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Die Pest von 1667/68
© by altbasel.ch

Im Jahr 1667 kam die Pest zum letzten Mal nach Basel. Die Epidemie brachte einen Wandel im Umgang mit der Seuche. Seit dem Mittelalter schreckte die Stadt vor jenen harten Massnahmen zurück, die in Italien Erfolge bei der Pestbekämpfung gebracht hatten. Nachdem sich die Handelsstadt lange gegen Abschottung und Isolation sträubte, wurden ihr diese Methoden von aussen aufgezwungen. Die Nachbarschaft drängte zu dem, was Basel selbst lange vermieden hatte.

Zur Zeit des 30jährigen Krieges 1618-1648 trat die Seuche wiederholt auf. Die Epidemie von 1628/29 forderte rund 2500 Leben. Milder war jene von 1633/36, an der ungefähr 1800 Menschen starben. Man hatte die Pest lange nicht mehr gespürt als sie im Juli 1667 wieder in der Stadt erschien. Die Seuche grassierte in Basel über ein Jahr lang, bis sie im Herbst 1668 allmählich erlosch. Sie stand jedoch im Schatten einer weitaus grösseren Katastrophe.

Die Nachrichten der Grossen Pest von London 1665/66 machten allgemein die Runde. Die Seuche hatte in der dicht bevölkerten Großstadt rund 70'000 Menschen ins Grab gebracht. Man kannte bereits die effektiven Methoden um die Pest einzudämmen. Absonderung von Erkrankten in den Spitälern, Abriegelung von Häusern in denen die Pest auftrat, Versammlungsverbote. Doch es war bereits zu spät. Zeitweise starben in London 1000 Leute pro Woche.

Halbherzige Seuchenbekämpfung

Unter dem Eindruck der Epidemie in London wurde die Pest wahrgenommen als sie in Basel erschien. Allerdings schickte sich die Stadt an, der Seuche in der gewohnt halbherzigen Weise entgegenzutreten, die hier seit der Pest von 1349 die Seuchenbekämpfung prägte. Es hatte während der Pestzüge 1628/29 und 1633/36 einige Fortschritte gegeben. So wurden Kranke mit ihren Familien isoliert, Wohnungen mit Kalk und Wasser desinfiziert und Bestattungsfeiern untersagt.

Mit diesen Maßnahmen alleine war es nicht getan, und das war allgemein bekannt. Weiterhin gab es regen Reise- und Warenverkehr durch die Handelsstadt an der Grenze zu Frankreich und Deutschland. Basel machte sich schon früher grössere Sorgen um die Wirtschaft als um die Gesundheit der Bevölkerung. Während der verheerenden Pest von 1563/64 wurde zum Beispiel im November 1564 die Herbstmesse abgehalten, die Handelsleute und Publikum in die Stadt lockte.

Basel wird isoliert

Die Nachbarn von Basel sahen dem Auftreten der Pest mit grosser Sorge zu. Die Stadt war ein Handelszentrum zu dem viele Strassen führen. Über diese rollte der Verkehr aus aller Herren Länder und damit konnte auch die Pest reisen. Die Epidemie, damals als "Contagion" bezeichnet, sollte aber eingedämmt werden. Daher ergriff die Markgrafschaft Baden eigene Maßnahmen. Die Grenze wurde geschlossen und aller Verkehr mit Basel bei höchster Strafe untersagt.

Waren wie Lebensmittel die aus dem Markgräflerland nach Basel geliefert wurden, mussten auf offenem Feld weit vor der Stadt abgeladen und mit angemessenem Abstand übernommen werden. Das Bargeld mussten die Empfänger in einen Topf mit Wasser tun, das man danach zum kochen brachte. Erst dann nahmen es die Verkäufer entgegen. Wer aus der Stadt kam, musste zuerst eine Wartefrist in Quarantäne durchlaufen. Für Basel war dies eine ganz neue Erfahrung.

Diesen badischen Maßnahmen schlossen sich bald die Herrschaft des Bischofs von Basel und weitere Nachbarn der Stadt an. Dann trat schliesslich der besorgte eidgenössische Vorort Luzern auf den Plan. Er wandte sich an die befreundeten Basler mit der Ankündigung, einen italienischen Fachmann zu entsenden, der die Stadt mit harter Hand von der Pest befreien solle. Basel schlug das Angebot höflich dankend aus und versprach alles zu tun um dies selbst zu vollbringen.

Die Obrigkeit ergreift Maßnahmen

Unter dem Druck der Nachbarschaft ging die Stadt endlich entschlossen gegen die Epidemie vor. Pestkranke und die sie Pflegenden wurden streng von gesunden Hausbewohnern getrennt. Wenn immer möglich, sollten sie zur Isolation in das oberste Geschoss eines Hauses verlegt werden. War ein Haus stark befallen, wurde es geräumt. Kranke brachte man dabei in eigene Seuchenlazarette während die gesunden Hausbewohner in abgesonderte Lokale in Quarantäne geschickt wurden.

Zur Desinfektion von Wohnungen und Gegenständen wurden eigens Leute abgestellt, die oft zum Einsatz kamen. Die Reinigung war obligatorisch. Die Behandlung durch einen speziellen Pestarzt wurde nun gratis angeboten und damit einer breiteren Bevölkerung zugänglich. Als die medizinisch tätigen Scherer Krankenbesuche verweigerten, drohte der Rat damit, sechs auswärtige Meister in die Stadt zu holen. Das traf den Zunftstolz der Scherer und machte sie gefügig.

Ende der Epidemie und Vermächnis

Zu Beginn des Jahres 1668 war die Seuche soweit zurückgegangen, dass der Pestkordon um Basel aufgehoben werden konnte. Langsam kam der Verkehr wieder in Gang. Es sollte bis zum 29. Dezember dauern, bis festgestellt werden konnte, dass seit vier Wochen keine Pestkranken mehr anzutreffen waren. Damit klang die Pest aus. Sie hatte in Basel etwa 1700 Menschenleben gefordert. Verglichen mit früheren Pestzügen scheint das eher wenig zu sein.

Die Pest von 1609/11 hatte im Vergleich dazu über doppelt so viele Menschen ins Grab gebracht. Die verheerende Epidemie von 1563/64 habe etwa 4000 Menschenleben gefordert. Bedenkt man indes bei den 1700 Todesopfern, dass die Stadt vor der letzten Pest 1667 ungefähr 14'000 Einwohner hatte, dann sind rund 12% der Bevölkerung umgekommen. Gemäss der Basler Einwohnerzahl von 2017 wären dies nach heutigen Verhältnissen ca 20'500 Menschenleben.

Basel sollte nie wieder bei Sicherheitsmaßnahmen zögern wenn irgendwo nochmals die Pest aufflammte, wie etwa 1720 in Marseille. Unter dem Eindruck der Seuche wurde 1667 im einstigen Steinenkloster das bereits länger geplante Waisenhaus eingerichtet. Zwei Jahre später zog die Institution nach Kleinbasel in die frühere Kartause, wo sie heute noch als Bürgerliches Waisenhaus besteht. Ein dauerhaftes Vermächnis der letzten Pestepidemie in der Stadt Basel.

der hof des waisenhauses auf einem stich um 1850

Das auf die Tage der Pest von 1667/68 zurückgehende Basler Waisenhaus in der einstigen Kartause (seit 1669) um 1850 | Stich von Heinrich Zollinger

Zusammenfassung

Als im Juli 1667 die Pest nach Basel kam war die Stadt 30 Jahre lang von einer solchen Epidemie verschont geblieben. Die Obrigkeit ergriff nur ungenügende Maßnahmen zur Eindämmung. Traditionell fürchtete Basel eher wirtschaftlichen Schaden als die Pest selbst. Unter dem Eindruck der Grossen Pest von London 1665/66 reagierten hingegen die Nachbarn und schlossen die Grenzen zur Herrschaft Basel. Die Eidgenossenschaft bot an, Experten zu schicken.

Isoliert und unter Druck begann Basel zu handeln. Energische Schritte wurden unternommen, um mit Isolation, Quarantäne und Hygiene die Seuche zu bekämpfen. Die Maßnahmen waren erfolgreich. Nachdem die Pest Ende 1668 erlosch, war Basel zu einer Stadt geworden, die bekannt für ihre exemplarische Strenge bei der Seuchenbekämpfung war. Ein Relikt der Pest 1667/68 ist das bis heute bestehende Waisenhaus von Basel, das in jenen Tagen gegründet wurde.




Beitrag erstellt 05.04.20

Quellen:

Walter Asal, Bürgerliches Waisenhaus Basel in der Kartause, 149. Neujahrsblatt GGG, Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1971, Seite 11 und 12

Albrecht Burkhardt, Demographie und Epidemiologie der Stadt Basel während der letzten drei Jahrhunderte 1601-1900, Universitätsbuchdurckerei Friedrich Reinhardt, Basel, 1908, Seiten 16 so wie 37 bis 44

Jacques Ruffié/ Jean-Charles Sourina, Die Seuchen in der Geschichte der Menschheit, Deutscher Taschenbuc Verlag, München, 2. Auflage 1993, ISBN 3-423-30066-3, Seiten 42 bis 59

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