der leu

zurueck

fragen zum alten basel
Die Böse Fasnacht von 1376



Frau H. / 23. Juni 2004:

Vielleicht können Sie mir sagen, in welchem Jahr kam es in Basel nach einem Turnierunfall (Ritter), bei dem Zuschauer verletzt wurden, zu Ausschreitungen seitens der Stadtbevölkerung, und unter welchem Namen ging dieses Ereignis in die Geschichte ein?

Antwort von altbasel.ch:

Beim fraglichen Turnier kann es sich meines Erachtens nur um die so genannte "Böse Fasnacht" vom 26. Februar des Jahres 1376 handeln. Damals kam Herzog Leopold III. von Österreich (1351-1386) mit adligem Gefolge von Kleinbasel nach Grossbasel, um am Fasnachtsdienstag auf dem Münsterplatz ein Turnier abzuhalten. An diesem Turnier ist etwas vorgefallen.

Die Vorgänge sind folgendermassen überliefert. Die Röteler Chronik berichtet, dass Rosse der Ritter unter das Publikum liefen, und Speere unter die Leute geworfen worden seien, was diese zornig gemacht habe. Es könnte so geschehen sein, aber es könnte auch eben so gut eine reine Schutzbehauptung sein, um einen Gewaltausbruch wider unbeliebten Adel zu rechtfertigen.

Die Ursachen zum Anstoss der Ausschreitungen sind auf jeden Fall bis heute ungeklärt. Die Chronik berichtet, dass die plötzlich die Sturmglocke die Bürgerschaft auf ihre Zünfte rief, wo die Waffen der einzelnen Zunftaufgebote lagerten. Unter ihren Bannern kehrten die Bürger bewaffnet auf den Münsterplatz zurück, um gewaltsam gegen Leopold und seine Ritterschaft vorzugehen.

Herzog Leopold konnte sich durch eine entehrende Flucht über den Rhein retten. Ein Teil seiner Entourage floh in den Eptingerhof an der Rittergasse, wo er sich verschanzte. Die bewaffnete Bürgerschaft brach indes das Tor des Hofs auf, drang in die Liegenschaft ein, um die Geflohenen anzugreifen. Drei Edelleute und einige ihrer Knechte hätten dabei den Tod gefunden.

Peter von Laufen, Ratsherr der Schlüsselzunft, stieg auf einen Brunnentrog und sprach von dort aus mahnend und beruhigend zur aufgebrachten Bürgerschaft. Der Tumult endete mit mehreren Toten und der vorübergehenden Gefangennahme einiger Adliger. Der Ausgang der Ausschreitungen war für Herzog Leopold und seine Gesellschaft eine tiefe Verletzung des Standesbewusstseins.

Auch war dem Adel die Tatsache beunruhigend, dass das Volk sich mit Waffen gegen ihn gewandt hatte. Es erinnerte wohl beängstigend an Volkserhebungen, wie die blutige Jacquerie im Jahr 1358 in Frankreich. Die Geschehnisse wurden untersucht, und in Folge dessen wurden zwölf Basler Bürger für die Teilnahme an den Ausschreitungen zum Tod verurteilt und enthauptet.

Doch dies genügte nicht, um Herzog Leopold zu beschwichtigen. Auf sein Betreiben wurde über Basel zur Sühne die Reichsacht verhängt. Mit dieser Ächtung wurde die Stadt für Fried- und Rechtlos erklärt, was für ihre Beziehungen und den Handel verheerend war. Auf Grund dieser Geschehnisse, blieb das Turnier von 1376 in Basel als "Böse Fasnacht" in Erinnerung.


Beitrag erstellt 28.06.04 / Schreibfehler korrigiert 25.02.23

Quellen:

August Bernoulli, Abschnitt IV. "Die Röteler Chronik", publiziert in Basler Chroniken, Band V, herausgegeben von der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft, Verlag von S. Hirzel, Leipzig, 1895, Seiten 120 bis 122

Rudolf Wackernagel, Geschichte der Stadt Basel, Band 1, Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1907, Seiten 295 bis 297

Katja Zimmer, "in bökenwis und in tüfels hüten", 183. Neujahrsblatt der GGG, Schwabe Verlag, Basel, 2005, ISBN 3-7965-2092-8/ISSN 1423-4017, Seite 71

engel

zurück zu fragen & antworten | zum schlagwortkatalog