereits das Rote Haus auf dem Weg in die Hard passiert.

Begles Kanonen wollten so rasch wie möglich zur Hard gelangen. Nachdem die Basler mit ihren mächtigen Kanonen das Schlachtfeld geräumt hatten, mussten die alten Vierpfünder aus Luzern ihren Teil zum Sieg tun. Sie waren die Artillerie des Baselbiets und durften jetzt nicht die Infanterie im Stich lassen. Auf dem Wegstück zum Roten Haus lagen vereinzelte tote Basler. Bei einigen standen Baselbieter und machten sich an den Körpern zu schaffen. Im Hardwald waren noch Schüsse zu hören. Es galt die Pferde anzutreiben um rechtzeitig zu kommen.

Die meisten Basler Kanonen auf der Flucht waren schon am Grossteil der Kolonne vorbei. Für die Verwundeten war damit jede Hoffnung auf Rettung dahin. Aber der 47jährige Leutnant Leonhard VonderMühl von den Scharfschützen, im Zivilleben Kaufmann, half wo es ging. Er brachte einige Soldaten dazu einen Verwundeten zu tragen. Eine Kanone fuhr vorbei ohne den Verletzten mitzunehmen. Dann kam die letzte Kanone von Hauptmann Stehlin. VonderMühl griff dem Gespann in die Zügel; stoppte es. Man lud den Verwundeten auf des so dem Tod entkam.

Der sinnlose Mut von Hauptmann Wettstein

Joseph Gutzwiler war erschöpft. Im Wald spendeten die Bäume zwar Schatten vor der heissen Augustsonne. Aber er war mit seinem Kameraden jetzt den Baslern seit dem Prattler Rain auf den Fersen und hatte immerzu Schüsse mit ihnen gewechselt worden. Das ständige Rennen von Deckung zu Deckung war anstrengend und ermüdend. Auf der Höhe von Muttenz brachen sie die Verfolgung der Basler ab. Man konnte von weiter vorne aber noch Schüsse hören. Die Spitze der Basler Kolonne hatte den Wald verlassen und kam nun wieder unter starkes Feuer.


dietrich wettstein
Auf den Feldern vor Muttenz waren vorausgeeilte Baselbieter in Stellung gegangen und lauerten auf die Basler wie der Jäger auf das Wild. Hier kam den Baslern auch der 38jährige Hauptmann Dietrich Wettstein entgegen. Er war der letzte männliche Nachkomme des berühmten Basler Bürgermeisters Rudolf Wettstein. Mit der Eilkutsche war er Nachts von Rippoltsau im Schwarzwald nach Basel gefahren, um seine Pflicht als Offizier zu tun. Der weltgewandte Kaufmann hatte sich in die Uniform gestürzt und war ins Feld geeilt.

Bei der Birsbrücke traf er den verwundeten Oberstleutnant Burckhardt der Standeskompanie. Von ihm erfuhr er wie schlecht es stand. Als Wettstein zum Hardeingang kam, strömten ihm erschöpfte Soldaten entgegen. Zornig bezichtigte er einige Jäger seiner Kompanie der Feigheit. Er befahl einen Gegenangriff. Niemand beachtete den Befehl. Im Gegenteil; die Männer wollten es ihm ausreden. Aber Dietrich Wettstein war entschlossen zu handeln. Mit blankem Degen rannte er alleine in den Wald: "Mir nach wer ein Basler ist!" Kurz darauf lag er tot im Unterholz.

ausgang der hard bei birsfelden

Wo 1833 die Strasse vom Rand der Hard zum inneren Hardhübel führte endet heute die Tramlinie 3. Kaum hatten die Basler hier den Wald verlassen, erwarteten sie in der linken Flanke weitere gegnerische Schützen in den Muttenzer Feldern.

In Sichtweite von Basels Kirchtürmen

Vor dem inneren Hardhübel beim Birsfeld packte Wachtmeister Hauser nackte Angst. Lange hatte er sich nicht von der Panik anstecken lassen. Auf dem letzten Stück in der Hard war ihm noch der weinende Lukas Sarasin begegnet. Er berichtete vom Tod Benedikts; dass er die Leiche hatte liegenlassen müssen. Hauser bot an mitzugehen um ihn zu holen. Der schluchzende Lukas wehrte ab. Er wusste dass sein Bruder tot war, dass es zu riskant war zu ihm zurückzugehen. Die beiden Scharfschützen machten sich auf den Weg, hinaus aus dem Wald.

Auf der Strasse vor der Hard, in Sichtweite der Basler Kirchtürme, sah Hauser im Staub feindliche Kugeln aufspritzen. Zu linken Seite mussten die Felder voll mit gegnerischen Schützen sein. Ihn überkam Panik davor, in solcher Nähe seiner Familie noch zu sterben. Er musste die Strecke zum Birsfelder Hardhübel so schnell wie möglich schaffen. War er auf dem abschüssigen Strassenteil, bot der Hügel Deckung. Hauser warf seinen Stutzer über die Schulter und rannte schweissnass um sein Leben. Jetzt um Gottes Willen nicht noch angeschossen werden!

Beim Stadtcasino am Steinenberg

Peter Stähelin hatte bereits gesehen wie erste Fuhrwerke mit Verwundeten ankamen. Nun wurde, was sich vor rund drei Stunden abzeichnete, immer klarer - der Feldzug war gescheitert. Als Stähelin über den Barfüsserplatz zum Casino ging traf er dort auf eine grosse Volksmenge. Er erfuhr dass soeben Oberstleutnant Burckhardt von der Standeskompanie verwundet angekommen sei und dass die Basler auf der Flucht seien. Immer mehr Verwundetenwagen sah Stähelin von der Casinotreppe aus ankommen. Erschüttert suchte er Bekannte unter den Verletzen.


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Beitrag erstellt 08.05.08 / Nachgeführt 31.23

Quellen:

August Bernoulli, Basel in den Dreissigerwirren, Band IV - Von der Anerkennung des Kantons Basel-Landschaft bis zur gänzlichen Trennung von 1833, 88. Neujahrsblatt der GGG, Verlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1910, Seiten 54 bis 58 und 61 bis 62

Martin Birmann, Beitrag "Der 3. August 1833", publiziert im Basler Jahrbuch 1888, herausgegeben von Albert Burckhardt und Rudolf Wackernagel, C.Detloff's Buchhandlung, Basel, 1888, Seiten 106 bis 108

Rudolf Hauser-Oser, Beitrag "Der 3. August 1833 - Aufzeichnungen eines Augenzeugen", publiziert im Basler Jahrbuch 1884, herausgegeben von Albert Burckhardt und Rudolf Wackernagel, C.Detloff's Buchhandlung, Basel, 1884, Seiten 161 bis 166 und 168

Eduard His, Basler Handelsmänner des 19. Jahrhunderts, Verlag Benno Schwabe & Co, Basel, 1929, Seiten 145 bis 148 (zu Leutnant Leonhard VonderMühl)

Eduard Schweizer, Beitrag "Der Sieg der Schweizerischen Regeneration im Jahr 1833", publiziert in Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Band 46, Verlag der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft, Basel, 1947, Seiten 109 bis 110

Felix Stählein, Beitrag "Erlebnisse und Bekenntnisse aus der Zeit der Dreissigerwirren", publiziert im Basler Jahrbuch 1941, herausgegeben von Ernst Jenny und Gustav Steiner, Verlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1940, Seiten 163 bis 164 (zu zeitgenössischen Briefen des Geistlichen Peter Stähelin)

Gustav Steiner, Beitrag "Bericht eines Therwilers über den 3. August 1833", publiziert im Basler Jahrbuch 1938, herausgegeben von Ernst Jenny und Gustav Steiner, Verlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1937, Seite 152 (zu Erinnerungen des Josef Gutzwiler-Schaub)

Adolf Vischer, Die Geschichte des dritten August 1833, Verlag Felix Schneider, Basel, 1888, Seiten 37 bis 39

Fritz Vischer, Beitrag "Erlebnisse von Remigius Merian zum Roten Haus am 3. August 1833" im Basler Jahrbuch 1905, herausgegeben von Albert Burckhardt-Finsler, Rudolf Wackernagel und Albert Gessler, Verlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1904, Seiten 166 bis 168

Bericht von Hauptmann Martin Begle zum 3. August 1833, Transkription aus Trennung A6, Matthias Manz im Aktenverweis Art.Hpm. Martin Béglé, StABL 98.02 Trennung, Datum 9.9.87

Karl Weber, Die Revolution im Kanton Basel 1830-1833, Verlag Gebrüder Lüdin, Liestal, 1907, Seite 215

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