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Die Standeskompagnie/Standestruppe 1804-1856
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Gründung eines unpopulären Korps

Der Artikel IX der Bundesakte aus dem Jahr 1803 gestattete jedem Kanton der Eidgenossenschaft den Unterhalt einer stehenden Truppe von höchstens zweihundert Mann. Bereits seit dem 17. Jahrhundert hatte Basel eine besoldete Stadtgarnison. Dieser war die Wache unter den Toren und auf den Mauern anvertraut. 1798 übernahmen einmarschierende französische Truppen den Wachtdienst.

Die Stadtgarnison war damit ihrer Hauptaufgabe beraubt und wurde schliesslich im September 1799 ganz aufgelöst. Nach dem Abzug der Franzosen im Jahr 1804 machte der Kanton von seinem Recht Gebrauch, gemäss dem Eingangs erwähnten Artikel der Bundesakte eine Berufstruppe zu zu unterhalten. Dieses Korps erhielt als stehende Truppe die Bezeichnung "Standeskompagnie".

Im Volksmund war die Kompanie auch rasch als die "Stänzler" bekannt. Der 1804 gesetzlich definierte Bestand der Kompagnie sollte fünf Offiziere, zweiundfünfzig Unteroffiziere und 148 Soldaten betragen. Als Kantonnement wies man ihr die Gebäude der aufgehobenen Stadtgarnison im einstigen Steinenkloster zu. Das Domizil der Truppe war bald als "Blömlikaserne" bekannt.


Vielseitige Pflichten

Die Aufgabe der Standskompagnie war vor allem der Sicherheitsdienst in der Stadt. Dieser bestand aus der Überwachung der öffentlichen Gebäude wie etwa dem Rathaus oder der Rheinbrücke und auch der Stadttore. Auch Polizeidienste und Hilfeleistung bei Brandausbruch fielen in ihre Verantwortlichkeit. Sie fungierten zugleich als Nachtwachte, Objektschutz, Fremdenpolizei und Feuerwehr.

Wer der Standeskompagnie beitreten wollte musste mindestens sechzehn und nicht älter als sechsunddreissig Jahre alt sein, höchstens jedoch vierzig. Man musste Schweizer Bürger reformierter Konfession sein und sollte wenigstens 1,65 Meter Körpergrösse vorweisen können. Man konnte sich wahlweise auf zwei oder vier Dienstjahre bei der Kompagnie verpflichten.

Die meisten der frühen Stänzler hatten bereits Kriegsdienst in den Armeen der napoleonischen Kriege geleistet, hauptsächlich jener Frankreichs. Die Mannschaft war ein dementsprechend rauhes Volk. Die gemeinen Soldaten hatten ihre Quartiere in der ehemaligen Kirche des Steinenklosters. Dort waren eigens dazu mehrere Holzböden für die Unterkünfte eingezogen worden.


Vom harten Los der Standessoldaten

Beispielhaft für die schlechten Unterkünfte ist die Tatsache dass sich zwei Soldaten ein einziges Nachtlager teilen mussten. Erst Lukas von Mechel, der Ende der 1840er Jahre die Truppe führte, sorgte dafür dass jeder Soldat der Standeskompagnie ein eigenes Bett bekam. Die halbwegs wohnlichen Räume der Klosterkaserne wurden als Unterkünfte für die Offiziere genutzt.

Diesen Vorgesetzte waren wenig zimperliche Massnahmen zur Disziplinierung der Standessoldaten erlaubt. Die Untergebenen durften körperlich gezüchtigt werden. Demütigungen vor der Öffentlichkeit waren häufig angewandte Strafen. Dies trug unter anderem zu einer gewissen Verachtung bei, welche man in der Basler Bevölkerung gegenüber der Standeskompagnie pflegte.

Der gemeine Standessoldat war relativ gut besoldet, doch musste dieser Lohn sauer verdient werden. Berufsmilitär war in Basel traditionell unbeliebt und die Stänzler waren schlecht angesehen. Der normale Basler Bürger leistete an bestimmten Wochenende Dienst bei der Miliz und verachtete die Standessoldaten welche das Kriegshandwerk berufsmässig verrichteten.

Ein Berufssoldat galt kaum mehr als die Kloakenputzer auf dem Kohlenberg. Das triste und monotone Leben als Standessoldat wurde durch den Hohn und Spott der Basler Bevölkerung noch bitterer. Stänzler galten allesamt als rüpelhaft, trunksüchtig und liederlich. Es hiess, dass man einen Stänzlertrupp im Anmarsch stets an der vorauseilenden Alkoholfahne erkennen konnte.

illustration gruppe standessoldaten

Ein Trupp der Standeskompanie während der Gefechte der Trennungswirren am 3. August 1833. Während der Kämpfe im Umfeld der Hülftenschanze bewährte sich einzig die Standeskompagnie als kampftauglicher Verband. Die Infanterie der Miliz versagte an jenem Tag weitgehend.
Rekruten aus der ganzen Schweiz

Stänzler waren in ihrer Freizeit häufiger in Wirtshäusern als in der düsteren Kaserne anzutreffen und schlichen sich spätnachts aus den Kantonnementen um bei Prostituierten zu nächtigen. Wen mag das verwundern, bei einem Bett pro zwei Standessoldaten in einer schmutzigen dunklen Unterkunft. Kaum ein Basler Bürger hatte je die Blömlikaserne der Kompagnie von ihnen gesehen.

Um ihren Sold aufzubessern verrichteten Standessoldaten in der Freizeit kleine Hilfsarbeiten was zu ihrem niedrigen Ansehen beitrug. Auch dass ein Grossteil der Stänzler aus dem Landteil des Kantons oder der übrigen Schweiz stammte schürte die Vorurteile der Stadtbürger. Obwohl die Basler dank der Stänzler von den früher üblichen Wachtpflichten befreit waren, gab es dafür kaum Dankbarkeit.


Baselbieter kämpfen gegen Baselbieter

Übersehen wird oft dass bei der Standestruppe viele Landschäftler Dienst taten. Während der Wirren der Kantonstrennung 1830 bis 1833 wurde der Bestand der Truppe auf zuletzt 390 Mann mit weiteren Anwerbungen erhöht. In jenen Tagen führte Johannes Burckhardt die Standeskompanie mit harter Hand. Er liess einmal während eines Ausmarsches einen Soldaten wegen Befehlsverweigerung erschiessen.

Während des Gefechtes um die Griengrube (die immer wieder genannte Hülftenschanze war nicht umkämpft sondern wurde ohne Gefecht eingenommen) am 3. August 1833 gegen die Baselbieter, stürmte die Kompagnie wiederholt ins feindliche Feuer. Die Basler Miliz beobachtete das Gefecht überwiegend aus sicherer Distanz an und als die Stänzler um Unterstützung baten, liess man sie im Stich.

So brach die Standestruppe die Angriffe ab, mit dem Hinweis dass nun auch einmal die "Sonntagssoldaten" (Miliz) die Drecksarbeit machen sollten. Die Basler Niederlage dieses Tages ist Geschichte. Viele der gefallenen Stänzler waren selber Landschäftler. Einige von ihnen waren als Gefangene umgebracht worden, da sie gegen ihre Heimat ins Feld gezogen waren.


Auflösung unter eidgenössischem Druck

Nach der Niederlage des 3. August 1833 musste die Standeskompagnie im Herbst auf eidgenössischen Befehl hin aufgelöst werden. Am Tag an dem die eidgenössischen Besatzungstruppen Basel verliessen wurde Johannes Burckhardt mit der Neuorganisation der Truppe betraut. Nun "Standestruppe" genannt, sollte das Korps nach einem Gesetz vom 4. Februar 1834 einen Bestand von 201 Mann haben.

Die neue Standeskompagnie hatte ihr Quartier weiterhin im alten Steinenkloster. Überliefert ist, dass die Truppe morgens "wenn es das Wetter leiden mochte" (!) zum Drill ausrückte um nach zwei Stunden wieder in die Blömlikaserne zurückzukehren. Ein Teil der Standestruppe leistete jeweils einen 24stündigen Dienst unter den Stadttoren und an anderen Punkten.

Ferner versah die Standestruppe bei wichtigen Anlässen Ehrendienste und ersparte der Stadt ein grösseres Polizeikorps. Dennoch waren die mit der Truppe verbundenen Kosten der sparsamen Basler Obrigkeit ein steter Schmerz in der Staatskasse. Mehr als einmal hatte man seit 1824 schon über eine Abschaffung der kleinen Basler Berufsarmee diskutiert.


Das Ende der Standestruppe

Das nahende Ende des Korps zeichnete sich in den 1840er Jahren ab, als die Desertationen überhand nahmen. Allein im Jahr 1845 hatten über 14% der Mannschaft die Standestruppe illegal verlassen um sich als Soldaten in fremden Armeen zu verdingen. Als man 1848 bei der Truppe ausländische Rekruten zuliess, kam es zu einer Meuterei die in Handgreiflichkeiten mit der Polizei.

Anschliessend wurde die Standestruppe vorübergehend aufgelöst. Es wurden 113 Mann des Korps entlassen, der Rest provisorisch erneut angeworben. Danach wurde aber immer häufiger die Auflösung verlangt. Die Fahnenflucht nahm solche Ausmasse an, dass man die Deserteure kaum noch mit neuen Rekruten ersetzen konnte. Als ausgebildeter Soldat hatte man bessere Chancen bei fremdem Armeen.

Zwischen Februar und November 1855 verliessen alleine dreiundsiebzig Mann unerlaubt die Truppe um nie mehr zurückzukehren. Ein negativer Höhepunkt bot eine Torwache zu St.Johann. Sie nutzten ihre Wachtschicht dazu, sich geschlossen nach Frankreich davonzumachen. Zuvor hatten sie das Tor verschlossen und den Schlüssel in den Stadtgraben geworfen hatten.

Ein Jahr nach diesem besonders schweren Zwischenfall zählte die Standestruppe gerade noch kümmerliche achtundsechzig Mann. Am 14. Juni 1856 schlug dem Korps die letzte Stunde - es wurde aufgelöst. Einige der bewährtesten Standesoldaten wurden vom erstarkenden Basler Polizeikorps übernommen. Andere Veteranen dienten als Instruktoren bei der Basler Miliz.


Die Stänzler leben weiter

Der Begriff "Stänzler" wurde in Basel jedoch am Leben gehalten, wobei dies hauptsächlich einer Fasnachtsclique zu verdanken ist. Aus den Reihen der Basler Mittwoch Gesellschaft ging in den 1920er Jahren eine Trommler- und Pfeifergruppe mit bewaffneter Fahnenwache hervor, welche in traditionellen Uniformen des 19.Jh die Standestruppe bis heute lebendig erhält.

bmg im dalbenloch

Drei Stänzler der Basler Mittwoch Gesellschaft im Mai 2003 vor der Stadtmauer im St.Alban-Tal. Mehr zum Weiterleben der Stänzlertradition entnehmen sie dem ersten der beiden Beiträge die untenstehend verlinkt sind.



Querverweis:

>> Die Stänzler der Basler Mittwoch Gesellschaft

>> Chronologie des 3. August 1833



Beitrag erstellt 12.03.03 / Nachgeführt 11.08.08

Quellen:

primär genutzte

Hans-Peter Meyer, "Die Basler Standestruppe", publiziert im Basler Kalender 1994, Seiten 50 bis 59

Gustav Adolf Wanner, "In Erinnerung an die Stänzler", puliziert in der Nationalzeitung vom 26.10.1974

Paul Enzmann, Die Militärorganisation des Kantons Basel bis zum Jahre 1815, Disseration, 1941, Kapitel 5

Carl Wieland, "Über das baslerische Militärwesen in den letzten Jahrhunderten", publiziert im Basler Jahrbuch 1886, Verlegt von C.Detloffs Buchhandlung, Seiten 79 bis 144


sekundär genutzte

Professor C.Meyer, "Die Stadt Basel von 1848 bis 1858", publiziert im Basler Jahrbuch 1906, Helbing und Lichtenhahn, Seiten 93 bis 134

Albert Burckhardt-Finsler, "Basels bauliche Entwicklung im 19.Jh", publiziert im Basler Jahrbuch 1903, Verlag R.Reich, Seiten 232 bis 233

Annie Hagenbach, Basel im Bilde seiner Maler, 1939, Verlag B.Wepf & Co Basel, Seite 30 Beitrag 50

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