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zuenfte und gesellschaften in basel
zunft zu schneidern
E.E. Zunft zu Schneidern
© by altbasel.ch

Die Basler Schneider hinken ein wenig hinter den berufsverwandten Kürschnern her, zumindest wenn es um den bischöflichen Segen geht. Man schrieb das Jahr 1260 als Bischof Berthold von Pfirt (gestorben 1262) den Schneidern ihren Zunftbrief verlieh. Im selben Jahrhundert vereinigte wohl der Rat die Schneider mit den Kürschnern zu einer geteilten Zunft. Damit galten beide Korporationen nunmehr als Halbzünfte.

Trotz der Vereinigung beaufsichtigten Schneider wie Kürschner getrennt ihre Gewerbe. Dies war ebenso in anderen Halbzünften üblich. Auch hatten beide eigene Zunfthäuser mit eigenen Stuben- und Zunftknechten. Im Rat waren aber beide Halbzünfte nur durch einen Ratsherrn und Zunftmeister vertreten. Dies zog naturgemäss bald schon Streit und Zank nach sich. Schliesslich griff der Rat 1362 in die endlosen Differenzen ein.

gedenktafel wo das zunfthaus an der gerbergasse stand

Die Gedenktafel an der Gerbergasse 36 (links) zeigt wo sich einst das Zunfthaus der Schneider erhob. Das heutige Gebäude (rechts), wo die Tafel an die Vergangenheit erinnert.

Er verfügte dass der Zunftmeister im jährlichen Wechsel jeweils von den Schneidern und danach wieder von den Kürschnern gestellt werden sollte. Ferner mussten im Vorstand der Zunft die Vorgesetzten beider Gewerbe zu gleichen Teilen vertreten sein. Die demokratische Lösung des Rats vermochte allerdings nicht alle Unzufriedenen zu besänftigen. Das Unbehagen, namentlich bei den Schneidern, zog sich weiter hin.

Schliesslich erhoben die Schneider 1387 die Forderung, durch eine eigene vollwertige Zunft von den Kürschnern gelöst zu werden. Dem Ansinnen widersetzten sich die offenbar anhänglichen Kürschner erfolgreich. Der Rat folgte den Bedenken der letzteren und beliess es bei den Halbzünften. Die Streitereien gingen folglich bis über die Jahrhundertwende weiter. Erst 1416 machte die Zunftordnung der leidigen Sache ein Ende.

Frauen in der Zunft

Frauen in Zünften waren eine Seltenheit. Bei den Schneidern gab es sie. Nicht wegen der Gleichberechtigung. Vielmehr waren nähende Frauen so besser zu kontrollieren. Näherinnen und Schneiderinnen die nicht zünftig wurden behielt man als Konkurrenz misstrauisch im Auge. Schliesslich beklagten sich die Schneider, dass diese "zufallenden frowen, die sich nidersetzen und neigen" (Frauen die sich niederlassen und nähen) das Gewerbe schädigten.

Zwar hatte man bereits nähende Frauen in der Zunft, forderte aber nun dass der Zunftzwang auf die unabhängigen Näherinnen ausgedehnt werde. Dem Anliegen wurde 1466 entsprochen. Der Rat legte 1470 mit weiteren Vorschriften fest, was Näherinnen gestattet und was ihnen untersagt war. Sie durften nur bestimmte Kleidungsstücke wie etwa Hemden anfertigen, und es wurde ihnen verboten Wolltuch, Zwilch und Schürlitz zu verarbeiten.

Ausserdem sollten die Zunftschwestern jede Frau anzeigen die sich ausserhalb der Zunft mit Nähen und Schneidern beschäftigten. Kein Einfluss konnte indes auf die nähenden Nonnen in den Basler Klöstern genommen werden. Diese blieben weiterhin der Zunft entzogen. Hart war es nicht nur für die Frauen. Auch die Zunftbrüder der Schneider hatten es nicht leicht. Allen war geboten, sich peinlich auf ihr Handwerk zu beschränken.

Wohl durften sie Produkte herstellen. Aber wenn sie diese selbst gefertigten Erzeugnisse auch verkaufen wollten, mussten sie dafür einer anderen Zunft beitreten. Sie waren gezwungen doppelzünftig zu werden. Erst wenn sie auch zu Safran oder zum Schlüssel zünftig waren, durfen sie ihre Erzeugnisse zum Verkauf anbieten. Dies war der Unterschied zwischen den Herrenzünften (Handelsherren) und den Zünften der Handwerker (Produzenten).

Die Schneider pflegten eine enge Beziehung zur Spitalkapelle zum Heiligen Geist, wo sie mit den Kürschnern einen ab 1352 belegbaren Altar für ihre Bruderschaft hatten. Auch verehrten sie St.Gotman von Cremona (eigentlich Homobonus = Gutman). Der Kult kam eventuell durch italienische Kaufleute die mit Textilien handelten nach Basel. Die Schneider verewigten St.Gotmann 1508 neben dem Stadtheiligen Kaiser Heinrich, auf einer Glasmalerei in ihrer Zunftstube.

Vom Gesellen zum Schneidermeister

Der Weg zum Schneider war hart. Laut der Ordnung von 1466 begann ihr Arbeitstag vom Georgstag (23. April) bis zum Michaelstag (29. September) am Morgen wenn es 5 Uhr läutete und er war nicht vor 21.00 Uhr beendet. Im Winter mussten sie erst um 7 Uhr beginnen, dafür Abends bis 22.00 Uhr dranbleiben. Bei diesem Arbeitspensum verdienten sie so wenig, dass sie keine Familie unterhalten konnten. Dies wussten die Schneidermeister.

Daher duldete kein Meister einen verheirateten Gesellen, denn ein solcher war anfällig für unlautere Nebenverdienste wenn er seine Familie hätte durchbringen wollen. Während der Meister in seiner Werkstatt arbeitete, wurden die Gesellen oft auf Arbeit zu Kundschaft geschickt. Bemerkenswert mutet hier das Verbot an, für "üppige Frauen" in deren Häusern, und ebenso für Studenten und Magister der Universität zu arbeiten.

Diese Personenkreise standen im Rufe, besonders schlecht bei Kasse zu sein. Für Knechte und Mägde durfte nur geschneidert werden, wenn deren Herrschaft die Kleidung in Auftrag gegeben hatte. Heiraten konnte ein Geselle erst, wenn er die Meisterschaft erlangt hatte. Und diese fiel ihm wahrlich nicht in den Schoss. Um überhaupt zur Prüfung zugelassen zu werden, musste er drei Jahre nacheinander bei Basler Meistern im Dienst gestanden haben.

Dabei musste er sich so gut betragen haben, dass es nichts über ihn zu klagen gab. Ob der Geselle sich angemessen wohl betragen hatte lag im Ermessen des Meisters. Dieser hatte damit jeden Schneidergesellen fest in der Hand. Die Obrigkeit half mit, allfällige unbequeme Organisation unter den Gesellen zu unterbinden. 1399 verbot der Rat den Schneidergesellen die Einrichtung von Stuben und jegliche gemeinsamen Vereinbarungen.

Es war den Schneidergesellen damit unmöglich, sich für ihre Interessen einzusetzen. Bei der Prüfung erhielt der Geselle vorgegeben wieviel Stoff er verwenden durfte, und damit waren dann Probestücke anzufertigen. Dies konnte ein Leidmantel, ein Ratsherrenmantel, ein wollener Rock, ein Rock für einen Stadtknecht oder ein ganzes Bürgerkleid sein. Wurden die Stücke für gut befunden, war der Weg in die Zunft offen.

Die Schneider und das Basler Wehrwesen

Zu den Wehrpflichten der Zunft gehörte, dass sie mit den Weinleuten einen Abschnitt der Stadtmauer von der Lyss bis zum St.Leonhardsbollwerk bewachte. Die Wachtordnung von 1374 sagt konkret "Darnach sûllent verhuoten und bewachen von den egenanten viere thürnen, darnach die nechsten drye thürne, die Winlüte, Snider und Neyer". Interessante Einblicke bieten sich im Auszugsrodel von 1534, wo die Kontingente der Zünfte festgehalten sind.

Die "Schnider" und "Kürssner" hatten demnach 24 Mann zum Banner (grosser Ausmarsch mit bis zu 2000 Mann) und 6 Mann zum Fähnlein (kleiner Ausmarsch mit weniger als 1000 Mann) zu stellen. Die grosse Zunft zu Rebleuten hatte indes alleine zum Banner 68 Mann und zum Fähnlein 23 zu stellen. Dies zeigt ein wenig die personellen Relationen. Näherinnen hatten nicht mit auszuziehen, aber allenfalls einen Ersatzmann zu stellen.

wappen der gerber und schneider am loewenzorn

Die Wappen der Gerber und der Schneider an der Fassade der Liegenschaft Löwenzorn am Gemsberg, wo diese beiden Zünfte heute ihren Stuben im Obergeschoss haben.

Zunfthaus an der Gerbergasse

Dank einem Schiedspruch des Rates zum Sodbrunnen im Zunfthof wird 1364 erstmals das Zunfthaus der Schneider erwähnt. Die Liegenschaft wurde einst zum "Römer" genannt und erstreckte sich auf das Haus Gerbergasse 36 und dessen Hinterhaus Gerbergässlein 3. Wegen fehlender Rechnungsbücher ist wenig über die frühe Baugeschichte bekannt. 1548 erlaubte man den Schneidern, Abwasser des Zunfthauses in die Badestube "zum Mühlistein" abzuleiten.

Die Zunftstube bekam 1554 eine prächtige Glasscheibe. Mit der benachbarten Zunft zu Gartnern (Gerbergasse 38) geriet man sich wegen Differenzen bei baulichen Veränderungen in die Haare. Immer wieder werkelten die Gärtner in ihrem Haus. Wenn die Liegenschaft der Schneider betroffen war, liessen sich diese das nicht gefallen, so dass sich das Gericht der Fünferherren damit befassen musste. Im Jahr 1664 wurde das Zunfthaus umgebaut.

Im Obergeschoss des Hauses lag die Zunftstube, während das Erdgeschoss ab dem 16. Jh bis in das 19. Jh an Handwerker vermietet wurde, die hier ihrem Gewerbe nachgingen. Im Zunfthaus wurde auch das Materybuch von 1758 aufbewahrt, welches detailierte Entwürfe für die Meisterstücke barg. Hier war mit allen Massen festgehalten, wie ein Leidmantel oder ein Ratsherrenrock auszusehen hatte, und wieviel Stoff dafür verwendet werden durfte.

Sogar Schnittmuster wurden hier für alle Zeiten bewahrt. Im Jahr 1829 war die Zunft zu Schneidern wegen Bauausgaben genötigt, mit Erlaubnis des Stadtrates eine Anleihe von 2000 Franken aufzunehmen. Im Gegenzug musste sie das Zunfthaus verpfänden. Die Zunftstube wurde ab 1847 für eine Miete von 100 Franken pro Jahr an den Verein der Lesesäle für Handwerksgesellen, Lehrlinge und Knaben vermietet.

Weil die Korrektion der schmalen Gerbergasse für den zunehmenden Verkehr es erforderte, erwarb der Staat das Zunfthaus der Schneider 1873 für 50'000 Franken. Im folgenden Jahr liess er es abreissen. Mit ihm verschwanden auch die nahen Zunfthäuser zu Gerbern und zu Gartnern. Nur noch eine Metalltafel erinnert heute an das Haus der Zunft zu Schneidern. Eine neue Heimat fanden die Schneider in der Liegenschaft "zum Löwenzorn" am Gemsberg.



Beitrag erstellt 26.07.03 / überarbeitet 27.12.09

Quellen:

Emil Blum / Theophil Nüesch, Basel Einst und Jetzt, Eine kulturhistorische Heimatkunde (Textband), Verlag Hermann Krüsi, Basel, 1913, Seiten Seiten 94

Eduard Achilles Gessler, Basler Wehr- und Waffenwesen im 16. Jahrhundert, 116. Neujahrsblatt der GGG, herausgegeben von der Gesellschaft zur Beförderung des Guten und Gemeinnützigen, Kommissionsverlag Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1938, Seite 41

Guido Helmig / Christoph Philipp Matt, "Wachtordnung von 1374 (Ausschnitt)", publiziert im Jahresbericht 1989 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, herausgegeben von Rolf d'Aujourd'hui, Basel, 1991, ISBN 3-905098-10-5, Seiten 152, Spalte 2

Paul Koelner, Basler Zunftherrlichkeit, Verlag Birkhäuser, Basel, 1942, Seiten 68, 70, 72, 75, 89 und 156 bis 158

François Maurer, Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 5, Birkhäuser Verlag, Basel, 1966, Seite 443

Robert Schiess, Die Zunft- und Gesellschafthäuser der Stadt Basel, herausgegeben vom Basler Heimatschutz, Verlag Schwabe & Co AG, Basel, 2001, ISBN 3-7965-1889-3, Seite 46 bis 47

Rudolf Wackernagel, Geschichte der Stadt Basel, Band 1, Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1907, Seite 102

Rudolf Wackernagel, Geschichte der Stadt Basel, Band 2/I, Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1911, Seite 402, 417 bis 418

Gustav Adolf Wanner, Zunftkraft und Zunftstolz - 750 Jahre Basler Zünfte und Gesellschaften, Birkhäuser Verlag, Basel, 1976, ISBN 3-7643-0856-7, Seiten 123 bis 133

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