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Lütold II. von Rötteln, Bischof von Basel
Mit Lütold II. von Rötteln sass eine tragische Gestalt in bewegten Zeiten auf dem Basler Bischofsstuhl. Erstmals erscheint er als Domherr von Konstanz, anlässlich seiner Teilnahme am Vierten Laterankonzil, welches sich auf Einberufung von Papst Innozenz III. (ca 1160-1216) im November 1215 in Rom versammelte. Dieses Konzil warf einen düsteren Schatten auf Lütolds Namen.
Lütold war der Sohn des Freiherrn Dietrich III. von Rötteln (gestorben vor 1204), und hatte mit Walter (gestorben um 1231) einen Bruder, der 1213 Bischof von Basel geworden war. Walter verlor allerdings die Gunst der Kirche, und eben jenes Konzil an dem Lütold sich beteiligte, entzog seinem Bruder das Bischofsamt. Es war wie ein übles Vorzeichen, zu Dingen die kommen sollten.
Im Jahr 1233 tritt Lütold erneut urkundlich in Erscheinung. Als Archidiakon war er im Bistum Konstanz der bischöfliche Statthalter im Breisgau. Darüber hinaus war er Kanoniker am Grossmünster in Zürich. Nach dem Tod des Basler Bischofs Heinrich von Thun im Februar 1238, wurde Lütold von Rötteln zu seinem Nachfolger gewählt. Erstmals als gewählter Bischof wird er im Juni 1238 erwähnt.
Zu seiner feierlichen Bischofsweihe im März 1239 erhielt Lütold von Papst Gregor IX. (ca 1167-1241) das Privileg, seine Einkommen aus früheren Ämtern vorerst behalten zu dürfen. Dieses unübliche Zugeständis sollte dem neuen Bischof von Basel helfen, die leeren Kassen seines Bistums aufzubessern. Der Gunstbeweis band Lütold im Schatten eines aufkeimenden Konflikts eng an den Papst.
Burg Birseck ob Arlesheim. Der im 18. Jahrhundert zerfallene und zerstörte Adelssitz wurde nach 1808 im neugotischen Stil neu aufgebaut. Um 1239/45 kam die Burg zusammen mit Gütern in Arlesheim in den Besitz von Bischof Lütold II.
Mehrung des Bistums
Zunächst konnte Lütold sich um die Pflege seines neuen Bistums kümmern. Zu den ersten Erwerbungen gehörte der Kauf eines Dinghofs in Arlesheim. Dieser wurde im Jahre 708 durch die Äbtissin Odilia (ca 660-720) ihrem elsässischen Kloster Hohenburg auf dem nach ihr benannten Odilienberg geschenkt. Die Verehrung der heiligen Odilia in Arlesheim geht auf diese Zeiten zurück.
Im 13. Jahrhundert gehörte der Dinghof von Arlesheim dem ebenfalls auf St.Odilia zurückgehenden Kloster Niedermünster beim Odilienberg. Willeburgis, die Äbtissin dieses Klosters, verkaufte den Hof zum 27. Juni 1239 mit allen Herrschaftsrechten und Umland für 80 Mark Silber an den Bischofsstuhl von Basel. Lütold legte damit auch Hand auf die Birseckburgen um Arlesheim.
Ein weiterer Erwerb gelang dank des Niederganges der Herren von Asuel/Hasenburg. Das einst machtvolle Geschlecht war im 13. Jahrhundert so verarmt, dass Burkard IV. von Hasenburg seine jurassischen Lehen und Güter am 8. Juli 1241 dem Bischof von Basel überliess, und von diesem dafür in eine Rente erhielt. Damit kam der Bischofsstuhl von Basel zu neuen Ländereien im Jura.
Im Konflikt zwischen Papst und Kaiser
Derweil reifte der Zwist zwischen Kaiserkrone und Tiara zum erbitterten Kampf heran, in den der Bischof von Basel von Beginn an hineingezogen wurde. Papst Gregor exkommunizierte praktisch zeitgleich mit Lütolds Bischofsweihe Kaiser Friedrich II. (1194-1250). Im Juli 1239 erging eine apokalyptische Enzyklika, in der die Kirche den Kaiser als Vorboten des Antichristen brandmarkte.
Der Tod Papst Gregors 1241 brachte keine Entspannung. Ihm folgte Coelestin IV. auf den Stuhl Petri, der gewählt wurde um eine Versöhnung mit dem Kaiser zu fördern. Da er keine drei Wochen nach seiner Wahl starb, zerschlug sich diese Hoffnung. Ihm folgte, nach einer papstlosen Phase, im Juni 1243 Innozenz IV. (ca 1195-1254) ins Amt. Fast unverzüglich verschärfte sich der Konflikt.
Kaiser Friedrich signalisierte Innozenz schon früh, dass er sich auch ihm nicht beugen werde. Der neue Papst dachte nicht daran, nachsichtig zu sein. Die gegenseitige Abneigung wuchs an, bis Innozenz in Lyon ein allgemeines Konzil einberief. Auf diesem beschuldigte er den Kaiser des Eidbruches, der Ketzerei und des Verrats, und liess am 17. Juli 1245 seine Absetzung verkünden.
Unter den zahlreichen Bischöfen, die dem Ruf das Papstes loyal nach Lyon gefolgt waren, befand sich auch Lütold. Er war, wie bereits erwähnt, dem Heiligen Stuhl seit seiner Bischofsweihe besonders verpflichtet, und erwies sich als treuer Gefolgsmann. Nach Basel zurückgekehrt, begann er in seinem Bistum Massnahmen gegen den Kaiser und seine Parteigänger zu ergreifen.
Offener Aufruhr gegen den Bischof in Basel
Ein Problem für Lütold war, dass es in Basel eine starke kaiserliche Bewegung gab. Es liegt nahe anzunehmen, dass Kaufleute eine treibende Kraft in der Opposition waren, da ihr Gewerbe von Privilegien abhing, die Friedrich vergeben hatte. Den zahlreichen Leuten in Basel, die dem Kaiser treu waren, wurde nun in den Kirchen bei den Gottesdiensten öffentlich mit Exkommunizierung gedroht.
Ein Grossteil der Bevölkerung musste somit die Verstossung aus der christlichen Gemeinschaft fürchten, ohne geistlichen Beistand an Taufbecken, Traualtar oder Sterbebett. Für Menschen jener Tage eine harte Strafe, und Bischof Lütold war ihr Vollstrecker. Das Klima war vergiftet, und der Bischof von Basel sollte einen hohen Preis für seine Loyalität zum Papst bezahlen.
Die Mißstimmung in Basel erreichte ihren Höhepunkt, als im ersten Halbjahr 1247 ein Mob zorniger Bürger auf den Münsterhügel drängte, und mit der Pfalz den Bischofssitz verwüstete. Lütold scheint sich zu dieser Zeit nicht in Basel aufgehalten zu haben, was ihm Leib und Leben unversehrt liess. Um so schwerer wog sein unwiederbringlicher Verlust an Ansehen und Autorität.
Ein konservierter Rest des Capitulum welches 1247 mit der bischöflichen Pfalz von aufgebrachten Basler Bürgern zerstört wurde. Zu sehen in der Informationsstelle Aussenkrypta (Schlüssel kann beim Empfang des Münsters erfragt werden).
Lütold forderte Entschädigung von der rebellischen Stadt, doch niemand gehorchte. Nun traf ganz Basel der Fluch von Exkummunikation und Interdikt. Der Weg zu Gott führte damals für alle Menschen über die Kirchen, und diese schlossen mit dem Segen des Papstes ihre Pforten. Keine rechtgläubigen Menschen durften länger mit Basel und seiner Bevölkerung zu schaffen haben.
Machtverlust und letzte Jahre
Basel litt unter dem Bann. Zugleich verliess Kaiser Friedrich das Kriegsglück mit der Niederlage bei Parma im Februar 1248. Damit sank auch seinen Anhängern der Mut. Zwei Monate später konnte Innozenz IV. mit Befriedigung feststellen, dass nunmehr Basel bereit war, sich dem heiligen Stuhl zu unterwerfen. Das war erfreulich für den Papst, doch zu spät für den Bischof von Basel.
Der Papst hatte das Vertrauen in ihn verloren. Schon die Überwachung des Interdikts wurde nicht Lütold übertragen, sondern dem Bischof von Strassbourg. Gegen seinen Willen wurde ihm im Frühjahr 1248 Domherr Berthold von Pfirt (gestorben 1262) als Beistand aufgenötigt. Lütold bekam faktisch seine Nachfolge geregelt, und wurde zum verblassenden Schatten im Bischofsgewand.
Kurze Zeit nach dieser Erniedrigung legte Lütold im Juni 1248 sein Amt nieder. Nachfolger wurde sein Beistand, der ihm als Berthold II. von Pfirt auf den Bischofsstuhl von Basel folgte. Mit zweien seiner letzten Handlungen im Amt erwarb Lütold sich bei Handwerkern bleibendes Ansehen. Er gestattete den Metzgern wie auch den Bauleuten die Gründung ihrer bis heute existierenden Zünfte.
Am 16. Januar des Jahres 1249 starb der frühere Bischof Lütold II. von Rötteln, und bekam sein Grab in der Krypta des Basler Münsters. Das Wohlwollen des Papstes hatte den tragischen Gottesmann auf den Bischofsstuhl begleitet. Die Konflikte des Papstes kosteten ihn sein Ansehen. Der Verlust der päpstlichen Gunst liess ihn aus dem Amt in einen baldigen Tod stürzen.
Die Münsterkypta, wo der frühere Bischof Lütold II. nach seinem Tod 1249 beigesetzt wurde. Beim Erdbeben 1356 schwer beschädigt, und wurde die Krypta danach im alten romanischen Stil neu erstellt.
Zusammenfassung
Lütold II. von Rötteln folgte im Jahr 1238 dem verstorbenen Heinrich von Thun in das Amt des Bischofs von Basel. Sein Vater war Freiherr Dietrich III. von Rötteln, und sein Bruder Walter war von 1213 bis zu seiner Absetzung 1215 selbst Bischof von Basel. Ersmals erscheint Lüthold urkundlich als Domherr von Konstanz im Jahr 1215, als er am Vierten Laterankonzil in Rom teilnahm.
Als Lütold im März 1239 von Papst Gregor IX. die Bischofsweihe empfing, bekam er das Privileg, frühere Einkünfte vorerst weiter beziehen zu dürfen. Damit war er dem Papst zusätzlich verpflichtet, und schuldet ihm Loyalität im laufenden Konflikt zwischen dem Heiligen Stuhl und Kaiser Friedrich II. Lüthold erwarb 1239 Arlesheim und 1241 Güter im Jura für sein Bistum.
Unter dem neuen Papst Innozenz IV. verschärfte sich der Zwist mit Friedrich II. Auf einem allgemeinen Konzil in Lyon, an dem Lütold teilnahm, wurde der bereits exkommunizerte Kaiser für abgesetzt erklärt. Die Loyalität forderte vom Bischof von Basel, dass er der päpstlichen Linie folgte, was er auch tat. Damit zog er indes den Unwillen kaiserlicher Kreise in Basel auf sich.
In Basel war der Handel sehr wichtig. So ist anzunehmen, dass eine Hauptkraft hinter der Opposition gegen die päpstliche Politik unter den Handelsleuten zu suchen ist, die stark von kaiserlichen Privilegien abhängig war. Lütolds Drohung, alle Anhänger des Kaisers zu erkommunizieren, schürte die Unruhe im Bistum. Sie gipfelte 1247 in der Verwüstung der Bischofsresidenz in Basel.
Bischof Lütold II. forderte vergebens Rechenschaft für die Zerstörung seines Sitzes. Basel wurde für dieses Aufbegehren kollektiv mit Exkumminikation und Interdikt bestraft, was seinen Einwohnern alle kirchlichen Dienste entzog. Nachdem auch Kaiser Friedrich im Krieg Niederlagen erlitt, beugte sich Basel dem Druck der Kirche, und unterwarf sich schliesslich dem Papst im Frühjahr 1248.
Lütold II. hatte hingegen im Zuge der Ereignisse an Ansehen verloren. Die Überwachung des Interdikts von Basel wurde einem anderen Bischof übertragen, während man ihm einen Beistand aufzwang, der später sein Nachfolger werden sollte. Nachdem er noch die Gründung zweier Basler Zünfte gestattete, trat Lütold im Juni 1248 als Bischof zurück, und starb im folgenden Januar.
Beitrag erstellt 18.01.18
Quellen:
Heinrich Boos, Urkundenbuch der Landschaft Basel, herausgegeben von Heinrich Boos, C.Detloffs Buchhandlung, Basel, 1881 Seiten 28 bis 29
Benedikt Bury, Geschichte des Bistums Basel und seiner Bischöfe, Buch- und Kunstdruckerei Union AG, Solothurn, 1927, Seiten 61 bis 64
Anton Gössi, Das Urkundenwesen der Bischöfe von Basel im 13. Jahrhundert, Quellen und Forschungen zur Basler Geschichte, Band 5, herausgegeben vom Staatsarchiv Basel-Stadt, Kommissionsverlag Friedrich Reinhardt AG, Basel, 1974, Seiten 29 bis 29 so wie 187 und 188
Hans-Rudolf Heyer, Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Landschaft, Band 1 (Der Bezirk Arlesheim), herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Birkhäuser Verlag, Basel, 1969, Seite 46
Werner Meyer, Burgen von A bis Z - Burgenlexikon der Regio, herausgegeben von den Burgenfreunden beider Basel, Druckerei Klingental AG, Basel, 1981, Seite 84 (Birseckburgen)
Rudolf Wackernagel, Geschichte der Stadt Basel, Band 1, Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1907, Seite 25 bis 30
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