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Der Spalenschwibbogen
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Spalenberg 65 lageplan

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Um 1200 erbautes Stadttor

Das innere Spalentor war auch als Spalenturm bekannt und wurde nach dem Bau des äusseren Grossbasler Mauerrings Spalenschwibbogen genannt. Es war Teil des in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichteten innere Mauerrings. Dieser ersetzte die weitgehend gleich verlaufende Burkhardsche Stadtmauer, die im späten 11. Jahrhundert von Bischof Burkhard von Fenis errichtet wurde.

Die Strassennamen Petersgraben und Leonhardsgraben erinnern noch heute an den einstigen Stadtgraben der vor den beiden Mauern verlief. Bereits die Burkhardsche Mauer hatte am oberen Spalenberg einen Stadteingang. Wie dieses ältere Tor aussah ist allerdings unbekannt. Nach aktuellen Erkenntnissen der Archäologie entstand das jüngere Tor ungefähr um 1200 als Nachfolgebau.

Die feldseitige Flucht der jüngeren Stadtmauer verlief einige Meter vor jener der älteren Burkhardschen. Der Raum dazwischen wurde aufgefüllt, so dass die Stadtmauer damit einen erhöht liegenden Weg bekam, auf dem die Wachen patrouillieren konnten. Dieser Abstand zwischen der alten und der neuen Mauer war vermutlich die Ursache für die eigenwillige Lage der inneren Spalentors.

der spalenschwibbogen auf einem stich um 1615

Der als Gefängnisturm genutzte Spalenschwibbogen um 1615. Man erkennt die feste Steinbrücke über den alten Stadtgraben (Eingetragen zur Orientierung die heutigen Strassennamen) | Stich von Matthäus Merian

Verbindung zwischen zwei Stadtmauern

Das 1230 erstmals erwähnte Tor stand seltsamerweise einige Meter hinter der Flucht der neuen Mauer. Die Erklärung dafür ist, dass es als späte Ergänzung der Burkhardschen Mauer entstand. Als vor 1250 schliesslich die neue Stadtmauer gebaut wurde, integrierte man in sie das Tor, auch wenn es um einige Meter zurückversetzt auf der vermuteten Linie der alten Mauer stand.

Man verband die weiter vorne erbaute neue Stadtmauer über zwei zurücklaufende Seitenmauern mit dem innen liegenden Stadttor. Eher unbeabsichtigt entstand durch diese Baumassnahme ein Zwinger vor dem Tor. Die Stadtmauer des 11. Jahrhunderts bekam somit um 1200 ein Tor, und dieses wurde schliesslich mit der vor 1250 entstandenen neuen Mauer zur weiteren Nutzung verbunden.

Zu jenen Tagen war die Spalenvorstadt vor dem Stadttor im Wachstums begriffen. Beim heutigen Kollegiengebäude der Universität lag damals vor der Mauer der Friedhof mittelalterlichen Jüdischen Gemeinde Basels. Um 1231 hatte der Orden der Franziskaner direkt gegenüber dem Tor sein erstes Basler Kloster gegründet. Es wurde später zu einem Frauenkonvent mit dem Namen Gnadental.

Ob das innere Spalentor eine Zugbrücke hatte ist unsicher. Alte Darstellungen lassen an der Feldseite des Tors keine Hinweise auf eine solche Einrichtung erkennen. Eventuell gab es eine rasch demontierbare Holzbrücke. Später wäre diese durch eine feste Steinbrücke ersetzt worden, wie sie auf den Darstellungen von Matthäus Merian dem Älteren (1593-1650) zu sehen ist.

Der viereckige Turm des Stadttores wies auf der Feldseite zur Spalenvorstadt hin eine Fassade aus bossierten Sandsteinquadern auf. Da dies untypisch für die Burkhardsche Stadtmauer wäre, vermutet man dass das Tor um 1200 errichtet wurde. Wie das Vorgängertor an dieser Stelle ausgesehen hat ist aktuell ungeklärt. Selbst ein schlichtes Mauertor wäre denkbar.

Wie sehr das innere Spalentor beim Erdbeben 1356 beschädigt wurde ist unbekannt. Man weiss vom Lohnhof-Eckturm (Teil der Burkhardschen Mauer) dass er schweren Schaden beim Beben nahm. Das könnte auch dem Tor widerfahren sein. Mit dem Bau des äusseren Grossbasler Mauerrings in den Jahrzehnten vor 1400 wurde das einstige Tor zum so genannten Spalenschwibbogen.

der spalenschwibbogen auf einer grafik von 1837

Der Spalenschwibbogen um 1837 vor seinem Abriss, Blick vom oberen Spalenberg zum Petersgraben mit Spalenbrunnen links vom Torbogen | Lithographie v. Hasler & Cie nach Constantin Guise (Sammlung altbasel.ch)

Nutzung als Gefängnis

Meister Niklaus Lawelin (gestorben vor 1454), der später die Hoffassade des Zeughauses dekorierte, schmückte den Schwibbogen 1428 mit Malereien. 1518 wurde Hans Frank mit ähnlichen Malereien beauftragt. Auf späteren Darstellungen hat der Schwibbogen ein Pyramidendach mit Glockentürmchen auf der Spitze. Das oberste Turmgeschoss war mit einem hölzernen Kranz verkleidet.

Dieser Kranz verlief auf der Feldseite als Laube welche über die Fassadenlinie hinausragte. Im 16. Jahrhundert wurde direkt unter dem Kranz feld- und stadtseitig eine Uhr angebracht. Über dem stadtseitigen Zifferblatt hatte ein Künstler ein Fenster mit einem Mann der hinausschaute auf das Holz gemalt. Die drei Geschosse über dem Torbogen dienten seit dem Mittelalter als Gefängis.

Der Gefängnisturm verfügte über sechs so genannte Gefangenschaften. Es gab die Zelle "Eichenwald", welche aus Balken des gleichnamigen Holzes gefertigt war. Ferner gab es die Zellen "Hexenkäfig" und "Saal" (sie sollen besonders peinigend gewesen sein) die ganz oben im Turm lagen, wo man Foltergerät verwahrte. Tiefer gelegen war das Gewahrsamsstüblein, versehen mit Ofen.

Einen Ofen hatte auch das "Herren Küfer Stüblein". Schliesslich gab es das als ungesund beschriebene "Hurenkämmerlein", wohl zur Inhaftierung von Prostituierten (auf der nahen Lyss lagen im Spätmittelalter zwei Bordelle). Im Spalenschwibbogen wurde 1449 Hermann II. von Eptingen gefangen gehalten, nachdem die Basler Burg Blochmont erobert und niedergebrannt hatten.

Ein andererer Gefangener im Schwibbogen war der Erzbischof von Granea, Andreas Zamometic (ca 1420-1484). Er hatte sich von Rom abgewandt, um in Basel mit Duldung der Stadt ein neues Konzil zu fordern. Ein kaiserlicher Erlass vom Dezember 1482 erzwang seine Verhaftung. Er wurde im Spalenturm eingesperrt. Papst Sixtus IV. (1414-1484) forderte die Auslieferung des Abtrünnigen.

Aber das mit dem Interdikt belegte Basel weigerte sich standhaft, den mit Reichsacht belegten Festgenommenen herauszugeben. Am 13. November 1484 wurde der Erzbischof nach langer Haft erhängt aufgefunden. Der Leichnam verblieb wochenlang in der Zelle, bis ein papstlicher Gesandter sich von Zamometics Tod überzeugt hatte. Dann warf man die Leiche in einem Fass in den Rhein.

Abriss und Markierung des Standortes

Im Jahr 1822 wurden die Gefängnisräume im Turm aufgehoben und 1837 versteigerte man den Schwibbogen. Der alte Wehrbau wurde zum Preis von 7200 Franken verkauft um 1838 abgerissen zu werden. Die demontierten Zifferblätter der Uhren wurden am Spalentor angebracht. Der Spalenschwibbogen war das erste grosse Stadttor welches der aufkommenden Abrisswelle zum Opfer fiel.

der spalenschwibbogen auf einem stich um 1615

Heute zeigt diese Markierung der Archäologischen Bodenforschung BS am oberen Spalenberg, wo der Spalenschwibbogen mit seiner Tordurchfahrt bis 1838 stand.

Bei der Sanierung des Spalenbergs führte die Archäologische Bodenforschung Basel-Stadt 2011/12 Untersuchungen durch, bei denen Mauerreste des Spalenschwibbogens in Augenschein genommen wurden. Dabei wurden weitere Erkenntnisse zum ehemaligen Wehrbau gewonnen. Nach Abschluss der Sanierung wurde im Juli 2012 der frühere Standort des Tores auf der Strasse markiert.


Zusammenfassung

Das innere Spalentor entstand um 1200 als Ergänzung der im späten 11. Jahrhundert erbauten Stadtmauer des Bischofs Burkhard von Fenis. Als vor 1250 diese Mauer ausgebaut wurde, band man das Tor in diese ein, woraus sich eine hinter der neuen Mauerflucht stehende Lage ergab. Nach dem Erdeben 1356 entstand in Grossbasel eine neue Stadtmauer welche die Vorstädte mit umfasste.

Dank dieser neuen Mauer verlor die Mauer des 13. Jahrhunderts ihre Wehrfunktion und das innere Spalentor wurde zum Spalenschwibbogen (auch Spalenturm genannt). Es wurde bis ins 19. Jahrhundert als Gefängis genutzt und schliesslich 1838 abgerissen. Seit Sommer 2012 ist am oberen Spalenberg der Grundriss des Tores als rote Markierung auf dem Asphalt sichtbar gemacht.


Beitrag erstellt 18.03.03 / überarbeitet 21.06.18

Quellen:

Casimir Hermann Baer, Beitrag "Bilddokumente der abgetragenen Befestigungen", publiziert in Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 1, herausgegeben von der Schweizerischen Gesellschaft für Erhaltung historischer Kunstdenkmäler, Birkhäuser Verlag, Basel, 1932/1971 Seiten 176 und 177

Emil Blum / Theophil Nüesch, Basel Einst und Jetzt, Eine kulturhistorische Heimatkunde (Textband), Verlag Hermann Krüsi, Basel, 1913, Seite 22

Guido Helmig, Beitrag "Ein neuer Aufschluss der Inneren Stadtmauer an Leonhardsgraben 3" publiziert in Jahresbericht 1989 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, herausgegeben von Rolf d'Aujourd'hui, Basel, 1991, ISBN 3-905098-10-5, Seiten 40 bis 45 mit vergleichendem Plan Seite 40

Christoph Philipp Matt, Beitrag "Beobachtungen zum Spalenschwibbogen und zur Brücke", im Jahresbericht 1985 der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt", publiziert in Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Band 86 Nummer 2, herausgegeben von der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft zu Basel, Verlag der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft, Basel, 1986, Seite 165

Christoph Philipp Matt, Beitrag "2011/13 Spalenberg (A)", in Jahresbericht 2011 der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt, herausgegeben von der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, Basel, 2012, ISBN 978-3-905098-56-3, ISSN 1424-4535, Seiten 51 bis 53

Christoph Philipp Matt, Beitrag "2011/13 Spalenberg (A)", in Jahresbericht 2012 der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt, herausgegeben von der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, Basel, 2013, ISBN 978-3-905098-58-7, ISSN 1424-4535, Seiten 36 bis 38

Eugen Anton Meier, Basel Einst und Jetzt, Buchverlag Basler Zeitung, Basel, 3. Auflage, 1995, ISBN 3-85815-266-3, Seiten 176 bis 177

Christian Adolf Müller, Die Stadtbefestigung von Basel, Teil 2, 134. Neujahrsblatt der GGG, herausgegeben von der Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen, Kommissionsverlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1956, Seiten 18 bis 19

Wilhelm Vischer, Abschnitt "Berichtigungen und Nachträge", in Basler Chroniken Band 2, herausgegeben von Wilhelm Vischer, Verlag von S. Hirzel, Leipzig, 1887, Seite 639 (Lebensdaten von Meister Niklaus Lawelin)

Rudolf Wackernagel, Geschichte der Stadt Basel, Band 2/II, Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1916, Seiten 875 bis 885 (zu Andreas Zamometic)

engel

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