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Die Colonia Raurica des Munatius Plancus
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Wie andere Stämme auch, schlossen sich die keltischen Rauriker aus der Region Basel der Auswanderung der Helvetier unter dem Druck der germanischen Bedrohung in das heutige Frankreich an. Das von den Römern kontrollierte südliche Gallien unterstand damals dem Provinzstatthalter Gaius Julius Caesar (100-44 v.Chr). Dieser verwehrte den Auswanderern den Zug durch seine Provinz.

Nahe Bibracte, der Hauptstadt der gallischen Häduer, stellten die Truppen Caesars den Zug der Auswanderer und es kam im Juli 58 v.Chr. zur Schlacht. Diese wurde von den Helvetiern und ihren Verbündeten verloren. Die Überlebenden wurden von Caesar zurück in ihre Heimat geschickt. Dort sollten sie im Interesse Roms verhindern, dass ihre Lande unter die Herrschaft der Germanen fiel.

Die Germanen unter ihrem Anführer Ariovist (gestorben ca 54 v.Chr.) wurden wenig später von Caesar im Elsass besiegt. Danach wandte sich der Römer der Unterwerfung des übrigen Galliens zu, die nach der Schlacht von Alesia 52 v.Chr. abgeschlossen war. Die in ihre Stammlande heimgekehrten Rauriker standen damit unter römischer Herrschaft, die bald schon gefestigt wurde.

Basel oder Kaiseraugst?

Eine der römischen Massnahmen zur Sicherung der Herrschaft war die Gründung von Kolonien. Caesar erreichte vor seiner Ermordung 44 v.Chr. die Einsetzung des Prokonsuls Lucius Munatius Plancus (87-15 v.Chr.) als Statthalter des unterworfenen Gallien. Wenig später gründete dieser die Colonia Lugdunum (Lyon) und die Colonia Raurica als Stützpunkte in eroberten Gebieten.

Der Colonia Raurica kam wohl die Aufgabe eines Wächters an den alten Handelswegen vor der Burgundischen Pforte zu. Sie konnte diese vor Angriffen der Germanen und Raeter sperren. Auch als Ausfalltor für römische Angriffe aus Gallien auf Germanien war die Pforte von strategischer Bedeutung.
[1] Es gibt allerdings bis heute Unklarheiten zum Zentrum dieser Kolonie am Oberrhein.

Der Basler Historiker Ludwig Berger (1933-2017) vertrat die Theorie dass die erste Kolonie um 44. v.Chr. in Kaiseraugst gegründet wurde, dem späteren Augusta Raurica. Dies weil es schlüssig sei, dass die später unter Kaiser Augustus (63 v.Chr - 14) als militärische Veteranenkolonie erfolgte Neugründung am selben Ort wie die Vorgängerkolonie von Munatius Plancus erfolgt sei.
[2]

Andere Fachleute wie der Historiker Peter Friedrich Tschudin (geboren 1932) oder der Archäologe Eckhard Deschler-Erd (geboren 1963) gehen wiederum davon aus, dass die Colonia Raurica des Munatius Plancus auf dem Basler Münsterhügel gegründet wurde. Dies an der Stelle der nach 80 v.Chr. entstandenen keltischen Siedlung der Rauriker; strategisch näher an der Burgundischen Pforte.

Die Theorie wird durch einige miliärische Objeke der römischen Armee gestützt, die bei Ausgrabungen auf dem Münsterhügel zu Tage traten. Diese wurden der Zeit der späten römischen Republik vor Kaiser Augustus zugeordnet. Sie sprechen für eine römische Präsenz in der keltischen Siedlung.
[3] Vergleichbare Objektfunde wurden in Kaiseraugst bis heute (2022) noch keine gemacht.

statue von munatius plancus

Die 1580 von Hans Michel aus Strassbourg geschaffene Skulptur des Munatius Plancus (im Geschmack des 16. Jahrhunderts) im Basler Rathaushof

Keltensiedlung unter römischer Herrschaft

Ein weiterer Hinweis auf eine frühere römische Anwesenheit auf dem Münsterhügel lieferten Erkenntnisse zur Hauptstrasse in der keltischen Siedlung. Sie wurde um etwa 50 v.Chr. neu angelegt, also noch zu Caesars Zeiten und vor der Gründung der Colonia. Dabei fanden Strassenbautechniken aus dem Mittelmeerraum Anwendung, welche die Mitarbeit römischer Spezialisten nahelegen.
[4]

Die aktuellen Erkenntnisse lassen die Theorie einer Gründung der Kolonie von Munatius Plancus im Raum des Münsterhügels zu. Allerdings geben die bescheidenen archäologischen Funde Anlass zur Vermutung, dass sie eher schlecht gedieh. Ein Grund dafür mag die unsichere Zeit der Bürgerkriege nach der Ermordung Caesars sein, welche das Wachstum stark hemmte.
[5]

Nach ihrer Gründung verschwindet die Colonia im Schatten der Ungewissheit. Mit der Herrschaft des ersten römischen Kaisers Augustus ab 27 v.Chr. endeten die Bürgerkriege. Seine Alpenfeldzüge 25-14 v.Chr. sicherten die römische Herrschaft über den Alpenraum und wurden zum Boden für die Neugründung der Kolonie in Kaiseraugst.
[6] Ihr stand eine blühende Zukunft bevor.

Was geschah in der Zwischenzeit mit der mutmasslichen Kolonie von Munatius Plancus in Basel? Die Gründung von Kolonien gehörte zu Caesars Mitteln um unterworfene Gebiete zu romanisieren. Inmitten der Besiegten wurden Römer angesiedelt. Oft waren dies Veteranen, die nach Ende ihres Dienstes in der Legion ein Stück Land in den Kolonien bekamen und sich dort niederliessen.

Eine Kolonie im Schatten

Die Basler Kolonie kam wohl kaum über die Gründung 44. v.Chr. heraus. Bisherige Bodenfunde lassen annehmen, dass es keine wesentlichen neuen Bauten in der bestehenden keltischen Siedlung auf dem Münsterhügel gab. Die zu Caesars Tagen neu gebaute Hauptstrasse entstand jedoch mit römischen Fachwissen und ein paar Fundobjekte sprechen für eine bescheidene römische Präsenz.

Möglich wäre dem zu folge, dass die unterworfene keltische Siedlung mit ihrem Adel für die Römer militärische Sicherungsaufgaben am Rhein wahrnahm. Es war gängige Praxis, fremde Stämme als Hilfstruppen in römische Dienste zu stellen. In der Siedlung hätte sich ein kleines Kontingent Veteranen oder aktiver Legionäre niedergelassen, um über die Interessen Roms zu wachen.
[7]

Für die Zeit bis zum Bau eines römischen Kastells um 12. v.Chr. hätte in diesem Fall die keltische Wehrsiedlung auf dem Münsterhügel (von der Peter F. Tschudin vermutet, sie habe schon zu keltischen Zeiten "Basilia" gehiessen) als römischer Stützpunkt gedient.
[8] Besetzt war sie mit einheimischen Miliztruppen, denen quasi römische Militärberater zur Seite standen.

Denkbar wäre allerdings auch, dass das römische Militärpersonal komplett abgezogen wurde, weil es in der Bürgerkriegen an anderen Orten gebraucht wurde. In diesem Fall hätte die Siedlung selbständig unter römischer Hoheit fortbestanden. Die Colonia von Plancus wäre beiläufig verschwunden und die Neugründung erfolgte dann am zeitgemässeren Standort Kaiseraugst.

darstellung der gruendung von colonia raurica aus dem 19 jahrhundert

Von der Forschung überholte Sichtweise der Gründung der Colonia Raurica von Karl Jauslin (1842-1904). Römische Legionäre unter Munatius Plancus zwingen unterworfene Rauriker mit dem Pflug die Stadtgrenze der neuen Kolonie zu ziehen.

Langsamer Wandel

In keinem Fall waren es die Römer, die Basel gegründet haben. Schon vor der Gründung der Colonia Raurica gab es nach 80 v.Chr. ein Oppidum auf dem Münsterhügel; eine keltische Wehrsiedlung. Wenn Basel der Standort der ersten Kolonie gewesen ist, haben die Römer sich einfach der Keltensiedlung bedient und damit begonnen, sie ihrer Gewohnheit entsprechend zu romanisieren.

Unter diesen Gesichtspunkten ist Basel nicht mit einer schlagartigen Eroberung durch die Römer und einer darauf folgenden Gründung einer Kolonie mit Kastell auf dem Münsterhügel entstanden. Vielmehr war es offenbar ein langsamer und undramatischer Übergang, mit dem sich die keltische Siedlung im Laufe von Jahrzehnten zu einem römischen Stützpunkt auf dem Münsterhügel wandelte.

Zusammenfassung

Nach der Unterwerfung Galliens durch Julius Caesar erfolgte um 44. v.Chr. die Gründung der Colonia Raurica in der Nordwestschweiz durch Lucius Munatius Plancus. Solche Kolonien dienten einerseits zur Romanisierung der unterworfenen Gebiete und zum anderen erfüllten sie strategische Funktionen. In diesem Fall war der Zweck wohl der Schutz der bedeutsamen Burgundischen Pforte.

Gemäss aktuellem Erkenntnisstand ist ungewiss, ob die Kolonie im heutigen Basel oder in Kaiseraugst gegründet wurde. Die strategische Lage und Bodenfunde aus der Zeit zwischen 44 und 12 v.Chr. sprechen für einen Standort in Basel auf dem Münsterhügel. Dies allerdings kaum als eine klassische Veteranenkolonie mit einem Kastell. Dafür war die römische Präsenz zu bescheiden.

Möglich ist vielmehr, dass die nach 80 v.Chr. entstandene keltische Siedlung auf dem Münsterhügel wie zuvor weiter existierte. Sie diente aber samt Bewohnern und Adel den Römern, die nach der Schlacht von Alesia 52 v.Chr. über Gallien herrschten. Unter den einheimischen Kelten liessen sich römische Legionäre oder Veteranen nieder, um als Berater und Aufseher zu wirken.

Ob die Römer danach permanent auf dem Münsterhügel waren oder wegen der Bürgerkriege wieder abzogen ist ungewiss. Unter Kaiser Augustus wurde nach 15. v.Chr. die Kolonie in Kaiseraugst neu gegründet. Aus ihr sollte die bedeutende Stadt Augusta Raurica werden. In Basel entstand derweil ein römischer Militärstützpunkt mit Kastell am Ort der alten keltischen Siedlung.


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Querverweis zum Thema:

>> Die keltische Siedlung auf dem Münsterhügel



Beitrag erstellt 18.07.22

Anmerkungen:

[1] E. Deschler-Erb, Unterabschnitt "3.3.2 Unter der Herrschaft Roms (Horizont II.2), Abschnitt "3. Auswertung," publiziert in Der Basler Münsterhügel am Übergang von spätkeltischer zu römischer Zeit - Materialhefte zur Archäologie in Basel, Heft 22a, Basel, 2011, Seite 238, Spalte 1 so wie L. Berger, Unterabschnitt "Die Gründung des Munatius Plancus", Abschnitt "Geschichte", publiziert in Führer durch Augusta Raurica, 7. Auflage, Basel, 2012, Seite 17, Spalte 2

[2] L. Berger, Unterabschnitt "Die Gründung des Munatius Plancus", Abschnitt "Geschichte", publiziert in Führer durch Augusta Raurica, 7. Auflage, Basel, 2012, Seite 18, Spalte 1

[3] E. Deschler-Erb, Unterabschnitt "3.3.2 Unter der Herrschaft Roms (Horizont II.2), Abschnitt "3. Auswertung," publiziert in Der Basler Münsterhügel am Übergang von spätkeltischer zu römischer Zeit - Materialhefte zur Archäologie in Basel, Heft 22a, Basel, 2011, Seite 237, Spalte und 239, Spalte 2 so wie P.F. Tschudin, Abschnitt "Die Siedlungen der Rauriker und die erste römische Koloniegründung", Beitrag "Die doppelte Gründung der Colonia Raurica und die römische Befestigung der südlichen Rheingrenze", publiziert in Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Band 121, Basel, 2021, Seiten 116 und 117

[4] Eckhard Deschler-Erb, Abschnitt "Colonia Light", Beitrag "Römische Zeit 52 v. Chr - 476 n. Chr.", publiziert in Unter uns - Archäologie in Basel, Basel, 2008, Seite 178, Spalte 1 so wie A. Hagendorn, Abschnitt "3.3 Die spätlanène- und frühkaiserliche Hauptstrassenachse der Colonia Rauria", in Beitrag "Neue Erkenntnisse zur spätlatène- und frühkaiserzeitlichen Strasse auf dem Basler Münsterhügel", in Jahresbericht 2016 der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt, Basel, 2017, Seiten 122 und 123

[5] E. Deschler-Erb, Unterabschnitt "3.3.2 Unter der Herrschaft Roms (Horizont II.2), Abschnitt "3. Auswertung," publiziert in Der Basler Münsterhügel am Übergang von spätkeltischer zu römischer Zeit - Materialhefte zur Archäologie in Basel, Heft 22a, Basel, 2011, Seite 239, Spalte 2

[6] L. Berger, Unterabschnitt "Die Gründung des Munatius Plancus", Abschnitt "Geschichte", publiziert in Führer durch Augusta Raurica, 7. Auflage, Basel, 2012, Seite 19, Spalte 2

[7] E. Deschler-Erb, Unterabschnitt "3.3.2 Unter der Herrschaft Roms (Horizont II.2), Abschnitt "3. Auswertung," publiziert in Der Basler Münsterhügel am Übergang von spätkeltischer zu römischer Zeit - Materialhefte zur Archäologie in Basel, Heft 22a, Basel, 2011, Seite 239, Spalte 2 so wie Eckhard Deschler-Erb, Abschnitt "Colonia Light", Beitrag "Römische Zeit 52 v. Chr - 476 n. Chr.", publiziert in Unter uns - Archäologie in Basel, Basel, 2008, Seite 178, Spalte 2

[8] P.F. Tschudin, Abschnitt "Welche Namen trugen die Siedlungen am Rheinknie", Beitrag "Die doppelte Gründung der Colonia Raurica und die römische Befestigung der südlichen Rheingrenze", publiziert in Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Band 121, Basel, 2021, Seite 125


Quellen:

Ludwig Berger, Führer durch Augusta Raurica, 7. Auflage, Schwabe AG, Basel, 2012, ISBN 978-3-7965-2841-5, Seiten 17 bis 20

Eckhard Deschler-Erb / Barbara Stopp, Der Basler Münsterhügel am Übergang von spätkeltischer zu römischer Zeit - Materialhefte zur Archäologie in Basel, Heft 22a, herausgegeben von der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, Basel, 2011, ISBN 978-3-3905098-52-5, ISSN 1424-7798, Seiten 235 bis 247 und 263

Eckhard Deschler-Erb / Andrea Hagendorn / Guido Helmig, Beitrag "Römische Zeit 52 v. Chr - 476 n. Chr.", publiziert in Unter uns - Archäologie in Basel, herausgegeben von der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt und dem Historischen Museum Basel, Christoph Merian Verlag, Basel, 2008, ISBN 978-3-85616-384-6, Seiten 177 bis 181

Armin Eich, Die römische Kaiserzeit - Die Legionen und das Imperium, 2. Auflage, Verlag C.H. Beck, München, 2018, ISBN 978 3 406 72022 2, Seiten 11 bis 50

Andres Furger, Beitrag "Romanisierung im 1. Jahrhundert", publiziert in Die Schweiz zur Zeit der Römer, Verlag NZZ, Zürich, 2001, ISBN 3 85823 809 0, Seiten 60 bis 68

Andrea Hagendorn / Eckhard Dreschler-Erb, Auf dem Basler Münsterhügel - die ersten Jahrtausende, Archäologische Denkmäler in Basel, Band 5, Christoph Merian Verlag, Basel, 2007, ISBN 978-3-85616-343-7, Seite 24 bis 33

Andrea Hagendorn, Beitrag "Neue Erkenntnisse zur spätlatène- und frühkaiserzeitlichen Strasse auf dem Basler Münsterhügel"", in Jahresbericht 2016 der Archäologischen Bodenforschung Basel-Stadt, herausgegeben von der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, Basel, 2017, ISBN 978-3-905098-64-8, ISSN 1424-4535, Seiten 122 und 123

Markus Peter, Beitrag "Von der römischen Koloniestadt zur Spätantiken Festung: Augst und Kaiseraugst in römischer Zeit", publiziert in Augst und Kaiseraugst: Zwei Dörfer - eine Geschichte, Band 1, Verlag des Kantons Basel-Landschaft, Liestal, 2007, ISBN 978-3-85673-671-2, Seiten 23 bis 25

Peter Friedrich Tschudin, Beitrag "Die doppelte Gründung der Colonia Raurica und die römische Befestigung der südlichen Rheingrenze", publiziert in Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, Band 121, herausgegeben von der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft zu Basel, Verlag Schwabe, Basel, 2021, ISBN 978-3-7965-4503-0, ISSN 0067-4540, Seiten 113 bis 125

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