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fragen zum alten basel
Rumpelturm bzw. Hexenturm in Kleinbasel



Herr A. / 06. Mai 2012:

Auf der Facebook-Seite "Verschwundenes Basel" ist auf einer alten Ansicht der Stadtbefestigungen ein "Hexenturm" erwähnt. Wissen Sie dazu Näheres?

Antwort von altbasel.ch:

In seinem Werk zur Basler Stadtbefestigung ging 1956 der Geschichtsforscher Christian Adolf Müller (1903-1974) auf diesen Turm in der Stadtmauer von Kleinbasel ein. Er würde im Jahr 1628 als "Hexenturm am Eck" erstmals erwähnt. Zwanzig Jahre später erscheint er indes unter der Bezeichnung "Ketzerturm". Der Ursprung dieser Namen wird nicht ausgeführt. In späteren Zeiten war der aussergewöhnlich hohe Turm neben dem Bläsitor allerdings unter dem Namen "Rumpelturm" bekannt.

der rumpelturm auf einem plan von 1640

Der Rumpelturm, beziehungsweise Hexenturm oder Ketzerturm (R) und das benachbarte Bläsitor (B) der Kleinbasler Stadtmauer auf einer Darstellung um 1640.

Dieser Name steht in Zusammenhang mit dem nahen Rappoltshof, von dem die seit dem 17. Jahrhundert gebräuchliche Bezeichnung "Im Rumpel" (eventuell eine phonetische Wandlung von "Rappolt" zu "Rumpel") abgeleitet wurde. Lokalhistoriker Daniel Albert Fechter (1805-1876) führt 1856 über dem Turm aus dass er im Mittelalter urkundlich als Ketzerturm erscheine, was nicht mit den von der Inquisition verfolgten Ketzern zu tun habe. Vielmehr seien damit Sodomisten gemeint.

Sexuelles Tun ausserhalb der Norm (etwa mit Tieren) wurde im Mittelalter als so genannte Sodomie oft mit dem Tod bestraft. In den in vielen Städten des Mittelalters verbreiteten Ketzertürmen seien die wegen Sodomie Verurteilten eingesperrt worden, bis zu ihrer Hinrichtung durch Schwert oder Feuer. Fechter vermutet daher dass der Ketzerturm / Rumpelturm als Teil der Stasdtmauer zugleich auch als Haftlokal für solche Verurteilte gedient habe.

Im 17. Jahrhundert erscheint der Turm mit einem schlichten Zinnenkranz. Später bekam er ein Pyramidendach, wie es heute als Rekonstruktion auf dem St.Alban-Tor zu sehen ist. Auf der Dachspitze thronte im 19. Jahrhundert ein Stochennest. Als die Stadt zunehmend wuchs, wurde die Stadtmauer 1865 zum Bau neuer Strassen abgerissen. Am Ort des abgebrochenen Rumpelturms an der Ecke Klingentalgraben / Claragraben entstand ein Neubau der Fabrik Ryhiner & Söhne.




Beitrag erstellt 08.07.12

Quellen:

Daniel Albert Fechter, "Topographie mit Berücksichtigung der Cultur- und Sittengeschichte", publiziert in Basel im vierzehnten Jahrhundert, herausgegeben von der Basler Historischen Gesellschaft, H. Georg's Verlag, Basel, 1856, Seite 135

Christian Adolf Müller, Die Stadtbefestigung von Basel, Teil 2, 134. Neujahrsblatt der GGG, herausgegeben von der Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen, Kommissionsverlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1956, Seiten 69 und 70

Emil Blum / Theophil Nüesch, Basel Einst und Jetzt, Eine kulturhistorische Heimatkunde (Textband), Verlag Hermann Krüsi, Basel, 1913, Seite 113

André Salvisberg, Die Basler Strassennamen, Christoph Merian Verlag, Basel, 1999, ISBN 3-85616-104-X, Seite 332 (Beitrag "Rappoltsthof")

engel

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