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Der Holsteinerhof
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Hebelstrasse 32lageplan holsteinerhof

Bus 30 / 33 Bernoullianum


An Anfang stand ein Kellergewölbe

Früher hiess die Hebelstrasse noch Neue Vorstadt. An deren Ende, nahe der Stadtmauer, herrschte einst beschauliche Ruhe. Man befand sich quasi in einer Sackgasse zwischen Gärten und Gartenhäuschen, wo es keinen Durchgangsverkehr gab. Dort lag im späten 17. Jahrhundert ein Grundstück das dem Schwarzfärber Theodor Ruprecht gehörte, bis er es in Jahr 1696 an die wohlhabende Herzogin Augusta Maria von Schleswig-Holstein-Gottorf (1649-1728) verkaufte.
[1]

Sie war zusammen mit Ihrem Gatten Markgraf Friedrich VII. Magnus von Baden-Durlach (1647-1709) nach Basel gekommen nachdem der 1688 ausgebrochene Pfälzische Erbfolgekrieg ihre Lande heimsuchte. Auf der Flucht vor französischen Truppen fand das Herrscherpaar ein Refugium in der Neuen Vorstadt, wo sie Liegenschaften erwarben um sich häuslich einzurichten. Zu diesen Erwerbungen gehörte unter anderem auch das von der Herzogin gekaufte Grundstück des Schwarzfärbers Ruprecht.

der holsteinerhof von der hebelstrasse aus

Der denkmalgeschützte Holsteinerhof an der Hebelstrasse, wie er sich präsentiert nachdem ihn Samuel Burckhardt im 18. Jahrhundert im Barockstil erhauen liess.

Das Haus auf dem erworbenen Grundstück trug ursprünglich dem Namen "Zur Pfalz". Die Herzogin liess auf dem Gelände ein neues Gebäude mit einem stattlichen Kellergewölbe errichten. Der Sohn der Herzogin, Markgraf Karl III. Wilhelm von Baden-Durlach (1679-1738) tauschte diesen "Holsteinerhof" 1736 gegen ein anderes Grundstück bei seinem eigentlichen Palais, dem 1698/1705 erbauten prächtigen Markgräflerhof an der selben Strasse, nur zwei Gehminuten entfernt.

Der Bau des heutigen Barockanwesens

Im Jahr 1743 gelangte der Holsteinerhof in den Besitz von Rechenrat Samuel Burckhardt (1692-1766).
[2] Durch den Salzhandel sowie die Eisen- und Stahlproduktion war er zu einem der vermögendsten Basler Handelsherren geworden; und er zeigte auch gerne was er hatte. Er liess die neu erstandene Liegenschaft auf dem 1696 entstandenen Keller bis 1752 grosszügig umgestalten. Auf Burckhardts Tage geht der bis heute erhaltene barocke Holsteinerhof mit seinem Garten zurück. [3]

Ein Jahr nach dem Tod von Samuel Burckhardt ging der Holsteinerhof an den Basler Kaufmann Albrecht Ochs (1716-1780).
[4] Dieser war in Hamburg zu einem angesehenen Handelsmann und zum Schwiegersohn des schwerreichen Bankiers Pierre His (1692-1760) geworden. Ochs erwarb 1767 den Holsteinerhof. Zwei Jahre später kehrte er definitiv nach Basel zurück, um fortan als vermögender Privatier sein Barockanwesen zu einem Ort des intellektuellen Austauschs unter schöngeistigen Gästen zu machen.

Wenige Monate nachdem der ergraute Patriarch für seinen Sohn Peter Ochs (1752-1821) eine Hochzeit mit der ebenso vielversprechenden wie gebildeten Salome Vischer (1760-1804) arrangiert hatte, starb Albrecht Ochs im April 1780.
[5] Sein Sohn und dessen junge Gattin hielten Einzug in den Holsteinerhof. Der neue Hausherr sollte das Anwesen für kurze Zeit zu einem Angelpunkt europäischer Grossmachtspolitik machen. Peter Ochs war ein Anhänger der Aufklärung.

Zwei Jahre nach dem Tod seines Vaters wurde Ochs Ratsscheiber und trat damit in die Fußstapfen seines Mentors Isaak Iselin (1728-1782). 1790 stieg er auf in das Amt des Stadtschreibers. Diplomatische Missionen führten in nach Paris wo die Französische Revolution machtvoll das Schlusskapitel des Zeitalters der Aufklärung aufgeschlagen hatte. Für Ochs war verglichen damit Basel ein steif gewordenes Relikt alter Tage. Er strebte nach Neuerung.

Friedensverhandlungen im Haus von Peter Ochs

Ein Hauch der Geschichte wehte durch das Anwesen, als hier Unterhandlungen zum Frieden von Basel stattfanden. Ochs hatte einen wichtigen Anteil an den Vermittlungen zwischen Frankreich und Preussen. Im grünen Zimmer des Holsteinerhofs fanden am 4. August 1794 erste Gespräche statt. Der preussische Diplomat Bernhard von der Goltz (1736-1795) bezog am 30. November Quartier im Haus um hier am 22. Januar 1795 Vollmachten mit den Franzosen auszutauschten.

Der Vertrag wurde am 6. April in einem anderen Haus unterzeichnet. Im Holsteinerhof selbst wurde indes ein weiterer Vertrag besiegelt, der zum Friede von Basel gehörte; jener zwischen Frankreich und Spanien. Um möglichst unauffällig mit den Franzosen verhandeln zu können, zog der zuständige spanische Diplomat Domingo Gabriel de Iriarte y Nieves Ravelo (1739-1795) auf Vermittlung von Ochs in ein Haus mit einem Garten, der an jenen des Holsteinerhofs grenzte.

Diskret konnten sich so am Rand des Grundstücks die Diplomaten unterhalten. Die Unterzeichnung des Abkommens erfolgte unter theatralischen Umständen in der Nacht zum 23. Juli. Mit langen Schritten betrat der Spanier im Schutze der Dunkelheit den Garten des Holsteinerhofs. In einen weiten Reitermantel gehüllt und mit einer Blendlaterne in der Hand huschte er wie ein Nachtschatten in den Musiksaal. Hier setzte er seinen Namen unter den Friedensvertrag.

der holsteinerhof vom garten aus gesehen

Die Gartenfassade des Holsteinerhofs. Durch diesen Garten eilte im Juli 1795 der spanische Gesandte in nächtlicher Dunkelheit zur diskreten Vertragsunterzeichnung in den Gartensaal des Palais.

Nach dem preussischen Gesandten kam jener Frankreichs in den Holsteinerhof. Der Diplomat Marquis François de Barthélemy (1747-1830) hatte hier schon mit dem zwischenzeitlich verstorbenen Bernhard von der Goltz Vollmachten ausgetauscht. Nun liess er sich im Haus von Peter Ochs für einige Zeit nieder. Der Holsteinerhof war wurde somit häufig von Gesandten besucht, die mit dem Franzosen spiesen. Ochs lebte so lange mit der Familie in einem kleineren Nebenhaus.
[6]

Immer höher stieg Peter Ochs in Amt und Würden auf. 1796 wurde er Oberzunftmeister und 1798 im Schatten der einmarschierten Franzosen Direktor der Helvetischen Republik. Doch hatte keine glückliche Hand beim Geld. Ein Grund für seinen finanziellen Niedergang sollte der Holsteinerhof werden. Zehntausende hatte er in den Umbau des Anwesens gesteckt, obschon er sich dies nicht leisten konnte. Als im Juni 1797 Barthélemy aus Basel wegzog, fielen die Mieteinnahmen weg.

Vom Privateigentum zur Spitalliegenschaft

Nachdem Ochs 1799 aus der helvetischen Regierungsspitze gedrängt wurde, folgte auch bald der finanzielle Niedergang. Sein vielfach ungücklich investiertes Vermögen war so weit geschrumpft dass er im Dezember 1800 für 100'000 Livres den Holsteinerhof mit hohem Verlust an Johann Konrad Buckhardt-Ryhiner (1747-1814) verkaufen musste. Im Januar 1801 zog Ochs mit seiner Familie in ein schlichteres Haus an der Peterschanze um. Damit endet eine Ära im Holsteinerhof.
[7]

Das barocke Anwesen blieb nun einige Generationen in der selben Familie. Nach dem Ableben von Burckhardt-Ryhiner ging die Leigenschaft über seinen Sohn Emanuel Burckhardt-Sarasin (1776-1844) an den Enkel Johann Konrad Burckhardt-Gemuseus (1803-1860). Nachdem letzterer kinderlos starb, verblieb der Holsteinerhof im Besitz seiner Witwe Emilie (1806-1869) bis auch sie das Zeitliche segnete. 1871 kaufte der Bandfabrikant Emil Burckhardt-Koechlin (1842-1908) den Holsteinerhof.

Zwei Jahre nachdem auch Emils hinterbliebene Witwe Sophie Burckhardt-Koechlin (1849-1920) verstorben war, verkauften ihre drei Töchter 1922 das Anwesen an das Basler Bürgerspital.
[8] Bis heute (2012) wird die Liegenschaft vom Universitätsspital Basel genutzt und gilt als allgemeine Adresse der Institution. Darüber hinaus zählt der denkmalgeschützte Holsteinerhof als so genanntes A-Objekt zu Basels Kulturgütern die von nationaler Bedeutung sind.

Zusammenfassung

Eine Liegenschaft namens "Zur Pfalz" am Ende der Neuen Vorstadt (heute Hebelstrasse) wurde im Jahr 1696 von Herzogin Augusta Maria von Schleswig-Holstein-Gottorf erworben. Die Herzogin war auf der Flucht vor dem Pfälzischen Erbfolgekrieg mit ihrem Gatten Markgraf Friedrich VII. Magnus von Baden-Durlach nach Basel gekommen. Das Paar residierte in der Stadt und die Herzogin liess auf dem neu gekauften Gründstück ein Haus mit einem grossen Gewölbekeller bauen.

Ihr Sohn, Markgraf Karl III. Wilhelm von Baden-Durlach, veräusserte die nunmehr "Holsteinerhof" genannte Liegenschaft 1736 und acht Jahre später gelangte sie in die Hand des reichen Samuel Burckhardt. Er behielt den Gewölbekeller von 1696, liess aber über ihm bis 1752 ein barockes Palais nach seinem Geschmack errichtet. 1767 erwarb der Kaufmann Albrecht Ochs den Holsteinerhof und hinterliess ihn nach seinem Tod dem Sohn Peter, der hier Geschichte schreiben sollte.

Der aufstrebende Politiker Peter Ochs war ein Anhänger der Aufklärung und stieg auf zum Ratsschreiber und Oberzunftmeister. Zur Zeit der Helvetik (1798-1803) wurde er helvetischer Direktor und prägte die revolutionären Umwälzungen in Basel und der Schweiz mit. In seinem Haus, dem Holsteinerhof, fanden 1794/95 wichtige Verhandlungen zum Frieden von Basel statt, den Frankreich mit Preussen und Spanien schloss. Unterhändler waren im Anwesen von Ochs zu Gast.

Der preussische Gesandte Bernhard von der Goltz weilte für einige Monate im Holsteinerhof, ebenso nach ihm der französische Diplomat François de Barthélemy. Der spanische Domingo Gabriel de Iriarte y Nieves Ravelo Gesandte, von Ochs unauffällig in einem Nachbarhaus untergebracht, unterzeichnete im Musiksaal des Palais im Schutze der Nacht im Juli 1795 den Vertrag mit Frankreich. Der Ruhm brachte Ochs kein Glück. Im Jahr 1800 musste er den Holsteinerhof verkaufen.

Die Liegenschaft ging damit in die Hand von Johann Konrad Buckhardt-Ryhiner über, und blieb in Familienbesitz bis 1869. Bandfabrikant Emil Burckhardt-Koechlin kaufte 1871 den Holsteinerhof, den 1922 seine drei hinterbliebenen Töchter dem Basler Bürgerspital verkauften. Heute ist das Palais die allgemeine Adresse des Universitätsspitals Basel. Der denkmalgeschützte Barockbau an der Hebelstrasse gehört zu den Basler Kulturgütern von nationaler Bedeutung.


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Beitrag erstellt 16.09.12

Anmerkungen:

[1] G.A. Wanner, "Der Holsteinerhof", publiziert in Häuser Menschen Schicksale, Band 1, Basel, 1985, Seite 94

[2] Beitrag "Holsteinerhof, Hebelstrasse 32", publiziert in Das Bürgerhaus in der Schweiz, 22. Band, Kanton Basel-Stadt (2.Teil), Zürich, 1930, Seite 61, Spalte 1

[3] J. Portmann, "Das Geschlecht im 18. Jahrhundert", publiziert in ckdt. (BASEL) - Streiflichter auf Geschichte und Persönlichkeiten des Basler Geschlechts Burckhardt, Basel, 1990, Seiten 85 bis 86

[4] Beitrag "Holsteinerhof, Hebelstrasse 32", publiziert in Das Bürgerhaus in der Schweiz, 22. Band, Kanton Basel-Stadt (2.Teil), Zürich, 1930, Seite 61, Spalte 1

[5] P.F. Kopp, Abschnitt "Zünftig", publiziert in Peter Ochs. Sein Leben nach Selbstzeugnissen erzählt und mit authentischen Bildern reich illustriert, Basel 1992, Seiten 48 und 49

[6] P.F. Kopp, Abschnitt "Der Friede von Basel", publiziert in Peter Ochs. Sein Leben nach Selbstzeugnissen erzählt und mit authentischen Bildern reich illustriert, Basel 1992, Seiten 84 bis 86

[7] P.F. Kopp, Abschnitt "Gestürzt und verfemt", publiziert in Peter Ochs. Sein Leben nach Selbstzeugnissen erzählt und mit authentischen Bildern reich illustriert, Basel 1992, Seiten 145 und 146

[8] G.A. Wanner, "Der Holsteinerhof", publiziert in Häuser Menschen Schicksale, Band 1, Basel, 1985, Seite 96 so wie Beitrag "Holsteinerhof, Hebelstrasse 32", publiziert in Das Bürgerhaus in der Schweiz, 22. Band, Kanton Basel-Stadt (2.Teil), Zürich, 1930, Seite 61, Spalte 2


Quellen:

Peter Ferdinand Kopp, Peter Ochs - Sein Leben nach Selbstzeugnissen erzählt und mit authentischen Bildern reich illustriert, Buchverlag Basler Zeitung, Basel 1992, ISBN 3-85815-248-X, Seiten 48 und 49

Jacqueline Portmann, "Das Geschlecht im 18. Jahrhundert", publiziert in ckdt. (BASEL) - Streiflichter auf Geschichte und Persönlichkeiten des Basler Geschlechts Burckhardt, herausgegeben von der Burckhardtschen Familienstiftung, Buchverlag Basler Zeitung, Basel, 1990, ISBN 3-85815-204-8, Seiten 85 bis 86

Gustav Adolf Wanner, "Der Holsteinerhof", publiziert in Häuser Menschen Schicksale, Band 1, (Erstpublikation in Tageszeitung Basler Nachrichten vom 03. Juli 1976) Buchverlag Basler Zeitung, Basel, 1985, ISBN 3 85815 126 2, Seiten 94 bis 96

o.A. Beitrag "Holsteinerhof, Hebelstrasse 32", publiziert in Das Bürgerhaus in der Schweiz, 22. Band, Kanton Basel-Stadt (2.Teil), herausgegeben vom Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein, Orell Füssli Verlag, Zürich, 1930, Seiten 61 bis 62

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