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Einwohnerzahlen (und Seuchen) in Basel 1601-1901


Die Zeit zwischen 1601 und 1901 war eine Spanne des Wachstums das langsam begann und zum Ende hin an Fahrt gewann. Die Zehnjahresschritte verdeutlichen die Entwicklung. Die Spanne von 1601 bis 1701 war gezeichnet durch die letzten Pestepidemien und durch Zeiten von Krisen und Krieg. Der Einwohnerstand von 1601 war nach mehreren Pestzügen erst 100 Jahre später wieder erreicht.
Man sieht, wie bis 1671 nach jeder Epidemie die Einwohnerzahl für längere Zeit zurückging. Die Jahrzehnte nach 1701 stehen im Zeichen der Stagnation. Anteil daran hatte auch die Bevölkerungspolitik. Nachdem 1691 der Kleine Rat das Privileg Bürgerrechte zu vergeben an den Grossen Rat abtreten musste, folgte eine lange Phase gesteigerter Zurückhaltung bei Neuaufnahmen.
Den im 17. Jahrhundert verschwundenen Pestepidemien waren oft Phasen gefolgt, in denen man Einbürgerungen offener handhabte um die Seuchenverluste auszugleichen. Ab 1700 begann man das Bevölkerungswachstum durch Zuwanderung mit Nachdruck zu beschränken. Um 1730/40 trat praktisch der Stillstand ein. Dann kippte das Verhältnis zu Ungunsten der Entwicklung der Stadt.
Die Zahlen zeigen, dass es nach 1751 sogar zu einem Rückgang kam, der fast auf das Niveau von 1601 zurückführte. Ein Rückschlag der erst 50 Jahre später überwunden war. Die Auswirkungen der Französischen Revolution und die Umwälzungen von 1798 (mit der Öffnung des Bürgerrechts) hatten zum Ansteigen der Bevölkerung beigetragen. Diese Entwicklung sollte anhalten.
Das 19. Jahrhundert brachte stetes Wachstum und auch die Seuchen verloren an Schlagkraft. Doch es warteten neue Herausforderungen. Mit der Zuwanderung und der florierenden Wirtschaft wuchs Basel so sehr, dass es in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die Stadtmauern aus dem Mittelalter abreissen musste. Es galt, neue Quartiere vor den alten Toren zu erschliessen.
Mehr Bevölkerung brachte Verdichtung. Wo viele Menschen eng zusammenwohnen, muss laufend die Infrastruktur ausgebaut werden. Hält der Ausbau nicht mit der Zunahme der Bevölkerung stand, drohen ernsthafte Probleme. So ab 1850 mit der Trinkwasserversorgung oder der Hygiene (etwa die Kloake des offenen Birsig). Nicht mehr die Pest sondern andere Krankheiten drohten.
Von ca 1870 bis 1885 traten Infektionskrankheiten in der gewachsenen Stadt stark gehäuft auf. 1881 zeigen sie sich besonders aggressiv. Der Typhus kostete damals 156 Menschenleben, gefolgt von Diphtherie (106 Tote), Masern (106 Tote) und Keuchhusten (65 Tote). Insgesamt hatten Epidemien aber nicht die selben einschneidenden Auswirkungen auf die Zahl der Basler Bevölkerung wie früher.
Beim Betrachten der Wirkung der Seuchen darf eines nicht vergessen werden: Viele Infektionskrankheiten, welche die Wissenschaft im Laufe der Zeit klar zuordnete, wüteten zuvor unerkannt und wurden bekannten Seuchen zugerechnet. Bei einer Häufung von Seuchen in Krisenphasen konnte mit den medizinischen Mitteln jener Tage schlicht nicht exakt genug unterschieden werden.


1601- 15'322 (Stand jeweils Mitte Jahr)
1609/11 Pestepidemie & Typhus
1611 - 13'200
1621 - 14'390
1628/29 Pestepidemie
1631 - 12'590
1633/36 Pestepidemie & Typhus
1641 - 10'940
1651 - 12'480
1661 - 13'620
1667/68 Pestepidemie
1671 - 12'869
1674/75 Typhus
1681 - 13'810
1691 - 14'620

1701- 15'620
1709 Ruhr
1711 - 16'320
1721 - 16'720
1727/28 Ruhr
1731 - 16'770
1736/37 Epidemie (evt. Ruhr, Typhus, Pocken)
1741 - 16'884
1751 - 16'430
1759 Ruhr & Pocken
1761 - 15'820
1767 Ruhr
1771 - 15'370
1779 Ruhr
1781 - 15'160
1791 - 15'645
1790/93 Ruhr

1800 Epidemie (evt. Typhus)
1801- 16'100
1803/05 Typhus & Pocken, Scharlachfriesel, Ruhr
1811 - 16'930
1814/15 (Alliierter Durchmarsch) Typhus & Pocken, Ruhr, Scharlach
1821 - 18'170
1830 Typhus
1831 - 20'750
1841 - 24'080
1846/48 Influenza
1851 - 28'400
1855 Cholera
1858 Typhus
1861 - 38'610
1865/66 Typhus
1871 - 45'800
1871 Pocken & Meningitis
1877 Typhus & Scharlach
1881 - 62'050
1881 Diphtherie, Masern, Typhus
1885 Pocken
1888/89 Influenza & Typhus
1891 - 79'830 (neu mit Kleinhüningen)
1901 - 110'010 (Stand 1. Januar)

Zum Vergleich:

2021 - 201'805 Basel-Stadt (ink. Landgemeinden)



Querverweis zum Thema:

>> Die Basler Einwohnerzahl im Spätmittelalter


Beitrag erstellt 17.03.23

Quellen:

Susanna Burghatz, Beitrag "Das Ancien Régime", publiziert in Basel - Geschichte einer städtischen Gesellschaft, herausgegeben von Georg Kreis und Beat von Wartburg, Christoph Merian Verlag, Basel, 2000, ISBN 3-85616-127-9, Seite 120 (Einbürgerungen im 17. und 18. Jahrhundert)

Albrecht Burkhardt, Demographie und Epidemiologie der Stadt Basel während der letzten drei Jahrhunderte 1601-1900, Universitätsbuchdurckerei Friedrich Reinhardt, Basel, 1908, Seiten 32 bis 38 Chronik der Pestepidemien, Seiten 44 bis 65 zu anderen Infektionskrankheiten, Seiten 88 bis 93 Tabelle Einwohnerzahlen, Seite 97 Tabelle Bevölkerungsbewegung, Seite 101 Tabelle Einwohnerzahl

Regina Wecker, Beitrag "1833 bis 1910: Die Entwicklung zur Großstadt", publiziert in Basel - Geschichte einer städtischen Gesellschaft, herausgegeben von Georg Kreis und Beat von Wartburg, Christoph Merian Verlag, Basel, 2000, ISBN 3-85616-127-9, Seiten 198 bis 201 (Bevölkerungsentwicklung im 19. Jahrhundert)

Rolf E. Portmann, Basler Einbürgerungspolitik 1358-1798, Basler Statistik Band 3, herausgegeben vom Statistischen Amt des Kantons Basel-Stadt, Birkhäuser AG, Basel, 1979, ISBN 3 7275 2103 1, Seiten 64 bis 65 (Einschränkungen bei Bürgerrechtsvergaben)
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