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Gerhard von Wippingen
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Als Gerhard von Wippingen im Sommer 1309 den Bischofsstuhl von Basel besteigen wollte, sass da bereits jemand. Papst Clemens V. (gestorben 1314) hatte mit dem früheren englischen Gottesmann einen Kandidaten seiner Wahl zum Bischof von Basel erhoben. Das Konkordat von Worms von 1122 sprach dem Papst das Recht zu, selbst einen Bischof zu wählen. Clemens V. hatte bereits im Jahr 1306 mit Otto von Grandson (gestorben 1309) gegen den Willen des Basler Domkapitels einen wenig geeigneten Mann zum Bischof gemacht.

Zwei Bischöfe kämpfen um ein Bistum

Lange war es dem Domkapitel selbst überlassen einen Bischof zu wählen, und daher schätzte man die Einflussnahme des Papstes nicht. Als Otto von Grandson im Juli 1309 starb, handelte das Domkapitel rasch und setzte mit Domprobst Lütold III. von Rötteln (gestorben 1316) einen Mann auf den Bischofstuhl von Basel, der bereits über 86 Jahre alt war. Da Clemens V. sich damit vom Kapitel übergangen sah, bestätigte er die Wahl dieses Bischofs nicht, und schickte stattdessen den Bischof von Lausanne nach Basel.

Als Gerhard von Wippingen (gestorben 1325), seit 1301 Bischof von Lausanne, sein neues Amt als Bischof von Basel antreten wollte, musste er erkennen dass Lütold von Rötteln nicht ohne weiteres seinen Platz räumte. Das Resultat waren zwei Bischöfe zur gleichen Zeit. Gerhard musste sich seinen Basler Bischofsstuhl in mehrjährigem Streit erkämpfen. Geboren wurde er als Sohn des überaus vornehmen Ulrich von Wippingen aus dem heutigen Kanton Freiburg. Seine Mutter war Agnes von Grandson.

Zwei Brüder von Agnes waren am englischen Hof erzogen worden und standen im Dienste der Könige Edward I. (1239-1307) und Edward II. (1284-1327.) Wohl dank der Verbindung zu diesen Onkeln kam Gerhard selbst nach England wo er 1286 Kanoniker in York und drei Jahre später in Lichfield wurde. Von 1299 bis 1302 vertraute man ihm sogar diplomatische Missionen an. Einem seiner Onkel, Otto von Grandson (ca 1238-1328), hatte er gewiss auch 1301 seine Wahl zum Bischof von Lausanne zu verdanken. Dieser Onkel genoss offenbar Einfluss.

Als Papst Clemens V. Anno 1306 wie bereits erwähnt gegen den Willen des Basler Domkapitels einen Bischof ernannte, war dies ein anderer Neffe Ottos, nämlich der gleichnamige Bischof von Toul Otto von Grandson, der die deutsche Sprache in seinem neuen Bistum weder sprach noch verstand. Diesem sprachunkundigen Verwandten sollte Gerhard von Wippingen im Jahr 1307 auf den Basler Bischofsstuhl folgen. Um seinen Anspruch gegen Lütold III. von Rötteln geltend zu machen, brauchte er aber starke Bündnispartner.

Kampf um die Macht - Suche nach Verbündeten

Im Domherrn Hartmann von Nidau fand Gerhard schliesslich einen Verbündeten der ihm half das Blatt zu wenden. Ferner gewann er die Unterstützung von Berthold von Wessenberg, Peter von Freiburg, Johannes Diessen, Ludwig von Strassberg und Ludwig von Thierstein. Diese fünf waren ebenfalls Basler Domherren die Lütold III. von Rötteln den Rücken gekehrt hatten, der jedoch nach wie vor Sympathie in weiten Kreisen von Volk und Geistlichkeit genoss. Dann wechselte aber schliesslich eine Schlüsselfigur die Seiten.

Ritter Johann von Bärenfels war seines Zeichens Pfleger des Bistums. Als er von der Seite Lütolds von Rötteln an jene von Gerhard von Wippingen übertrat, war ein grosser Schritt getan. Gerhard brachte den westlichen Teil des Bistums Basel unter seine Kontrolle - er wusste die Städte Biel und Pruntrut (Porrentruy/JU) unter seinen Anhängern. Vielleicht hatte die Tatsache dass er später selten in Basel residierte ihre Wurzeln in jenen Tagen, als Lütold dort und er im Jura regierte.

Gerhard suchte die Nähe erlauchter Kreise. Im Mai 1310 erschien er im Umfeld des deutschen Königs Heinrich VII. von Luxemburg (ca 1278-1313) in Zürich. Als Heinrich im weiteren Laufe der Jahres nach Italien zog, wurde er am 29. September feierlich in Bern empfangen, wo er für einige Tage verweilte. Gerhard hatte sich noch am Tag zuvor in Pruntrut aufgehalten, um nun eilends Heinrich aufzusuchen. Dieser zog weiter via Lausanne Richtung Italien, in seinem Gefolge reiste Gerhard von Wippingen.

delemont

Die Rue du 23. Juin im historischen Kern von Delsberg. Bischof Gerhard von Wippingen weilte während seiner Amtszeit sehr oft in Delsberg und er starb wohl auch hier 1325. Unter ihm begann die Sitte, dass die Bischöfe vielfach nicht in Basel sondern in ihren Jurastädten residierten.

Nachdem Heinrich im Januar 1311 zum König der Lombardei gekrönt worden war, setzte er seinen Weg nach Rom gegen immer stärkeren Widerstand fort. Papst Clemens V. hatte 1309 die Wahl Heinrichs zum König gebilligt, ihm aber die erhoffte Krönung zum Kaiser erst für 1312 in Aussicht gestellt. Dieser Krone kämpfte sich Heinrich VII. jetzt in Italien entgegen. Für die Krönung in Rom waren aber noch diverse Punkte mit Papst Clemens in Avignon zu klären. Heinrich brauchte dafür einen loyalen Gesandten.

In Gerhard von Wippingen schien König Heinrich einen Mann gefunden zu haben, den er mit seinen Anliegen nach Avignon schicken konnte. Gerhard bat den Papst im Namen seines Königs um die Ernennung ausgesuchter Kärdinäle, welche mit der Krönung zu Rom beauftragt werden sollten. Offenbar hätte Gerhard dem Papst noch ein paar seiner eigenen Anliegen nahegebracht. Kaum war er im Juni des Jahres 1311 in Avignon angekommen, exkommunizierte Clemens V. seinen Gegner Lütold von Rötteln.

Lütold hatte zusehends an Boden verloren, und zur Jahresmitte 1311 war er am Ende, wozu die Exkommunikation von ihm und seiner politischen Entourage durch den Papst das ihre beigetragen haben dürfte. Lütold trat von seinem Amt zurück und starb fünf Jahre später. Trotz der Resignation seines Gegners dauerte es ein halbes Jahr bevor Gerhard Anfangs des Jahres 1312 sein Bistum gänzlich übernehmen konnte. Er fühlte sich jedoch unwohl in Basel, und residierte meist in Delsberg (Delemont/JU).

Alleiniger Bischof und Herrscher

Unter der Herrschaft von Bischof Gerhard von Wippingen büsste das Basler Domkapitel beinahe jeden Einfluss auf die Politik ein. Derweil wurde am 29.Juli 1312 in Rom König Heinrich, dessen Nähe Gerhard während seines Kampfes um den Bischofsstuhl so sehr gesucht hatte, zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt. Nach etwas mehr als einem Jahr der Regentschaft starb Heinrich im August des Jahres 1313. Die Malaria soll ihn in Italien ins Grab gebracht haben; man munkelte aber auch von Giftmord.

Über die Nachfolge Heinrichs gerieten mit Friedrich dem Schönen (1289-1330) und Ludwig dem Bayer (ca 1281-1347) zwei Cousins in Streit. Während Friedrich im Oktober 1314 in Sachsenhausen zum König gewählt wurde, geschah dasselbe mit Ludwig auf der anderen Seite des Mains. Eilig liess sich letzterer in Aachen vom Mainzer Erzbischof Peter von Aspelt (ca 1245-1320), bis 1306 Bischof von Basel, die Krone aufsetzen. Friedrich wurde derweil vom Erzbischof von Köln in Bonn gekrönt. Das Reich hatte nun zwei Könige die um die Macht kämpften.

Das Bistum Basel von Gerhard von Wippingen gehörte dem Lager der Anhänger von Friedrich dem Schönen an. In dieser Zeit war der Graf von Neuenburg einer der erbittertsten Feinde Gerhards. Ein Brennpunkt der Auseinandersetzung lag am Bielersee, wo die Dörfer La Neuville des Bischofs und Le Landeron des Grafen nebeneinander lagen. Solche interne Kriege schwächten das Lager von Friedrich dem Schönen, so dass Herzog Leopold von Österreich (1290-1326) vermittelte, und zeitweilig sogar eine Einigung erreichte.

Die Kassen des Bistums leeren sich

Leopold war der Bruder von Friedrich dem Schönen. Die beiden kamen auf Pfingsten 1315 nach Basel um hier Doppelhochzeit zu feiern. Bei überaus kostspieligen Veranstaltungen wie Turnieren und Banketten sonnte sich die Stadt in königlichem Glanz. Bischof Gerhard von Wippingen war verpflichtet sich als guter Hausherr und Gastgeber zu zeigen - die Feierlichkeiten kosteten ihn viel Geld. Leopold zog übrigens bald gegen die Eidgenossen ins Feld und wurde im November 1315 bei Morgarten geschlagen.

Am Bielersee sollte kein dauerhafter Friede herrschen. Gerhard von Wippingen liess sich mit Verbündeten auf einen weiteren Krieg gegen den Grafen von Neuenburg ein. Der endete mit einer Niederlage und zudem drohte im Juni 1317 Papst Johannes XXII. (gestorben 1334) damit, Gerhard Bistum und Bischofsstab wegzunehmen, wenn die Kämpfe nicht aufhörten. Der Krieg gegen den Grafen war verloren, und er hatte die Kassen des Bistums ein Vermögen gekostet. Das Geld fehlte dem Bischof allethalben.

epitaph

Gedenktafel die im 15.Jh im Basler Münster zur Erinnerung an Bischof Gerhard von Wippingen angebracht wurde. Das Wappen zeigt in seinen vier Feldern zum einen den damals roten Stab des Bistums Basel, zum anderen das Familienwappen von Gerhard von Wippingen.

Im langen Krieg um die königliche Macht im Reich fiel im September 1322 mit der Schlacht bei Mühldorf die Entscheidung. Ludwig der Bayer errang den Sieg und bemächtigte sich Friedrichs des Schönen, der als Gefangener auf die Burg Trausnitz in der Oberpfalz wanderte. Derweil hatte der Bruder von Friedrich, Leopold von Österreich in seinem rebellischen Herrschaftsgebiet Elsass zu tun. Um Truppen für einen Kriegszug ins Elsass zu sammeln, hielt er sich 1323 für eine Weile in Basel auf.

Erneut belasteten teure Festlichkeiten eines hohen Gastes den Geldbeutel des Bischofs. Es fällt auf, dass Gerhard in jenem Jahr die Stadt Liestal an Ritter Ulrich von Ramstein verkaufte. Zunehmend wurden Bistumslehen getauscht, verkauft oder verpfändet und die leeren Kassen wieder zu füllen. Diese Praxis drohte die Macht des Bischofsstuhls zu untergraben. Zusätzlich machte in dieser Zeit Bischof Gerhard von Wippingen sein Lehen von Pfirt in den Händen von Herzog Albrecht II. (1298-1358) Sorgen.

Das Problem ging auf eine Gefälligkeit zurück. Gerhard von Wippingen war beim Kampf um den Bischofsstuhl von Graf Ulrich III. (gestorben 1324) unterstützt worden. Dieser hatte das bischöfliche Lehen Pfirt von seinem Vater geerbt, aber es gab keinen Sohn dem er das Lehen hätte weitergeben können. Gerhard zeigte sich erkenntlich für die Loyalität Ulrichs und verleiht dessen Töchter Johanna und Ursula im Mai 1318 das Nachfolgerecht für das Lehen, welches ansonsten männlichen Erben vorbehalten war.

Papst Johannes XXII. gab diesem Privileg seine Segen, fügte aber eine spezielle Bedingung hinzu - Der Erzbischof von Besançon sollte darüber wachen, dass die Töchter des Grafen Ulrich III. von Pfirt sich ihre Ehegatten im Bereich des Bistums Basel oder in der nahen Nachbarschaft suchten. So sollte gesichert werden, dass die Grafschaft Pfirt auch unter den Händen der Schwiegersöhne Ulrichs jederzeit rasch bereit sei dem Bischof von Basel als Lehensherrn zu Hilfe zu eilen, wenn es notwendig wäre.

Wichtiges Lehen in falschen Händen

Graf Ulrich von Pfirt starb im März 1324, und wenig später heiratete seine ältere Tochter Johanna Herzog Albrecht II. aus dem Hause Österreich. Bischof Gerhard von Wippingen sah mit Missvergnügen, dass sein bedeutsames Lehen Pfirt in die Hände dieses Habsburgers überging. Albrecht suchte am 26. März den Erzbischof von Besançon, Vitalis II. de Vienne in Masmünster auf, wo es ihm gelang diesem glaubhaft zu machen dass er einen Wohnsitz im Bistum Basel und Besitzungen in dessen näheren Umfeld habe.

Der Erzbischof sah die päpstlichen Bedingungen von 1320 erfüllt, und bestätigte den Töchtern die Belehung auch unter den neuen Umständen. Gerhard wandte sich nunmehr in dieser Sache an den Papst in Avignon, um die Zustimmung des Erzbischofs von Besançon rückgängig machen zu lassen. Papst Johannes XXII. rüttelte aber nicht an den Anprüchen des Habsburgers und wies den Einspruch zurück. In Zukunft waren die Grafen von Pfirt Österreicher und der Bischof von Basel sollte ihr Lehensherr sein.

Die abschliessende Übergabe des Lehens verzögerte sich aber über den Tod Gerhards von Wippingen hinaus. Erst Nachfolger Johann von Châlons (ca 1300-1339) brachte die Sache zu Ende. Im März 1325 starb Gerhard möglicherweise dort wo er auch während seiner Amtszeit als Bischof von Basel oft weilte, in seinem Schloss in Delsberg. Beigesetzt wurde er im Basler Münster in der Kapelle Bischof Heinrichs von Neuenburg (gestorben 1274). Auf Gerhard von Wippingen folgte ein nie zuvor gesehenes Chaos im Bistum.




Beitrag erstellt 17.04.05 / überarbeitet 15.12.11

Quellen:

Gloria Avella-Widhalm / Liselotte Lutz / Roswitha Mattejiet / Ulrich Mattejiet / Bruno Mariacher, Beitrag "Friedrich der Schöne", in Lexikon des Mittelalters Band 4 "Erzkanzler bis Hiddensee", Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 2003, ISBN 3-423-59057-2, Spalte 939, publiziert im Internet unter: http://www.mittelalter-genealogie.de

Gloria Avella-Widhalm / Liselotte Lutz / Roswitha Mattejiet / Ulrich Mattejiet / Bruno Mariacher, Beitrag "Heinrich II.", in Lexikon des Mittelalters Band 4 "Erzkanzler bis Hiddensee", Deutscher Taschenbuch Verlag, München, 2003, ISBN 3-423-59057-2, Spalte 2037, publiziert im Internet unter: http://www.mittelalter-genealogie.de

Karl Bosl, Beitrag "Heinrich IV., bayer. Herzog, später König und Kaiser Heinrich II.", in Bosls bayerische Biographie, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, 1983, ISBN 3-7917-1162-8, Seite 322, publiziert im Internet unter: http://www.mittelalter-genealogie.de

Benedikt Bury, Geschichte des Bistums Basel und seiner Bischöfe, Buch- und Kunstdruckerei Union AG, Solothurn, 1927, Seiten 97 bis 107

Aryeh Grabois, Enzyklopädie des Mittelalters, Atlantis Verlag, Zürich, o.J., ISBN 3-7611-0726-9, Seiten 141 und 383

Marco Innocenti, Beitrag "Gerhard von Wippingen", in Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Band 17, Verlag Traugott Bautz, Herzberg, 2000, ISBN 3-88309-080-8, Spalten 450 bis 455, publiziert im Internet auf http://www.bautz.de/bbkl/

Emil Major, Bauten und Bilder aus Basels Kulturgeschichte, Verlag Peter Heman, Basel, 1986, ISBN 3-85722-010-5, Seiten 48

René Teuteberg, Basler Geschichte, Christoph Merian Verlag, Basel, 2. Auflage 1988, ISBN 3 856 16 034 5, Seite 112

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