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Erlacherhof und zum St.Christoffel
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St.Johanns-Vorstadt 15/17

Tram 11 Johanniterbrücke / Bus 30 Johanniterbrücke


Schlierbachs Hof

Im 15. Jahrhundert gab es an der Stelle des heutigen Erlacherhofs zwei Liegenschaften. Die eine davon gehörte bis 1414 Wilhelm von Wasselnheim, dem Abt des Klosters Murbach im Elsass. Er betraute Ritter Franz Hagendorn (gestorben 1416, auch Franz Vorgassen) mit dem Verkauf der Immobilie. In der Folge wurde sie an Henman von Ramstein veräussert. 1440 wohnte hier der schwer verschuldete Heinrich Münch. Seine Schulden kosteten ihn das Haus.

Gläubigerin von Münch war die grosse Handesgesellschaft von Hans Waltenheim (gestorben ca 1462) und Heinrich Halbisen (ca 1390-1451, auch Halbysen oder Halbeisen). Sie übernahm die verpfändete Liegenschaft. Halbisens Sohn verkaufte im Jahr 1478 die mittlerweile mit dem Nachbarhaus verschmolzene Liegenschaft an den Ratsherrn Junker Rudolf von Schlierbach (gestorben 1497). Deswegen war für einige Zeit die Bezeichnung "Schlierbachs Hof" gängig.

Rudolf von Schlierbach wurde von Aussatz befallen und starb. Seine Witwe Anna Wentikum lebte bis 1498 mit ihren Bediensteten in dem Haus. Ihre Tochter Brida heiratete um 1520 den Ratsherrn zum Schlüssel Balthasar Hiltbrand (gestorben 1538) der später Schlossherr zu Wildenstein und 1530 Oberstzunftmeister wurde. Sie brachte den Hof, der nun auch "zur hohen Schwellen" genannt wurde, in diese Ehe mit. Es folgten bis 1599 diverse Handänderungen.

liegenschaften st.johanns-vorstadt 15 und 17

Der Erlacherhof, St.Johanns-Vorstadt 17, mit gelber Fassade. Daneben in Weiss das Haus zum St.Christoffel , St.Johanns-Vorstadt 15, mit dem aus alten Zeiten stammenden Rücksprung in der Fassade (sichtbar in der Linie der Dachtraufe).

Nachbarhaus Zum St.Christoffel

Das Nachbarhaus St.Johanns-Vorstadt 15 erscheint erstmals 1450 urkundlich. Von 1515 ist der Hausname "Zum gemeinen End" überliefert. Zwischen 1517 und 1570 taucht der Name "St.Christoffel" auf. Das Haus wurde 1599 Besitz von Adelberg Meyer zum Pfeil (1560-1629). Der Ratsherrn zu Fischern und Schiffleuten erwarb 1602 auch das Nachbarhaus. 1617 verlor er sein Amt. Dies hing wohl zusammen mit der Anklage und Verurteilung zu lebenslänglichem Hausarrerst wegen Zauberei.

Im Besitz von Meyer waren die beiden Nachbarhäuser, die heutigen Liegenschaften "Erlacherhof" und "zum St.Christoffel", nunmehr in einer Hand vereinigt. Als Einheit kaufte 1650 Margaretha von Erlach (1611-1655) den Hof. Sie war die Witwe von Generalleutnant Hans Ludwig von Erlach (1595-1650), der im Dienste Schwedens und später Herzog Bernards von Weimar (1604-1639) im 30jährigen Krieg kämpfte. Damit erschien der heute bekannte Name "Erlacherhof".

Die beiden Liegenschaften blieben als gemeinsamer Besitz vereint, bis 1694 Ratsherr Philipp Dienast (gestorben 1711) den Erlacherhof an Maria Sophia von Planta (1673-1740, geborene Von Rosen) verkaufte. Neunzig Jahre dauerte es, bis sich die zwei Liegenschaften erneut in einer Hand befanden. Das kleinere Haus zum St.Christoffel erwarb schliesslich im Jahr 1767 der seinerzeit prominente Kunsthändler und Kupferstecher Christian von Mechel (1737-1817).

Goethe zu Gast

Von Mechel liess das Haus zum St.Christoffel renovieren und mit einem klassizistischen Portal versehen. Durch dieses Portal betrat am 8. Juli 1775 Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) das Haus, als er bei Von Mechel zu Besuch war. Im Jahr zuvor war Goethes "Die Leiden des jungen Werther" erschienen, und hatte bei unglücklich verliebten jungen Männern blaue Fräcke mit gelben Westen, Hosen und grauen Filzhüten so wie angeblich den Selbstmord populär gemacht.

Dass der Autor des vielgelesenen Romans, der in Leipzig und anderen Städten vorsorglich verboten wurde, in Basel weilte war rasch Stadtgespräch. Im Oktober 1779 kehrte Goethe noch einmal bei Von Mechel im Haus zum St.Christoffel ein. Von den Visiten des Dichters kündet heute eine Gedenktafel am Treppenturm des Erlacherhofs. Allerdings hatte Goethe dieses Haus nicht betreten, denn erst 1784 war der Erlacherhof von Christian von Mechel erworben worden.

Damit waren beide Häuser in der Hand Von Mechels. Bereits im Jahr 1785 verkaufte er das kleinere Haus zum St.Christoffel. Zuvor hatte er sich im Auftrag von Kaiser Joseph II. (1741-1790) einige Zeit in Wien mit der Erfassung und Neuordnung der kaiserlichen Gemäldegalerie befasst. Zurück in Basel war ihm sein Haus zu eng geworden, weshalb er sich im grösseren Erlacherhof einrichtete. Dort konnte er seine Gäste in vornehmer Ambiance empfangen.

Neuer Eigentümer des St.Christoffel wurde im Jahr 1785 der Seidenbandfabrikant Hans Franz Werthemann (1763-1816). Der Erlacherhof blieb rund zwei Jahrzehnte das Domizil von Christian von Mechel. Seine Geschäfte liefen gut, bis zur Französischen Revolution und den folgenden europäischen Kriegswirren. Er gab seine darniederliegende Galerie in Basel auf und zog 1804 in die preussische Hauptstadt Berlin, wo er sich niederliess und im Jahr 1817 starb.

portale zum st.christoffel und erlacherhof

Das klassizistische Portal St.Johanns-Vorstadt 15, welches Christian von Mechel nach 1767 erstellen liess (links). Das Portal St.Johanns-Vorstadt 17 welches um 1785 entstand (rechts).

Erlacherhof wird Fabrik

Die Immobilie wurde nach dem Wegzug Von Mechels von einem Kuratoren im Jahr 1808 verkauft wurden. Im Jahr 1817 konnte der Bandfarbikant Lukas Preiswerk-Forcart (1788-1848) den Erlacherhof kaufen. Er nutzte seinerseits die Liegenschaft als Fabrik um als erster in Basel das sogenannte Taffetas-Uni Seidenband herzustellen. Ein Produkt mit dem er ein Vermögen machte. Nach seinem Tod führte der Schweigersohn das Unternehmen im Erlacherhof weiter.

Das Haus zum St.Christoffel wurde von der Firma 1894 zur Erweiterung gekauft Nach Einführung des Schweizerischen Obligationenrechts nahm die Firma den Namen Burckhardt & Senn an, der im Jahr 1899 in Senn & Co änderte. Ab 1945 hatte das Architekturbüro Senn sein Domizil in der Liegenschaft, die heute in privatem Besitz ist. 2004/05 wurde sie durch die Architekten Rainer Senn im Inneren und Felix Schuster an den Fassaden renoviert.


Beitrag erstellt 15.07.04 / nachbearbeitet 22.05.11

Quellen:

Paul Bloesch, Quellen und Forschungen zur Basler Geschichte, Band 7/II (Text), Das Anniversarbuch des Basler Domstifts, herausgegeben durch das Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Kommissionsverlag Friedrich Reinhardt AG, Basel 1975, Seite 600 (Rudolff Schlierbach)

Elsanne Gilomen-Schenkel, Quellen und Forschungen zur Basler Geschichte, Band 6, Henman Offenburg - ein Basler Diplomat im Dienste der Stadt, des Konzils und des Reichs, herausgegeben durch das Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, Kommissionsverlag Friedrich Reinhardt AG, Basel 1975, Seite 22 (Hans Waltenheim)

Paul Koelner, Die Zunft zum Schlüssel in Basel, Benno Schwabe & Co, Basel, 1953, Seiten Seite 286 (Balthasar Hiltbrand) und Seite 354 (Adalberg Meyer)

Markus Lutz, Baslerisches Bürger-Buch, Schweighauser'sche Buchdruckerei, Basel, 1819, Seite 91 (Philipp Dienast)

Lukas M. Stoecklin, Artikel "Aus dem Erlacherhof wurde ein Bijou", publiziert in der Basler Zeitung, Mittwoch 27. Oktober 2004, Seite 28

Gustav Adolf Wanner, Häuser Menschen Schicksale, Band 1, Buchverlag Basler Zeitung, Basel, 1985, ISBN 3 85815 126 2, Seiten 91 bis 93

Gustav Adolf Wanner, Was Basler Gedenktafeln erzählen, Verlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1964, Seiten 26 bis 29

o.A. Beitrag "Erlacherhof, St.Johannsvorstadt 15 und 17", publiziert in Das Bürgerhaus in der Schweiz, Band 22, Kanton Basel-Stadt (II.Teil), herausgegeben vom Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein, Orell Füssli Verlag, Zürich, 1930, Seiten 32 bis 33 so wie Tafeln 38 bis 40

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