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Spalenvorstadt 11 und Beat Zeuggin Passage

Es gibt Strassennamen die auftauchen ohne über den Tisch der Nomenklaturkommission gegangen zu sein. Es dürften eigentlich keine neuen Strassennamen im Basel ohne das 1947 entstandene Gremium vergeben werden. Aber manchmal nisten sich solche eben doch ein. Am Ende des 1978 getauften Pfeffergässleins liegt zum Beispiel das "Pfefferplätzlein", und wer sehr aufmerksam die Schneidergasse inspiziert, wird das "St.Andreas-Gässlein" finden. Am Montag dem 9. August 2010 kam ein neuer Name hinzu.

Man findet ihn in der Spalenvorstadt 11. Dort entstand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit dem Abriss eines Hauses neben der Liegenschaft Nr. 13 "zur Krähe" eine Baulücke von legendärer Hässlichkeit. Immerhin erfüllte sie als Zufahrt einen wichtigen praktischen Zweck, seit der Lützelhof 1903 zum Hauptdepot der dort eingezogenen Feuerwache wurde. Ein vom Hochbauamt im April 1981 ausgeschriebener Wettbewerb sollte die unschöne Baulücke in der Vorstadt beim Spalenbrunnen schliessen.

die 1984/85 erbaute liegenschaft spalenvorstadt 11

Die Liegenschaft Spalenvorstadt 11 (Mitte) im August 2010.

Wichtig war, dass die Feuerwehrdurchfahrt und die Dimensionen der Nachbarhäuser angemessen gewürdigt werden sollten. Der Wettbewerb für einen Neubau in einer historischen Häuserzeile stiess auf reges Interesse. Mehr als 300 Architekten liessen sich die Wettbewerbsunterlagen zukommen und 137 Projekte wurden eingereicht. Auf dem Tisch lagen Ideen wie jene von Architekt Heinz Forster aus Frauenfeld, der zwei Häuser im Stil des Merianplans von 1615 in die Lücke stellen wollte.

Das krasse Gegenstück zum Vorhaben Forsters war das Projekt von Walter Tüscher und Michel Voillat. Ihnen schwebte etwas vor dass radikal mit dem Umfeld brechen sollte, und mittels einer gerüstähnlichen Fassadengestaltung die Lücke geradezu unterstrich. Den zweiten Platz belegte das Projekt von Ueli Marbach und Arthur Rüegg aus Zürich, in welches dezent Elemente des amerikanischen Art Déco eingeflossen waren. Es sollte eben dieser Vorschlag sein, den die Jury zur Ausführung empfahl.

Die Strassenfassade des Neubaus nahm mit ihren Fensterzeilen und ihrer Höhe respektvoll Rücksicht auf die Nachbarschaft. Die Liegenschaft wurde 1984/85 für 2'500'000 Franken gebaut und konnte am 1. Oktober 1985 bezogen werden. Im Kern erhellt ein Lichthof die inneren Räume während die oberen Wohngeschosse auf der Hofseite mit grösszügigen Balkons versehen sind. Beherrschendes Element zur Vorstadt hin ist die Feuerwehrdurchfahrt, die von einem offenen Balkon gleicher Breite gekrönt wird.

Diese Durchfahrt bekam knapp 15 Jahre nach ihrer Einweihung einen Namen. Üblicherweise muss man tot sein damit einem die Ehre einer eigenen Strasse widerfährt. Der Basler Feuerwehrmann Beat Zeuggin durfte es noch zu Lebtagen erfahren, dass sein Name in weissen Lettern auf blauem Grund erschien. Geboren 1947, wird er gleichermassen als beseelter Jünger St.Florians (seit 1. Oktober 1975 bei der Berufsfeuerwehr), als Künstler wie auch als Aficionado der Basler Geschichte beschrieben.

das inoffizielle strassenschild der beat zeuggin passage

Das neu montierte (inoffizielle) Strassenschild in der Feuerwehrdurchfahrt der Liegenschaft Spalenvorstadt 11.

Auf seine Pensionierung am 30. September hin hatte sich ein verschworene Täterschaft innerhalb der Feuerwehr zu einer Hommage zusammengetan. Sie benannte die bislang namenlose Passage in der einstigen Baulücke nach dem Pensionär in spe. Der kundige Blick erkennt am nicht reflektierenden Material dass dieses eigens gefertigte Strassenschild den Hauch des Inoffiziellen umgibt. Doch die "Beat Zeuggin Passage" reiht sich ein bei jenen Basler Eckchen, die sich jenen offenbaren die genau hinsehen.



Beitrag erstellt 21.08.10

Quellen:

Carl Fingerhuth, "Grosse und kleine Baulücken", publiziert im Basler Stadtbuch 1985, herausgegeben von der Christoph Merian Stiftung, Christoph Merian Verlag, Basel, 1986, ISBN 3 856 16 026 4, Seiten 122 bis 124

Lore Kelly, "Fehlender Zahn ersetzt", publiziert in Schweizerische Handelszeitung, Nummer 36, 4. September 1986, Seite 92

Rudolf Schilling, "Die Baulücke", publiziert in Heimatschutz Basel liest für Sie, Mitteilungsblatt des Basler Heimatschutzes, Nummer 40, März 1982, Friedrich Reinhard Verlag, Basel, 1982

Lutz Windhöfel, Architekturführer Basel 1980-2004, Birkhäuser Verlag, Basel, 2004, ISBN 3-7643-7087-4, Beitrag 7

Mit freundlichem Dank an Herrn Beat Lutz für zusätzliche Informationen



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