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Waldo, Bischof von Basel und Pavia
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Waldo rückte nicht als Bischof von Basel ins Licht der Geschichte. Es war sein Wirken in den Klöstern St.Gallen und Reichenau das seinen Ruf begründete; und die Tatsache dass er sich um Umfeld von Karl dem Grossen (ca 747-814) bewegte. Geboren wurde Waldo um 740 als Spross eines hohen ostfränkischen Geschlechts, welches den Karolingern nahestand. Als Benediktinermönch tritt er erstmals im August 770 im Kloster St.Gallen in Erscheinung.

Schreiber im Kloster St.Gallen

Der Historiker und St.Galler Stiftsbibliothekar Johannes Duft (1915-2003) zählte für die Jahre zwischen 770 und 779 siebzehn Urkunden, die Waldo als Diakon und Urkundenschreiber verfasst oder unterzeichnet hat. Im Gegensatz zu vielen anderen Klöstern, wo kalte Kammern und schlechtes Licht üblich waren, bot St.Gallen mit Fenstern und Wärmestuben relativ gute Bedingungen für die Schreiber. Konzentriertes Lesen und Schreiben war harte Arbeit.

Von der Arbeit der Schreiber ist die Klage überliefert; "tres enim digiti scribunt, totum corpus laborat - zwar schreiben nur drei Finger, doch der ganze Körper ist mitangestrengt." Der frühste bekannte Schreiber in St.Gallen war der Mönch Winithar. Eventuell war er ein Zeitgenosse Waldos, denn Winithars Schaffen ist ab 761 belegt.
[1] Waldo hegte eine grosse Wertschätzung für das geschriebene Wort und ist als vorzüglicher Schreiber überliefert. [2]

Laut Duft hat Waldo auch die gesammelten Urkunden des Benediktinerklosters mit Dorsualnotizen versehen lassen. Erst dadurch sei es überhaupt möglich geworden, sie geordnet zu archivieren. Ferner verdankt die Bibliothek des Klosters Waldo die Einführung eines effektiveren Ordnungssystems, welches ihren Ruhm begründen sollte und mithalf die Abtei während mehrerer Jahrhunderte zu einem der bedeutsamsten kulturellen Zentren Euopas zu machen.

Problematische Wahl zum Abt St.Gallens

Zwölf Jahre nach seinem ersten Auftreten brachte der Aufstieg im Kloster Waldo in eine heikle Situation. Traditionell war der Bischof von Konstanz zugleich Abt der Klöster St.Gallen und Reichenau. Diese Ämter vereinte bis zu seinem Tod 782 Bischof Johannes von Konstanz. Nach seinem Tod wählte die Abtei Reichenau einen eigenen Abt und löste sich aus dem gewohnten Gefüge. Die Vereinigung der Ämter endete mit dem Tod von Johannes.

Die Diözese Konstanz unterstand nach Johannes' Ableben seinem Nachfolger Bischof Egino. Nun hatten die Mönche von St.Gallen ebenfalls selbständig einen Abt gewählt, und dieser Mann war Waldo. Er hatte das Amt inne, welches in der Vergangenheit dem Bischof von Konstanz zugestanden hatte. Als "rector" übte der Bischof zwar weiterhin Einfluss im Kloster aus, aber Egino war nicht gewillt die freie Wahl Waldos als Abt von St.Gallen hinzunehmen.

Er sah das Kloster St.Gallen noch immer im traditionellen Masse dem Bischof untertan, womit die freie Wahl Waldos diese bischöflichen Ansprüche verletzte. Die Situation mündeten in den Exemtionsstreit, in dem sich der neue Abt und der neue Bischof in der Frage der Selbständigkeit des Klosters gegenüberstanden.
[3] Waldo erscheint das erste und einzige Mal als Abt in einer Urkunde vom November 782. Sein neues Amt brachte ihm kein Glück.

Der Mönch Ratpert schrieb rund hundert Jahre später im Kloster St.Gallen über die Geschenisse um die Wahl Waldos und den Zwist mit dem Bischof. Der subjektiv gefärbte Bericht unterstellt Egino, dass er am Hofe von Karl dem Grossen gegen die autonom gewählten Äbte intrigiert habe. Waldo widersetzte sich in Frage der Unabhängigkeit des Klosters Bischof Egino. Nach Schilderung Ratpergs sei daher 784 Karl der Grosse angerufen worden.

Einfacher Mönch in der Abtei Reichenau

Das Reichsoberhaupt sollte als Schiedsrichter in der heiklen Frage befinden; und die Entscheidung Karls fiel zu Ungunsten Waldos aus. Es ist unsicher ob auf Druck oder aus freiem Willen; jedenfalls legte Waldo das Amt des Abtes nieder. Als einfacher Mönch siedelte er nach seinem Scheitern in St.Gallen noch im Jahr 784 in das Kloster Reichenau auf einer Insel im Bodensee über. Resignation und Übersiedlung seien mit Billigung Karls geschehen.

Die Abtei Reichenau wurde seit 784 von bejahrten Abt Petrus geleitet. Auch er kam nach dem Tod von Bischof Johannes von Konstanz durch eine Wahl zu seinem Amt. Er hatte aber offenbar nicht im gleichen Masse die Feindschaft des neuen Bischofs Egino auf sich gezogen wie dies bei Waldo geschehen war. Waldos Rückzug aus dem Kloster St.Gallen und die Übersiedlung nach Reichenau, waren das Beste was dieser Abtei widerfahren konnte.

Sein Wirken im Kloster St.Gallen fand in Reichenau eine Fortsetzung. Zum einen habe er sich um die Klosterbibliothek verdient gemacht, zum anderen hätte er massgeblichen Anteil am Aufbau einer Klosterschule gehabt. Es ist nicht auszuschliessen, dass Karl der Grosse mit Waldo in Reichenau eigene Pläne hatte. Nachdem Waldo als Abt St.Gallens sich vom König beim Exemtionsstreit verlassen sah, wurde Reichenau zum Ausgangspunkt des Aufstiegs.

Abt von Reichenau

Im Jahr 786 wurde Waldo, als Gedemütigter aus St.Gallen geflohen und als einfacher Mönch an den Bodensee gekommen, zum Abt des Klosters Reichenau gewählt. Seine spätere Laufbahn lässt vermuten dass Karl dem Grossen die Entwicklung gelegen kam, wenn er nicht gar Anteil daran hatte. Eine Verbindung zur Abtei bestand jedenfalls über den Schwager Karls, des fränkischen Grafen Gerold I. aus dem einflussreichen Geschlecht der Geroldinger.

Gerold war ein herausragender militärischen Führer der Feldzüge Karls, und erwarb sich gar die Betitelung als "signifer" (Träger des Feldzeichens) Karls. Das Kloster Reichenau kam in den Genuss umfangreicher Schenkungen aus Händen Gerolds. Nach seinem Tod im September 799 fand er in der Abtei seine letzte Ruhestätte.
[4] Als Bruder von Karls Gattin Hildegrad, könnte er eventuell das Augenmerk des Königs auf Reichenau gelenkt haben.

Nach dem Tod des betagten Abts Petrus übernahm jedenfalls Waldo als Nachfolger dessen Amt in der Abtei Reichenau. Dies markiert den Beginn einer fruchtbaren Epoche für das Kloster, die der Freiburger Historiker Wolfgang Müller (1905-1983) als das "goldene Zeitalter der Abtei" bezeichnete. Um 796 wählte der allemannische Bischof Egino von Verona (ca 730-802) Reichenau als Alterssitz. Er bekam von Waldo die Erlaubnis eine Zelle zu bauen.

Eigentlich handelte es sich vielmehr um einen Zellenkomplex und eine Kirche, die Egino (nicht zu verwechseln mit Bischof Egino von Konstanz) auf einer der Reichenau vorgelagerten Insel durch Bauleute aus Oberitalien errichten liess.
[5] Die Zelle wurde zur heutigen Kirchenanlage Peter und Paul in Niederzell. Die Tatsache dass sich ein Bischof auf seine alten Tage von Italien nach Reichenau zurückzieht und neue Bauten errichtet spricht für sich.

Die Widukind-Frage

Eine im 20. Jahrhundert entstandene Theorie wirft ein neues Licht auf die Klosterinsel unter Abt Waldo. Der sächsische Herzog Widukind (ca 755 - ca 807/825) unterwarf sich nach langem und hartem Widerstand im Jahr 785 Karl dem Grossen. Der fränkische König sicherte Widukind für seine Kapitulation sein Leben zu. Als sichtbares Zeichen der Unterwerfung liess sich der Sachsenherzog in Attigny taufen. Danach schweigen die Quellen zu ihm.

Der weitere Lebenslauf des zum Christentum übergetretenen Rebellen liegt bis heute im Dunkeln. Lediglich Legenden und einige Theorien versuchen sich dem weiteren Weg Widukinds anzunähern. Neben der unbewiesenen Überlieferung dass er in der Stiftskirche zu Enger beigesetzt wurde, entwickelte sich die Theorie dass er in Klosterhaft auf der Reichenau lebte und erst 825 als alter Mönch starb. Diese Betrachungsweise ist nicht allgemein anerkannt.

Sie basiert auf der Erkenntnis dass es im Kloster Reichenau einen Mönch namens Widukind gab. Die Theorie reiht sich unter alle anderen zu Widukind, und hat mit ihnen gemein dass sie nicht mit völliger Sicherheit bewiesen werden kann. Nach der Unterwerfung stellten die Sachsen den Franken Geiseln, unter denen sich ein Hernaldus befand, der in Mainz von Karl dem Grossen an Waldo übergeben wurde. Davon berichtet ein sächsisches Geiselverzeichnis.
[6]

Damit ist immerhin ein Berührungspunkt in der sächsischen Angelegenheit mit Waldo belegt. Die Klosterhaft für Rebellen und politische Gegner war unter den Karolingern gängige Praxis. Dabei wurde ein Verurteilter mit geschorenem Haar ins Kloster gesteckt; abgeschnitten von Macht und Einfluss. Es ist nicht ganz auszuschliessen dass Widukind unter Waldos Aufsicht in Reichenau festgehalten wurde. Definitive Beweise dafür sind aber noch ausstehend.

Bischof von Pavia

Es entsprach der Politik von Karl dem Grossen, die Vernetzung des fränkischen Reiches mit seinen italienischen Teilen auch über die Kirche zu verstärken. Auf Bitten von Papst Hadrian I. war Karl in Norditalien gegen den Langobardenkönig Desiderius in den Krieg gezogen. Die Hauptstadt Pavia fiel in diesem Feldzug erst nach langer Belagerung im Juni 774, womit auch Desiderius sich ergab. Er ging in Klosterhaft und Karl bestieg den Langobardenthron.

Die Langobardenkrone gab Karl an seinen Sohn Pippin weiter. Als Zweitgeborener trug dieser ursprünglich den Namen Karlmann. Der Vierjährige wurde aber im April 781 von Papst Hadrian auf den neuen Namen Pippin getauft und gekrönt.
[7] Damit wurde Karls erster Sohn (aus früherer Ehe) von der fränkischen Thronfolge ausgeschlossen. Er hiess ebenfalls Pippin; sein Beiname "der Bucklige" lässt einen möglichen Grund für die Ausschliessung ahnen.

Mit seiner Volljährigkeit, nach mittelalterlichen Masstäben, wurde Pippin nach Pavia geschickt um offiziell die Macht zu übernehmen. Um dem 14jährigen König beratend und erziehend zur Seite zu stehen sei der Abt von Reichenau von Karl dem Grossen ausgesucht worden. Die neue Aufgabe brachte Waldo auch die Bischofswürde von Pavia. Karl wandte sich bezüglich der bischöflichen Weihe von Waldo eigens in einem Brief um 791/92 an Papst Hadrian.
[8]

Die Einsetzung Waldos zum Bischof von Pavia diente gleich zweierlei. Sie kam Karls Absichten, in Italien den fränkischen Einfluss über ausgesuchte Bischöfe zu vertiefen entgegen, und er hatte vor Ort einen Mann seines Vertrauens, der über seinen Sohn Pippin auf dem Königsthron der Langobarden wachte. Rund ein Jahrzehnt stand Waldo dem Bistum Pavia vor, und war zugleich weiterhin Abt von Reichenau. Solche Doppelämter waren unter Karl nicht selten.

Bischof von Basel

Das Amt des Bischofs von Pavia hatte Waldo bis 801/802 inne. Unter seiner Obhut unterstützte Pippin seinen Vater Karl massgebend bei der endgültigen Niederwerfung der Avaren 796. Mit dem Ende seiner Amtszeit als Bischof von Pavia sei Waldo auch vom Amt des Bischofs von Basel zurückgetreten. Doch ob dem genau so war ist unsicher. Ebenso ist nicht genau bekannt, wann Waldo das zusätzliche Amt an der Spitze der Diözese Basel übertragen bekommen hat.

Ausgehen kann man davon, dass Waldo zeitweise zugleich Abt von Reichenau sowie Bischof von Pavia und Basel war. Benedikt Bury schreibt 1927 in seiner Geschichte des Bistums Basel, dass Waldo den Bischofsstuhl 786 bestiegen habe.
[9] Das Werk ist in einigen historischen Details nicht über alle Zweifel erhaben. Martin Steinmann hält 2000 fest, dass mit Waldos Einsetzung zum Bischof von Pavia 791/92 auch das Bistum Basel als das seinige erwähnt würde. [10]

Dies liesse folglich die Annahme einer Einsetzung zum Bischof vor 791 zu, und schlösse Burys Theorie nicht aus. Der bereits erwähnte Johannes Duft nennt in seinem 1986 publizierten Abriss zur Geschichte der Abtei St.Gallen die Zeit um das Jahr 800 für die Übernahme des Bistums Basel durch Waldo. Eine Orientierung anhand eines Vorgänger ist auch nicht möglich - der letzte bekannte Bischof Basels vor Waldo war der um 762 verstorbene Baldobert.

Gleichgültig ob Waldo nun als Bischof von Basel eingesetzt wurde als er noch einzig Abt von Reichenau war, oder ob dies erst geschah nachdem er an die Spitze der Diözese Pavia gestellt wurde. Tatsache ist dass er in Basel keine bekannten Spuren hinterlassen hat. Allgemein wird er ausser in seinem Bischofstitel in alten Quellen kaum mit Basel in Verbindung gebracht. Es drängt sich der Eindruck auf, als sei dieses Bischofsamt wenig bedeutsam gewesen.

Hausbischof Karls des Grossen in Saint-Denis

Waldos Amtszeit als Bischof von Basel erscheint fast als beiläufiges Intermezzo zwischen seinen ersten Jahren in Reichenau und dem Zenith seiner Laufbahn in St.Denis. Dorthin berief ihn Karl der Grosse im Jahr 806 um ihn zum Reichsabt und Hausbischof der Benediktinerabtei zu erheben.
[11] In der Zeit seit der Einsetzung zum Bischof von Pavia war viel geschehen. Während Waldo über Pippin wachte, war im Dezember 795 Papst Hadrian I. gestorben.

Innerhalb eines Tages folgte ihm Leo III. ins Amt. Doch der neue Papst sah sich Anfeindungen des römischen Adels ausgesetzt. Im April 799 wurde er abgesetzt und floh aus Rom. Nur mit der Hilfe von Karl dem Grossen konnte er auf den Heiligen Stuhl zurückkehren. Zu Weihnachten 800 krönte Papst Leo III. den fränkischen König, dem er alles verdankte, zum erhabenen Kaiser des Reiches. Damit ordnete er sich und sein Amt Karl dem Grossen unter.
[12]

Karl sah sich seinerseits in der Nachfolge des römischen Kaisertums stehend. Seine Residenz war Aachen; zum Leidwesen der Abtei Saint-Denis. Unter den Merowingern genoss das Kloster hohes Ansehen und wurde zur Grablege fränkischer Könige. Diese Tradition übernahmen die Karolinger. Auch unter Karl dem Grossen wurde die Abtei bei Paris mit Landgütern bedacht; doch sie stand nicht mehr im Zentrum der Macht, da der Kaiser in Aachen sass.

Entgegen der Tradition wurde Karl der Grosse nicht wie seine Vorgänger in Saint-Denis sondern in Aachen bestattet. Ein Indiz dafür dass die Abtei damals in ihrer Bedeutung gesunken war. Mit seinem neuen Amt in Saint-Denis trat Waldo nach zwanzig Jahren als Abt des Klosters Reichenau zurück. Darüber ob er zugleich auch als Bischof von Basel zurückgetreten sei, sind die Meinungen wiederum geteilt. Benedikt Bury und Johannes Duft gehen davon aus.

Ekkart Sauser glaubt indes, dass Waldo das Bistum Basel lediglich bis 802 geleitet habe.
[13] Zu Waldos Zeit in Saint-Denis ist kaum etwas überliefert. Er verstarb im Amt in den letzten Märztagen des Jahres 814, zwei Monate nachdem Karl der Grosse in Aachen am 28. Januar seinen letzten Atemzug getan hatte. Eine Reichenauer Überlieferung erzählt, dass Waldo in einer Seitenkapelle der Klosterkirche von Saint-Denis bestattet worden sei.

Epilog in der Abtei Reichenau

Das Andenken Waldos wurde hauptsächlich in Reichenau gepflegt, wo er zwanzig Jahre Abt war. Über ein Jahrhundert nach seinem Tod wurde im Bodenseekloster eine legendenhafte Erzählung niedergeschrieben, die erzählte wie Waldo sich bei Kaiser Karl um die Ehre verdient gemacht habe, Abt von Saint-Denis zu werden. Die Erzählung berichtet, dass Azan, seines Zeichens Präfekt von Jerusalem, sehnlichst wünschte Karl den Grossen persönlich kennenzulernen.

Bei einem Treffen in Rom wollte er daher Karl wertvolle Reliquien übergeben. Zusammen mit Waldo und anderen Vertrauten begab sich Karl nach Rom, um zu erfahren dass Azan bei der Anreise erkrankt sei und nun auf Korsika weile. Weder Karl noch jemand aus seinem Gefolge hatte den Mut zu einer Seereise. Nur Waldo erklärte am Ende bereit das über das Mittelmeer nach Korsika zu fahren, begleitet von Hunfrid, dem Herzog von istrien.

Schliesslich hätten sie auf Korsika von Azan etwas vom Blute Christi, ein Splitter von seinem Kreuz und einige andere Reliquen entgegengenommen und sie zu Karl gebracht. Waldo sei daraufhin für seinen Mut von Karl zum Abt von St.Denis erhoben worden. So schön die Geschichte klingt, so wenig wahr ist sie. Die Episode stammt aus der translatio sanguinis domini, in welcher beschrieben wird wie die Heiligblutreliquie in das Kloster Reichenau gelangte.

Die Historikerin Dorothea Walz führte 2001 aus, dass die Passage um Azan Erzählungen aus den sogenannten Reichsannalen kombinierte. Ereignisse von 799 um den Patriarchen von Jerusalem und Hassan, dem Präfekten Huescas in Spanien, wurden zu einer Geschichte vermischt.
[14] Das Beispiel belegt die Verehrung Waldos im Kloster Reichenau, und das Bedürfnis ihn als besonders herausragenden und mutigen Gefolgsmann von Karl dem Grossen zu verewigen.

Zusammenfassung

Der Benediktiner Waldo erscheint erstmals fassbar im Jahr 770 im Kloster St.Gallen. Dort wirkte er als Schreiber bis zu seiner Wahl zum Abt 784, und hatte wesentlichen Anteil an Neuerungen in Bibliothek und Archivwesen. Waldos Wahl zum Abt und seine Auffassung von seinem Amt brachten ihn in Konflikt mit Bischof Egino von Konstanz, der die Selbständigkeit des Klosters als Verletzung seiner Rechte betrachtete. In der Sache wurde Karl der Grosse angerufen.

Als Reichsoberhaupt entschied Karl zugunsten des Bischofs. Der unterlegene Waldo legte sein Amt nieder und zog sich als einfacher Mönch in das Kloster Reichenau am Bodensee zurück. Auch dort machte er sich verdient um die Bibliothek und hatte Anteil an der Einrichtung einer Klosterschule. 786 wurde er schliesslich zum Nachfolger des verstorbenen Abts Pertrus gewählt. Reichenau und Waldo gewannen offenbar die Aufmerksamkeit Karls des Grossen.

Graf Gerold I. war ein Schwager Karls und machte Reichenau wertvolle Schenkungen. Ob Das Kloster auch als Haftort für den unterworfenen sächsischen Herzog Widukind diente ist unsicher aber möglich. 781 machte Karl seinen zweitgeborenen Sohn Pippin mit vier Jahren zum König der 774 unterworfenen Langobarden. Den Thron im norditalienischen Pavia nahm Pippin indes erst 791/92 ein. Eine wichtige Rolle kam Abt Waldo von der Reichenau zu.

Karl der Grosse setzte Waldo als Bischof von Pavia ein, damit er König Pippin I. als Erzieher und Berater zur Seite stehen konnte. Sein Amt als Abt von Reichenau behielt Waldo dabei. Es war Teil der Politik Karls, Vernetzungen in seinem Reich mit solchen Doppelämtern zu stärken. Spätestens während seiner Zeit in Pavia, eventuell schon früher, wurde Waldo auch als Bischof von Basel eingesetzt. Das Amt war vermutlich wenig bedeutungsvoll.

Von seinem Wirken in der Diözese Basel ist kaum etwas bekannt ausser seinem Bischofstitel. Priorität hatten offenbar die Ämter in Pavia und in Reichenau. Als Bischof von Pavia war Waldo bis um 801/802 im Amt. Im Jahr 806 berief ihn Karl der Grosse (seit 800 Kaiser) als Reichsbischof und Abt nach Saint-Denis bei Paris. Das Kloster war die ehrwürdige Grablege der fränkischen Herrscher, verlor aber etwas an Bedeutung seit Karl in Aachen residierte.

Spätestens in die Zeit um 805/806 fällt auch Waldos Rücktritt vom Amt des Bischofs von Basel, denn für dann ist die Einsetzung eines Nachfolgers auf dem Bischofsstuhl belegt. Gewiss ist, dass er zugleich nach zwanzig Jahren als Abt von Reichenau zurücktrat. Bis zu seinem Tod wirkte Waldo im Kloster Saint-Denis. Dort starb er auch in den letzten Märztagen des Jahres 814, zwei Monate nachdem Karl der Grossen in Aachen gestorben war.


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Querverweise zum Thema:

>> Geschichte des Bistums Basel - Teil 1

>> Haito, Bischof von Basel, Abt von Reichenau



Beitrag erstellt 31.08.08 / Anmerkungen 5, 11 und 13 ergänzt 12.09.08

Anmerkungen:

[1] A. zur Nieden, Unterabschnitt "5.3.1 Schreiben und Schreiber", Abschnitt "5.3 Das Skriptorium", Kapitel "5. Die Bildungseiinrichtungen der Brüder", publiziert in Der Alltag der Mönche, Hamburg, 2006, Seite 335

[2] S. Abel/B. Simson, Kapitel zum Jahr 814, "Schulwesen (566-580)", publiziert in Jahrbücher des fränkischen Reiches unter Karl dem Grossen, Band 2, Lepizig, 1883, Seite 578

[3] H. Maurer/H. Flachenecker, Abschnitt "Egino (Agino) (782-811)", Kapitel "Die Bischofsreihe", Die Bistümer der Kirchenprovinz Mainz. Das Bistum Konstanz 2: Die Bischöfe vom Ende des 6. Jh. bis 1206, publiziert in Germania Sacra - Historischstatistische Beschreibung der Kirche des Alten Reiches, Berlin, 2003, Seite 55

[4] o.A., Beitrag "Gerold I., fränkischer Graf, Präfekt in Bayern", publiziert in Lexikon des Mittelalters, Band 4, "Erzkanzler bis Hiddensee", München und Zürich, 1989, Spalte 1350

[5] E. Sauser, Beitrag "Egino von Verona", publiziert in Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Band 18, 2001, Spalten 373 bis 374 (Sauser wurde mehrfach wegen der Handhabung seiner Quellen kritisiert)

[6] G. Althoff, Der Sachsenherzog Widukind als Mönch auf der Reichenau, Ein Beitrag zur Kritik des Widukind-Mythos, publiziert in Frühmittelalterliche Studien, Band 17, Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münster, Berlin und New York, 1983, Seiten 251 bis 279

[7] o.A., "Pippin (Karlmann), König von Italien", publiziert in Lexikon des Mittelalters, Band 6, "Lukasbilder bis Plantagenêt", München und Zürich, 1993, Spalte 2171

[8] Königsbrief Karls des Grossen an Papst Hadrian über Abt-Bischof Waldo von Reichenau-Pavia (Palimpsest-Urkunde aus Cod. Lat. Monac. 6333, Texte und Arbeiten: 1. Abteilung 6), Leipzig, 1920

[9] B. Bury, Geschichte des Bistums Basel und seiner Bischöfe, Solothurn, 1927, Seite 15

[10] M. Steinmann, Unterabschnitt "Die Bischöfe der Karolingerzeit", Abschnitt "Völkerwanderung, Karolinger und das Königreich Hochburgund: Der Bischof etabliert sich", Kapitel "Von der frühen Besiedlung bis zur ersten Blüte der Stadt", publiziert in Basel - Geschichte einer städtischen Gesellschaft, Basel, 2000, Seite 24

[11] E. Sauser, Beitrag "Waldo (Walto)", publiziert in Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Band 21, Nordhausen, 2003, Spalten 1521 bis 1522 (Sauser wurde mehrfach wegen der Handhabung seiner Quellen kritisiert)

[12] A. Breukelaar, Beitrag "Papst Leo III.", publiziert in Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Band 4, Herzberg, 1992, Spalten 1436 bis 1438

[13] E. Sauser, Beitrag "Waldo (Walto)", publiziert in Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Band 21, 2003, Spalten 1521 bis 1522 (Sauser wurde mehrfach wegen der Handhabung seiner Quellen kritisiert)

[14] D. Walz, Beitrag "Karl der Grosse - ein verhinderter Seefahrer. Die Reichenauer Heiligbluterzählung aus dem 10.Jh.", publiziert in Karl der Grosse und das Erbe der Kulturen: Akten des 8. Symposiums des Mediävistenverbandes Leipzig 15.-18. März 1999, Berlin, 2001, Seite 237


Quellen:

Sigurd Abel/Bernhard Simson, Kapitel zum Jahr 814, publiziert in Jahrbücher des fränkischen Reiches unter Karl dem Grossen, Band 2, Duncker & Humblot, Lepizig, 1883, Seite 578 (herausgegeben als Faksimileausgabe bei Elibron Classic series, 2005, o.O. ISBN 1-4212-4550-7)

Gerd Althoff, "Der Sachsenherzog Widukind als Mönch auf der Reichenau, Ein Beitrag zur Kritik des Widukind-Mythos", publiziert in Frühmittelalterliche Studien, Band 17, Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münster, Verlag Walter de Gruyter, Berlin und New York, 1983, Seiten 251 bis 279

Adriaan Breukelaar, "Papst Leo III.", publiziert in Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Band 4, Verlag Traugott Bautz, Herzberg, 1992, ISBN 3-88309-038-7, Spalten 1436 bis 1438

Benedikt Bury, Geschichte des Bistums Basel und seiner Bischöfe, Buch- und Kunstdruckerei Union AG, Solothurn, 1927, Seite 15

Aryeh Grabois/Peter Dinzelbacher, Enzyklopädie des Mittelalters, Edition Atlantis, Zürich, o.J., ISBN 3-7611-0726-9, Seiten 373 (Papst Leo III.), 483 (Pippin I.), 529 (Saint-Denis)

Helmut Maurer/Helmut Flachenecker, Abschnitt "Egino (Agino) (782-811)", publiziert in Germania Sacra - Historisch-statistische Beschreibung der Kirche des Alten Reiches, herausgegeben vom Max-Planck-Institut für Geschichte, Verlag De Gruyter, Berlin, 2003, ISBN 978 3 11 017664 3, Seite 55

Andrea zur Nieden, Der Alltag der Mönche, Diplomica GmbH, Hamburg, 2006, Seite 335

Ekkart Sauser, "Egino von Verona", publiziert in Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Band 18, Verlag Traugott Bautz, Herzberg, 2001, ISBN 3-88309-086-7, Spalten 373 bis 374

Ekkart Sauser, "Waldo (Walto)", publiziert in Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Band 21, Verlag Traugott Bautz, Nordhausen, 2003, ISBN 3-88309-110- 3, Spalten 1521 bis 1522

Martin Steinmann, "Von der frühen Besiedlung bis zur ersten Blüte der Stadt", publiziert in Basel - Geschichte einer städtischen Gesellschaft, herausgegeben von Georg Kreis und Beat von Wartburg, Christoph Merian Verlag, Basel, 2000, ISBN 3-85616-127-9, Seite 24

Dorothea Walz, "Karl der Grosse - ein verhinderter Seefahrer. Die Reichenauer Heiligbluterzählung aus dem 10.Jh.", publiziert in Karl der Grosse und das Erbe der Kulturen: Akten des 8. Symposiums des Mediävistenverbandes Leipzig 15.-18. März 1999, herausgegeben von Franz-Reiner Erkens, Akademie Verlag, Berlin, 2001, ISBN: 3-05-003581-1, Seite 237

Christian Wurstisen, Baßler Chronick, Sebastian Henricpetri, Basel, 1580, Seite 89

o.A., "Gerold I., fränkischer Graf, Präfekt in Bayern", publiziert in Lexikon des Mittelalters, Band 4, "Erzkanzler bis Hiddensee", Artemis-Verlag München und Zürich, München und Zürich, 1989, ISBN 3-7608-8904-2, Spalte 1350

o.A., "Pippin (Karlmann), König von Italien", publiziert in Lexikon des Mittelalters, Band 6, "Lukasbilder bis Plantagenêt", Artemis-Verlag München und Zürich, München und Zürich, 1993, ISBN 3-7608-8906-9, Spalte 2171

Königsbrief Karls des Grossen an Papst Hadrian über Abt-Bischof Waldo von Reichenau-Pavia (Palimpsest-Urkunde aus Cod. Lat. Monac. 6333, Texte und Arbeiten: 1. Abteilung 6), herausgegeben durch Emmanuel Munding/Erzabtei Beuron, Leipzig, 1920

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