der leu

zurueck

fragen zum alten basel
Die Jungstrasse und Carl / Karl Gustav Jung



Frau T. / 14. April 2019:

Seit Jahren bin ich immer wieder fündig geworden auf Ihrer Webseite Altbasel. Nun ziehe ich nach 29 Jahren im Matthäusquartier ins St. Johann an die Jungstrassse und wurde bereits gefragt, wieso denn die Strasse so heisse. Doch leider fehlt die Jungstrasse in Ihrem Adressverzeichnis im Schlagwortkatalog. Haben Sie eine Ahnung, auf wen oder was sich dieser Strassenname bezieht?

Antwort von altbasel.ch:

Die Jungstrasse wurde 1897 amtlich nach Karl Gustav Jung (1794-1864) benannt. Er war der Sohn des Medizinalrates und markgräflich-badischen Hofarztes Franz Ignaz Jung (1759-1831) und der Maria Josepha, geborene Ziegler (geboren 1770). Karl Gustav studierte ab 1813 in Heidelberg Medizin und bereiste im Jahr 1817 nach dem Erwerb seines Doktortitels Deutschland.

Seine Reise brachte ihn in Kontakt mit studentischen Burschenschaften, die von einem neuen Deutschland jenseits der Kleinstaaten jener Tage mit ihren Monarchen träumten. Den Herrschenden waren solche Kreise, die als revolutionär galten, suspekt. Jung teilte die liberalen Ideale neuer Freiheiten in einer gemeinsamen Nation und begann für diese überzeugt einzutreten.

Als er im preussischen Berlin Arbeit in der Charité und in der königlichen Kriegsschule fand, stand er bereits unter besonderer Beobachtung. Schliesslich wurde er im Sommer 1819, wie viele Intellektuelle seiner Tage in Deutschland, als Staatsfeind verhaftet. Über ein Jahr verbrachte Jung in Arrest, bevor man ihn aus Preussen auswies und er im Juni 1821 nach Paris ging.

Mit der Empfehlung von Alexander von Humboldt (1769-1859) gelangte Jung nach Basel, wo er im März 1822 seine Arbeit als Dozent an der hiesigen Universität aufnahm. Hier wurde er Professor für Chirurgie, Anatomie und Geburtshilfe. Jungs auftreten in Basel fiel in eine Zeit, in der die medizinische Fakultät eben einen Tiefpunkt überwunden hatte und sich emporarbeiten musste.

Jung trug wesentlich zur Wiederherstellung der medizinischen Forschung an der Universität Basel bei. Er beflügelte mit Vorschlägen und Tatendrang die Entwicklung der Fakultät und integrierte sich zugleich so gut in Basel, dass er 1824 das Bürgerrecht erlangte. Später sollte er im Sanitätskollegium wirken, ab 1838 im Grossen Rat und ab 1841 im Vorstand der Akademischen Zunft.

Jung trieb die Umstrukturierung des mittelalterlichen Spitals in ein modernes Bürgerspital voran und stiftete 1857 die Anstalt "Zur Hoffnung" für geistig behinderte Kinder. In der Basler Freimaurerloge "zur Freundschaft und Beständigkeit" wurde seine Selbstlosigkeit geschätzt, so dass er zum Meister vom Stuhl aufstieg. 1850 wurde er Grossmeister der vereinigten Schweizerlogen.

Als Karl Gustav Jung am 12. Juni 1864 nach kurzer Krankheit starb, beklagte Basel nicht nur den Verlust des Erneuerers der Medizinischen Fakultät. Mit ihm sank auch ein stattlicher Mann ins Grab, der in sich Humor, Charme, Grossmut und Offenheit vereinigte. Dies obwohl ihm das Leben eine ganze Reihe an Schicksalsschlägen zugemutet hatte. Er war gleich dreifach verwitwet.

Auf seine erste Frau Virginie de Lassault (1804-1828) folgte die Ehe mit Katharina Elisabeth Reyenthaler (1813-1835). Auch seine letzte Gattin, die Bürgermeistertochter Sophie Frey (1812-1855) musste er zu Grabe tragen. Von seinen 13 Kindern starben 7 vor ihm. Carl Gustav Jung (1875-1961), sollte den Namen seines Grossvaters als Psychiater weltbekannt machen.


Beitrag erstellt 22.04.19

Quellen:

Albrecht Burckhardt, Geschichte der Medizinischen Fakultät zu Basel, Verlag Friedrich Reinhardt, Basel, 1917, Seiten 273 bis 279, 283 bis 285, 288, 292, 293, 295, 296 (Korrektur zur Anzahl seiner Kinder), und 297

Eduard His, Basler Gelehrte des 19.Jahrhunderts, Verlag Benno Schwabe & Co, Basel, 1941, Seiten 69 bis 76 (biographischer Beitrag zu Karl Gustav Jung mit Foto)

André Salvisberg, Die Basler Strassennamen, Christoph Merian Verlag, Basel, 1999, ISBN 3-85616-104-X, Seiten 235 bis 236

engel

zurück zu fragen & antworten | zum schlagwortkatalog