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fragen zum alten basel
Terminusbrunnen im Reichensteinerhof



Herr P. / 21. Juni 2015:

Erstmals herzlichen Dank für die Pflege der www.altbasel.ch Seiten, sie waren schon vielfach eine gute Referenz für verschiedenste Details zu Bauwerken und Personen in der Stadt.

Ich habe einige Fragen zum Hofbrunnen an der Martinsgasse 1 beim Justizdepartement. Erstens: er hat keinen eigenen Namen (ist das so?) und wird auch im Basler Brunnenführer nur als Hofbrunnen aufgeführt

Zweitens: Eine Person mit einem Lorbeerkranz wird dargestellt und darunter steht Cedo Nulli (Ich gebe in Nichts nach…oder so gemäss meinen schwachen Latein Kenntnissen). Wer ist diese Person? Es gibt da so eine kursierende Geschichte, dass es ein Sarasin sei, der auf dem Haus ein Observatorium bauen wollte, aber die Bewilligung dazu nicht erhielt.

Aus diesem Grund hat er einen „falschen“ Kamin aufs Haus gebaut (ich weiss jetzt nicht mehr, ob es das weisse oder blaue Haus ist), bei dem er eine Luke öffnen und trotzdem mit einem Teleskop die Sterne bewundern konnte. In diesem Sinne hat er seine Observatorium-Idee nicht aufgegeben (Cedo Nulli) und den Behörden ein Schnippchen geschlagen. Ist da etwas Wahres an dieser Geschichte?


Antwort von altbasel.ch:

Der Reichensteinerhof ("Weisses Haus"), wurde im 18. Jahrhundert zusammen mit dem benachbarten Wendelstörferhof ("Blaues Haus") weitgehend durch den Basler Architekten Samuel Werenfels (1720-1800) erbaut. Bauherren waren die Seidenbandfabrikanten Lukas Sarasin (1730-1802) und Jakob Sarasin (1742-1802). Lukas bezog den Reichensteinerhof, zu dem der fragliche Brunnen gehört.

der brunnen im stallhof des reichnensteinerhofs (Martinsgasse 1)

Der Brunnen mit dem 1833 erstellten neuen Trog im Stallhof des Weissen Hauses, von der Martinsgasse aus gesehen.

Lukas Sarasin, ein Freund von Kunst und Wissenschaft, wollte ein so genanntes "Belvedere-Türmchen" im Dachfirst einzubauen, von dem er zweifelsohne die Sterne hätte beobachten können. Das Vorhaben wurde aber nicht realisiert. Stattdessen erstelle man den südlichen Schornstein als bescheidene Aussichtsplattform. Der Brunnen im Stallhof ist in der Tat ohne eigentlichen Namen.

Er geht zurück auf einen Streit den Lukas Sarasin mit der Obrigkeit hatte, aber nicht bezüglich der Türmchens auf dem Dach. Vielmehr drehte sich der juristische Zwist um die Menge des Brunnenwassers, die Sarasin für sich nutzen durfte. Er gewann einen mühsamen Prozess 1771/75 um das Nutzungsrecht und rächte sich mit dem Brunnen, dessen Büste den römischen Grenzgott Terminus zeigte.

Der Brunnen mit dem Richtung Rathaus blickenden Terminus war ein raffinierter Nadelstich. Der Schöngeist Sarasin nutzte das Wahrzeichen des Humanisten Erasmus von Rotterdam (ca 1466-1536), das Haupt des Terminus und das Motto des Gottes "concedo nulli" (ich weiche keinem). Der entschlossene Terminus mit wehendem Haar findet sich auch auf dem Grabmal des Erasmus im Basler Münster.

bleibueste von terminus auf brunnstock

Die Bleibüste des Gottes Terminus mit Motto CEDO NULLI auf dem Brunnstock

Der Brunnen könnte eine harmlose Hommage sein, die Sarasin dem Humanisten in seinem Hofbrunnen widmete. Doch Eingeweihte wussten, dass er mit der Büste des Terminus und dem Sinnspruch, der Basler Obrigkeit ihre Grenzen und seinen Triumph dauerhaft unter dei Nase reiben wollte. 1833 bekam der Brunnen einen neuen Trog aus Solothurner Kalkstein mit dem Familenwappen der Vischer.



Beitrag erstellt 12.07.2015

Quellen:

Martin Möhle, Beitrag "Rheinsprung 16-18", publiziert in Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 7, (Altstadt Grossbasel I), 2006, herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern, 2006, ISBN 3-906131-84-X, Seiten 358 bis 361 (Brunnen) und 356 (Dachtürmchen)

o.A. Beitrag "Wendelstörferhof und Reichensteinerhof, Rheinsprung 16 und 18", publiziert in Das Bürgerhaus in der Schweiz, XXIII. Band, Kanton Basel-Stadt (III.Teil) und Basel-Land, herausgegeben vom Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein, Orell Füssli Verlag, Zürich, 1931, Seite 26 (Dachtürmchen)

engel

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