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Hans Duttelbach des Turmbläsers Haus am Rheinsprung



Frau S. / 14.November 2009:

Ich las in der Basler Zeitung, dass das Haus des Turmbläsers Duttelbach am Rheinsprung prämiert wurde vom Basler Heimatschutz. Ich würde gerne mehr über den Turmbläser und das ausgezeichnete Fachwerkhäuslein wissen.

Antwort von altbasel.ch:

Das "Hanns Duttelbach des Thurnplesers Hus" am Rheinsprung 10 gehört zu einer Hauszeile die vermutlich im 15. Jahrhundert an der Stützmauer der Martinskirche entstand. Diese Mauer geht sehr wahrscheinlich auf den Ausbau des Gotteshauses nach dem Erdbeben von 1356 zurück. Damals wurde die Kirche nach Osten verlängert, weshalb wohl die Terrasse als Bauareal mit einer neuen Stützmauer erweitert wurde. An diese Mauer wurden später die Häuser gebaut.

Die Liegenschaften Rheinsprung 2 bis 10 treten erst ab 1430 urkundlich in Erscheinung.
[1] Das Haus Rheinsprung 10 wird zum ersten Mal für den 31. Mai 1438 genannt. Allerdings wird danach nichts mehr erwähnt bis 1571. In diesem Jahr fand eine Aufteilung des Hauses in zwei Hälften statt. [2] Aus dem selben Jahr ist dokumentiert, dass Heinrich der Turmbläser für das Haus auf Fronfasten ein Pfund und 5 Schilling an St.Martin bezahlen musste. [3]

das haus des turmblaesers duttelbach am rheinsprung 10 im jahr 2003

Das 2004/08 renovierte Haus Rheinsprung 10. Die 1571 in zwei Häuser geteilte Liegenschaft ist heute wieder vereint. Der obere Teil (mit Fachwerk) bekam mit der Sanierung eine Eingangstür für das neue Ladenlokal im Erdgeschoss.

Die Basler Stadtpfeifer

Die Turmbläser hatten die Aufgabe Stunden anzublasen und bei den Gottesdiensten den Kirchengesang mit ihren Blasinstrumenten zu untermalen. Der Lokalhistoriker Gustav Adolf Wanner führte 1968 in einem Artikel zur Geschichte des Hauses die Turmbläser auf die Stadtpfeifer zurück.
[4] Diese werden erstmals 1375 in der Stadtrechnung aufgeführt als "fistulatoribus nostris". Im Jahr 1386 wird bezüglich des Salärs von "den pfiffern" geschrieben.

Sie legten "Der phiffer und Trumpeter eyd" ab, der im Eidbuch des 15. Jahrhundert festgehalten ist.
[5] Rudolf Wackernagel schrieb 1911 dass die Stadtpfeifer Amtskleidung in den Standesfarben Schwarz und Weiss trugen. Häufig umfasste diese Musikergruppe nur einen Trompeter und drei Pfeifer. Ursprünglich scheinen ihre Aufgaben nichts mit der Kirche zu tun gehabt zu haben. Sie hatten jeweils am Sonntag nach der Predigt auf dem Rathaus aufzuspielen.

Im Sommer spielten sie zudem nach dem Abendessen auf der Rheinbrücke. Ihre Auftritte waren somit öffentlicher Natur. Ferner war es ihre Aufgabe die Ehrenmähler des Rats mit Musik zu umrahmen.
[6] Zusätzlich zum Wochenlohn der Stadt mussten sich die Stadtpfeifer ihr weiteres Einkommen mit privaten Engagements bestreiten. Zu diesen gehörten Auftritte an den Doktorpromotionen der Universität, wie für das 16. Jahrhundert von Felix Platter geschildert. [7]

Der Rat wollte 1496 aus Spargründen die Stadtpfeifer abschaffen. Er blieb allerdings nicht konsequent, wovon mehrere Beschlüsse zu Abschaffung und Beibehaltung zeugen. Dass im 16. Jahrhundert weiterhin Stadtpfeifer auftauchen, belegt dass sie nicht abgeschafft wurden. Einige frühe Stadtpfeifer sind namentlich überliefert, so 1396 Paulus von Dieterichsbern der Trompeter oder 1406 die Pfeifer Hans Drübein, Peter Zschepplin und Herman Eugenhart.
[8]

Die Turmbläser Duttelbach

Das Turmbläseramt sei laut Wanner im 16. Jahrhundert erschienen. Damals wäre der Brauch aufgekommen, dass die Stadtpfeifer morgens und abends von den Türmen des Münsters und der Martinskirche Choräle bliesen. Indes gibt es auch die Theorie, die Turmbläser seien aus den im 14. Jahrhundert erstmals erwähnten Turmwächtern hervorgegangen. Ich persönlich teile diese Ansicht nicht. Ein Turmwächter mit Signalhorn macht noch keinen geübten Musiker.
[9]

Dass die Turmbläser in der Tradition der Stadtpfeifer standen, untermauern meiner Meinung nach Auftritte als Musiker an Universtitätsfeiern. Belegt ist auch, dass sich Turmbläser beim Rat gegen konkurrierende Spielleute in Wirtshäusern zur Wehr setzten. Die Turmbläser spielten also selber an geselligen Anlässen, wie vormals die Stadtpfeifer. Hans Duttelbach (auch Dittelbach) tritt erstmals im Jahr 1573 im Zusammenhang mit dem Haus am Rheinsprung 10 auf.

Er wechselte später an den Martinskirchplatz 1, wo er 1585 wohnte.
[10] An seiner Stelle erscheint 1582 am Rheinsprung Mathis der Thurmbläser. Es könnte sich um Mathis Duttelbach handeln, der 1601 gemeinsam mit den Turmbläsern Johann und Jakob Duttelbach an den Rat gelangte. Sie forderten, dass man die fremden Spielleute wegschaffen möge, die in Wirtshäusern auftraten. Nach Mathis ist im selben Haus 1589 von Sylvester dem Turmbläser die Rede. [11]

Im November 1603 erscheint Turmbläser Johann Tuttelbach in delikater Sache. Der Maler Hans Bock (1550-1624) beantragt beim Rat Basels die Enterbung seiner ungehorsamen Tocher Elisabeth. Trotz geringem Einkommen habe Bock sie aufgezogen. Nun sei sie durch die Arglist böser Leute verführt worden, und habe sich heimlich und gegen ihres Vaters Willen mit dem Sohn des Turmbläsers Duttelbach verheiratet, sich gar mit diesem öffentlich gezeigt.
[12]

Renovation des Hauses

Das 2009 vom Basler Heimatschutz ausgezeichnete Haus wurde in intensiver Arbeit 2004-2008 durch die Architekten Rolli + Boss renoviert. Die Renovation war bei den beengten Verhältnissen im schmalen Haus sehr heikel. Viel Bausubstanz musste wegen Schäden durch Feuchtigkeit abgebrochen und neu aufgebaut werden. Vom Erdreich hinter der Stützmauer war Wasser ins Haus gedrungen. [13] Nach der Aufteilung von 1571 ist die Liegenschaft nun wieder vereinigt.

Zusammenfassung

Das Haus Rheinsprung 10 gehört zu einer Häuserzeile die ab 1430 urkundlich erscheint. Alle Häuser wurden an der Stützmauer von St.Martin erbaut, die wohl nach dem Erdbeben 1356 entstand. Das Haus Nummer 10 wird im Mai 1438 erstmals erwähnt. Es wurde 2004/08 durch die Architekten Rolli + Boss renoviert. Nach einem Umbau 1571 traten Turmbläser als Bewohner auf. Einer davon war 1573 Hans Duttelbach, der später an den Martinskirchplatz 1 umzog.

Die Bezeichnung Turmbläser erscheint in Basel im 16. Jahrhundert. Sie sei auf den aufkommenden Brauch zurückzuführen, morgens und abends Choräle von den Türmen des Münsters und der Martinskirche von Blasmusikern spielen zu lassen. Zuvor sei bei diesen Musikern im Dienste Basels von Stadtpfeifern gesprochen worden. Sie tauchen erstmals 1375 auf, und hatten die Aufgabe sonntags auf dem Rathaus und an Sommerabenden auf der Rheinbrücke zu musizieren.

Später seien die Stadtpfeifer zur musikalischen Untermalung der Gottesdienste beigezogen worden. Ihren Lohn besserten sie auf durch private Auftritte. Zum Beispiel lieferten sie den musikalischen Rahmen zu den Doktorpromotionen der Universität. Davon berichtete Felix Platter für das 16. Jahrhundert. Es gibt auch die Vermutung, dass nicht die Stadtpfeifer sondern die im 14. Jahrhundert erstmals erwähnten Turmwächter die Turmbläserei in Basel begründeten.


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Beitrag erstellt 15.11.09 / Quellen nachgeordnet 02.09.10

Anmerkungen:

[1] S. Tramèr, "Beitrag 9. Stützmauer der Martinskirche, Rheinsprung 8 und 10 Basel", Abschnitt "Baugeschichtliche Untersuchungen im Jahr 2005", in Beiträge zur Bauforschung der Basler Denkmalpflege, publiziert im Jahresbericht 2005 der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt, Basel, 2007, Seite 229

[2] M. Möhle, Beitrag "Rheinspung 10", Abschnitt "Rheinsprung, rechte Seite", publiziert in Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 7 (Altstadt Grossbasel I), Bern, 2006, Seite 351 Spalte 2 so wie Anmerkung 544 Seite 567

[3] G.A. Wanner, "Am Fuss des Kirchgärtleins von St.Martin", publiziert in Häuser Menschen Schicksale, Band 1, Basel, 1985, Seite 73

[4] G.A. Wanner, "Am Fuss des Kirchgärtleins von St.Martin", publiziert in Häuser Menschen Schicksale, Band 1, Basel, 1985, Seite 73

[5] K. Nef, Beitrag "Die Stadtpfeiferei und die Instrumentalmusiker in Basel (1385-1814)", publiziert in Sammelbände der Internationalen Musikgesellschaft, Band 10, Leipzig, 1909, Seite 395

[6] R. Wackernagel, Kapitel 2 "Das Stadtregiment", 8. Buch, publiziert in Geschichte der Stadt Basel, Band 2/I, Basel, 1911, Seiten 235 und 236

[7] G.A. Wanner, "Am Fuss des Kirchgärtleins von St.Martin", publiziert in Häuser Menschen Schicksale, Band 1, Basel, 1985, Seite 73

[8] R. Wackernagel, Kapitel 2 "Das Stadtregiment", 8. Buch, publiziert in Geschichte der Stadt Basel, Band 2/I, Basel, 1911, Seite 236

[9] G.A. Wanner, "Am Fuss des Kirchgärtleins von St.Martin", publiziert in Häuser Menschen Schicksale, Band 1, Basel, 1985, Seite 73

[10] M. Möhle, Beitrag "Martinskirchplatz 1", Abschnitt "Auf Burg - zwischen Münsterplatz und Martinskirche", publiziert in Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 7 (Altstadt Grossbasel I), Bern, 2006, Seite 327 Spalte 1

[11] G.A. Wanner, "Am Fuss des Kirchgärtleins von St.Martin", publiziert in Häuser Menschen Schicksale, Band 1, Basel, 1985, Seite 73

[12] G.A. Wanner, "Am Fuss des Kirchgärtleins von St.Martin", publiziert in Häuser Menschen Schicksale, Band 1, Basel, 1985, Seite 73

[13] Projektblatt zur Sanierung der Liegenschaft Rheinsprung 10 auf der Website der Firma Rolli + Boss Architekten Basel, publiziert im Internet unter: http://www.rolliboss.ch/rheinsprung.html


Quellen:

Karl Nef, Beitrag "Die Stadtpfeiferei und die Instrumentalmusiker in Basel (1385-1814)", publiziert in Sammelbände der Internationalen Musikgesellschaft, Band 10, Breitkopf & Härtel, Leipzig, 1909, Seite 395

Martin Möhle, Beitrag "Martinskirchplatz 1", publiziert in Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 7, (Altstadt Grossbasel I), 2006, herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern, 2006, ISBN 3-906131-84-X, Seite 327 Spalte 1

Stephan Tramèr, "Beitrag 9. Stützmauer der Martinskirche, Rheinsprung 8 und 10 Basel", in Beiträge zur Bauforschung der Basler Denkmalpflege, publiziert im Jahresbericht 2005 der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt, herausgegeben von der der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt, Basel, 2007, ISBN 978-3-905098-45-7 / ISSN 1424-4535, Seite 229

Rudolf Wackernagel, Geschichte der Stadt Basel, Band 2/I, Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1911, Seiten 235 und 236

Gustav Adolf Wanner, "Am Fuss des Kirchgärtleins von St.Martin", publiziert in Häuser Menschen Schicksale, Band 1, (Erstpublikation in Tageszeitung Basler Nachrichten vom 13.Juli 1968) Buchverlag Basler Zeitung, Basel, 1985, ISBN 3 85815 126 2, Seite 73

Projektblatt zur Sanierung der Liegenschaft Rheinsprung 10 auf der Website der Firma Rolli + Boss Architekten Basel, publiziert im Internet unter: http://www.rolliboss.ch/rheinsprung.html

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