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Die neue Elisabethenkirche
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Elisabethenstrasse 14

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Erster Kirchenbau seit dem 15.Jh

Nichts an den neuen Bauwerk zu Ehren des Allmächtigen sollte kärglich oder kümmerlich wirken, alles sollte der Aufgabe eines Gotteshauses würdig sein. Dies waren Leitgedanken welche Christoph Merian dem Bau der neuen Elisabethenkirche voranstellte. Der reiche Bauherr, in Basel bekannt wegen seiner wohltätigen Werke, wusste um die Nöte seiner Kirchgemeinde. Die alte Kirche zu St.Elisabethen war zu klein geworden und wurde von vielen Kirchgängern als alt und schäbig betrachtet.

vom theaterplatz aus

Die Elisabethenkirche vom Areal des ehemaligen Steinenklosters aus gesehen. Seit 1975 drängt sich vorwitzig das neue Stadttheater an die Kirche heran und verdeckt die Sicht auf den Chor.
Das 19.Jh mit seinen Umwälzungen war ein heikles Terrain für die Kirche. Alte christliche Grundsätze die das Leben über Jahrhunderte beherrschten, verloren an Bedeutung. Der Staat war weltlicher denn je geworden. Dem trat Christoph Merian mit dem ersten Kirchenbau in der Stadt Basel seit Jahrunderten entgegen. Als Bollwerk wider den Zeitgeist wurde diese Kirche gedeutet. Bei der Einweihung erhob sie Ratsherr Adolf Christ, Präsident des Basler Kirchen- und Schulkollegiums, zum Zeugnis gegen die "masslosesten Angriffe auf das Heilige".

Im Frühjahr 1856 lud Merian einen exklusiven Zirkel von Freunden in den Ernauerhof, sein Anwesen am St.Albangraben. Diesem Kreis offenbarte er seine Absicht eine neue Kirche und ein Schulhaus zu St.Elisabethen auf eigene Kosten errichten zu lassen. Die Leitung des Projekts wollte Merian in den Händen des Architekten Christoph Riggenbach wissen, dessen fromme Gesinnung ihm wohl Garant für die getreue Umsetzung seiner Vision war. Riggenbachs richtete einen Wettbewerb aus, der einen geeignete Plan für die Kirche hervorbringen sollte.


Eine neue Kirche im Stil der Gotik

Die neue Elisabethenkirche sollte sich gegen alle Seiten freistehend erheben. Mindestens 1200 Sitzplätze sollte sie aufweisen. Dabei war auf die optimale Platzierung von Kanzel und Bestuhlung für die Predigt zu achten. Die Kirche sollte als gewölbter Raum gestaltet werden, wobei die Form des Grundrisses dem Architekten überlassen wurde. Allerdings bestand die Auflage dass beim Bau der Kirche auf mittelalterliche Elemente zurückgegriffen werden sollte. Der so beliebte Klassizismus jener Epoche war damit als Baustil von vornherein disqualifiziert.

Alle Architekten der Schweiz waren geladen Entwürfe zur neuen Elisabethenkirche einzureichen. Insgesamt gingen sechzehn Vorschläge ein, von denen sich fünf des neuromanischen Stils bedienten, während die übrigen bei der Gotik ihre Inspiration gefunden hatten. Die Jury wog schliesslich zwei gotische Entwürfe gegeneinander ab. Das Rennen machte nicht jener von Carl Jeuch aus Baden unter dem Projektnamen "Der Herr ist gross". Stattdessen entschied man sich für den Entwurf von Ferdinand Stadler aus Zürich, dessen Projekt den langatmigen Titel trug "Gib dem Höchsten. nachdem er dir bescheret hat, und was deine Hand vermag, das gib mit fröhlichen Augen!".


Ferdinand Stadlers Entwurf

Stadler war bereits ein bewährte Kirchenbauer und unterbreitete einen Entwurf der ein Langhaus mit drei Schiffen und einem Glockenturm über dem Hauptportal gegen die Elisabethenstrasse hin vorsah. Der Entwurf sah keinen Chor vor, was im Prinzip im Sinne einer modernen reformierten Kirche gewesen wäre. Allerdings wurde Stadler aufgetragen, die Kirche mit einem Chor zu versehen. Der unerwünschte Klassizismus liess sich aber nicht ganz aus dem Bauwerk raushalten. Wenn er auch nicht als Baustil erscheint, so taucht er doch als Gestaltungselement der Seitenfassaden des Langhauses auf.

relief portal

Relief über dem Portal an der Elisabethenstrasse mit Jesus und der Samariterin am Jakobsbrunnen. Wie die Kanzel stammt das Relief von Jacques-Ange Corbel aus Paris. Einst gab es drei Eingänge, die beiden anderen sind heute zu Fenstern umgebaut.
Das Langhaus war mit seitlichen Emporen versehen, welche traditioneller Teil reformierter Kirchenarchitektur waren. Allerdings mochten die Gralshüter der Neugotik sie nicht, da sie in den senkrechten Grundzug des Systems einen störenden waagrechten Aspekt brächten. Trotz der Unkenrufe hielt man an den Eporen fest. Der Elisabethenkirche ist anzusehen, dass der Dom zu Köln inspirierend durch Ferdinand Stadlers Pläne geisterte. Dennoch ist die Kirche in Basel kein Produkt der damals in Deutschland verbreiteten Fliessbandgotik geworden.

Mit der Genehmigung des Projekts unter Dank an den Stifter gab die Stadt im Frühjahr 1857 grünes Licht für den Bau. Sie hatte sich verpflichtet das Baugelände zur Verfügung zu stellen und vorzubereiten, sowie die alte Kirche abzureissen und ein neues Pfarrhaus bauen. Berauscht von den technischen Möglichkeiten der Zeit griff man zu Baumaterial, welches in früheren Zeiten in solchen Mengen kaum herangeschafft worden wären. Am Projekt hingen die Erwartungen, dass mit den Hilfsmitteln des 19.Jh das Grösste und Beste geschafft würde.


Merians und Riggenbachs Tod

Im Mai 1857 wurde mit dem Anlegen des Fundaments vom Chor her begonnen. 1858 begann man mit Granitblöcken den Sockelbereich zu erstellen. Am 22.August jenes Jahres erlag Christoph Merian seinem Leiden - zehn Monate bevor überhaupt die ersten Sandsteinquader zum eigentlichen Mauerwerk zusammengefügt werden konnten. Der Kirchenbau schritt aber weiter voran, und im Oktober 1861 konnte ein provisorischer hölzerner Dachstuhl montiert werden, der später durch einen eisernen ersetzt wurde. Im September 1862 schloss man die Gewölbe. Am 12.Juni 1863 stand man vor der Vollendung der Uhrkammer der Turms als Christoph Riggenbach starb.

Anstelle des verstorbenen Riggenbach übernahm Bauführer Carl Wartner die Leitung des Projekts, unter der Aufsicht des ehemaligen städtischen Bauinspektors Amadeus Merian. Während des folgenden Jahres gingen die Arbeiten so weit voran, dass am 5.Juni 1864 ein erster Gottesdienst in der Kirche abgehalten werden konnte. Noch fehlten der Turmhelm, die Uhr, das Kupferdach sowie die Chorfenster und die Gasbeleuchtung. Die Orgel der Firma J.Merklin-Schütze in Paris konnte erst am 8.Juni mit einem Orgelkonzert eingeweiht werden. Dabei musste man feststellen, dass die Akustik des Raums noch verbessert werden musste.

detail

Links Der Turm welcher sich direkt über dem Hauptportal erhebt und mit seinen über 70 Metern die Türme des Münsters überragt. Rechts Abschluss des Langhauses und Chor, den Ferdinand Stadler seinem ursprünglichen Entwurf hinzufügen musste.
Die vier Glocken kamen im Jahr darauf nach Basel, wo man sie zuerst dem Publikum vorstellte. Nebst einem frommen Spruch trugen sie das Wappen des Stifterehepaars. Sie erklangen in ihrem Glockenstuhl erstmals am 1.Juli 1865, und die übrigen Basler Kirchenglocken begrüssten sie mit gemeinsamem Läuten. Im selben Jahr wurden die drei Chorfenster eingesetzt, von denen das mittlere die Namen von Christoph Merian und Margartha Burckhardt trug. Nur auf den Glocken und dem Fenster traten die Stifter diskret in Erscheinung. Das Kupferdach wurde ebenfalls vollendet und am 20.Oktober krönte die Kreuzblume die Spitze des Turmes.


Grablege für das Stifterehepaar

Zwei Plätze wurden im neuen Gotteshaus dem Stifter und seiner Gattin reserviert. Auf der Südseite neben dem Chor im dortigen Treppenhaus wurde etwa auf Höhe der Epore eine Art Loge mit Blick auf die Kanzel eingerichtet. Das Volk nannte dieses Gemach "Merianstübli". Christoph Merian war es wegen seines vorzeitigen Ablebens nicht gegönnt, dort einen Gottesdienst zu verfolgen. Dafür kam er in den Genuss der unter dem Chor liegenden Gruft, die bis heute ihm und seiner 1886 verstorbenen Gemahlin als Ruhestätte dient. In diesem Raum stehen die beiden Sarkophage aus Marmor. Über ihnen wachen in zwei Nischen weisse Mamorbüsten der hier ruhenden Eheleute Merian-Burckhardt.

Am 26.März 1866 konnte die neue Elisabethenkirche der Kirchen- und Schulgutkommission übergeben werden. Nun sollte sich bald zeigen, wie unklug die Wahl des grauen Luzerner Sandsteins war, der sich als wenig robust erwies. Bald wurden Reparaturen notwendig. Schadhafte Partien mussten umständlich und kostspielig ausgetauscht werden. Die von Christoph Merian hinterlassenen 75'000 Franken, deren Zinsen zum Kirchenunterhalt hätten beitragen sollen, waren ein Tropfen auf den verwitterten Stein. Merians Witwe Margaretha bestritt die Kosten der ersten Reparaturen. Dennoch wurde 1894-1899 eine Generalrenovation nötig, die über 200'000 Franken kostete.


Geringgeschätzt und vom Abbruch bedroht

Die Zeit sprang nicht liebevoll mit dieser Stiftung um, welche Christoph Merian und Gemahlin die einst gewaltige Summe von 3 Millionen Franken kostete. Die unkluge Wahl des grauen Sandsteins machte ständige Reparaturen nötig, deren Kosten bald lästig wurden. Rund hundert Jahre nach ihrem Bau sprach man vom Abriss der Kirche, die man für künstlerisch wertlos hielt. Wenigstens sorgte dies für eine Diskussion die zur Erkenntnis führte, dass die Elisabethenkirche eines der bedeutsamsten neugotischen Bauwerke des Schweiz sei.

Die Gefahr eines Abbruchs war wohl gebannt, aber der Bau des neuen Stadttheaters forderte 1975 Opfer. Die Kirche büsste ihre pfalzartige Terrasse vor dem Chor ein. Sattdessen erhebt sich dort nun keck und fremd das Theatergebäude. Dieses forderte zugleich den Abriss der Kleinkinderschule, die als Teil von Merians Stiftung zusammen mit Kirche und Pfarrhaus eine Einheit bildete. Heute stehen am Ort des einstigen Schulhauses die Glaskachelpyramiden des Theaters.




Querverweise:

>> Die alte St.Elisabethenkirche



Literatur:

Dorothea Christ, Die St.Elisabethenkirche in Basel, 1964, Christoph Merian Stiftung

Othmar Birkner/Hanspeter Rebsamen, Inventar der neueren Schweizer Architektur 1850-1920: Basel, 1986, Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Seiten 43 und 145 bis 146

Dorothee Huber,Architekturführer Basel, 2.Auflage 1996, Herausgegeben vom Architekturmuseum in Basel, ISBN 3-905065-22-3, Seite 123 bis 126 und 226 bis 227

Rolf Brönnimann, Basler Bauten 1860-1910, 1973, Verlag Helbing & Lichtenhahn, ISBN 3-7190-0624-7, Seite 140 bis 141 und 172

Eugen A. Meier, Basel Einst und Jetzt, 3. Auflage 1995, Buchverlag Basler Zeitung, Seiten 122 bis 123

Rudolf Kaufmann, Basel das alte Stadtbild, 1936, Birkhäuser Verlag, Beitrag 41 mit Bild vom Bau des Turmes

Emil Major, Bauten und Bilder aus Basels Kulturgeschichte, 1986, Verlag Peter Heman Basel, ISBN 3-85722-010-5, Seite 181

E. Blum und Th. Nüesch, Basel Einst und Jetzt, Eine kulturhistorische Heimatkunde, 1913, Verlag Hermann Krüsi, Seite 32

Albert Burckhardt-Finsler, Basels bauliche Entwicklung im 19.Jh, Beitrag im Basler Jahrbuch 1903, Verlag R.Reich, Seiten 239 bis 240

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