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Glosse Nr.27 / 15. Oktober 2006

Urinschwemme

Ein Thema ist dieser Tage in aller Munde (obwohl man es dort wahrhaftig kaum wünscht; verzeihen Sie die unappetitliche Syntax) - das wilde Urinieren in Basels Gassen und Winkeln. Man vernahm gar, dass die städtische Reinigung zusätzlich mit gesprühten Düften den Duftmarken zahlloser Zecher zuleibe rücken muss, um den Gestank an neuralgischen Pissecken zu zügeln.

Die Hinterlassenschaften sind oft das Werk der Jünger des Bachcus, hauptsächlich jener die dem Bier oder anderen stark verwässerten Formen des Alkohol zusprechen. Mobile Gelage oder sationäre Besäufnisse ausserhalb von Gaststätten erfreuen sich zu wärmeren Jahreszeiten steigender Popularität unter jenem Teil der Jugend, der mit schlichten Genüssen zu befriedigen ist. Pathologische Zecher gestandenen Alters tun ein übriges um die Urinschwemme zu nähren.

Gefüllte Blasen wollen geleert werden, damit neuer Stauraum frei wird um die Vernichtung von Hirnzellen mit Alkohol zügig voranzutreiben. Häufig nutzt man dazu dann entsprechend verwinkelte Gassen um den Urin plätschern zu lassen. Da zum Zeitpunkt der Entwässerung die Blutbahnen meist schon heftig mit Spurenelementen von Bölkstoff geschwängert sind, ist auch zu vermuten dass die korrekte Nutzung eines Pissoirs die Saufnasen intellektuell überfordern würde.

Grossereignisse wie Meisterschaftsfeiern oder die Fasnacht degradieren die Altstadt jeweils flächendeckend zum Pissoir (und zur Kotzgrube). Da vergeht einem das Wohnen in heimeligen Gässlein. Das wilde Urinieren entspricht auch ein wenig jenem Zeitgeist des Laissez-faire, der das Einfordern von eigenverantwortlichem Handeln (bis hinab zur Blase) als brutale Beschneidung individueller Freiheiten empfindet, würdig eines orwellschen Überwachungsstaats.

A propos Staat; dem schieben ganz gewitzte Zeitgenossen die Schuld am Ganzen Harnzunami in die Schuhe, weil er zuwenige öffentliche Toiletten zur Verfügung stelle. Die Theorie mutet wunderlich an, denn was kann der Staat dafür, wenn sich eine Biergurgel die Blase füllt ohne sich zuvor einige elementare strategische Gedanken zum schicklichen Wasserlassen macht? Andererseits - wie soll man wissen wo sich eine Toilette befindet, wenn man sie nie benutzt?

So dürfte etwa das Gros jugendlicher Alcopop-Fanclubs und Bierkenner die sich abends etwa auf dem Leonhardskirchplatz die Lampe füllen, schon im nüchternen Zustand kaum in der Lage sein den Terminus "Toilette" korrekt auszusprechen. Vom solch kleinen Lichtern auch noch zu verlangen dass sie sich die Standorte entsprechender Einrichtungen einprägen ist schlicht zu viel verlangt. Ich verbitte mir in diesem Zusammenhang die Diffamierung von Borstenvieh.

Wenn man am Morgen eine solche Stätte geselligen Beisammenseins betritt, schweift das Auge über leere Bierbüchsen, zerdepperte Smirnoffflaschen und leere Pizzaschachteln, während sich die Nase alsbald am Odor von Erbrochenem und Urin stösst. Dann ist das böse Wort von den "Drecksäuen" rasch bei der Hand. Hier muss endlich den Schweinen eine Lanze gebrochen werden, denn das Verhalten einer besoffenen "Flasche leer" ist nicht zu vergleichen mit jenem eines an sich reinlichen Tiers. Ich habe fertig.

engel

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