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Die ersten Basler Buchdrucker
Das junge Handwerk des Buchdrucks war im Basel des 15. Jahrhunderts eine freie Kunst. Das hiess dass für die Drucker kein Zwang bestand sich einer bestimmten Zunft anzuschliessen, wie dies bei den meisten Gewerbetreibenden der Fall war. Somit war das Druckerhandwerk auch keinen gewerblichen Vorschriften und Einschränkungen unterworfen, welche die Zünfte ihren Berufsleuten auferlegten. Damit bot Basel dem Buchdruck reizvolle Freiheiten die gute Geschäfte versprachen.
Begünstigend auf die positive Entwicklung des Buchdruck wirkte auch die gut etablierte Papierherstellung in Basel. Sie wurde im Jahr 1433 durch den reichen Ratsherrn Heinrich Halbisen (ca 1390-1451, auch Halbysen oder Halbeisen) mit der Einrichtung der ersten hiesigen Papiermühle vor dem Riehentor begründet. [1] Ihm folgten die aus Piemont eingewanderten Brüder Anton und Michel Gallizian (auch Gallician oder Galliziani), die aus ihrer Heimat Erfahrung im Papiermachen mitbrachten.
Sie betrieben 1452 am Rümelinbach vor dem Steinentor und am Gewerbekanal im St.Alban-Tal Papiermühlen. [2] Diese Papiermacherei war ein wichtiger Nährboden für das Gedeihen des Buchdrucks in der Stadt. Hinzu kam dass Basel eine geographisch günstig gelegene Handelsstadt war, was den Vertrieb von Druckerzeugnissen erleichterte. Auch mag die 1460 gegründete Universtität eine Rolle gespielt haben, an der einige der Basler Buchdrucker des 15. Jahrhunderts studiert hatten.
Vielleicht bot eine junge und aufstrebende Universität dem Druckergewerbe neue Impulse und Perspektiven, die eine altehrwürdige Institution in gefestigten Bahnen nicht hätte geben können. Auf jeden Fall war eine Hochschule eine interessante Quelle für Publikationen, wenn sie geistige Grössen zu bieten hatte. Die grossen Tage für solche Werke standen aber noch bevor. Vorerst kamen von der Universtität eher thematische Anregungen denn druckfertige Manuskripte aus eigener Feder.
Berthold Ruppel
Die Vermutung dass erste Buchdrucker bereits kurz nach der Gründung der Universität in Basel arbeiteten ist nicht belegt. Die mehrfach geäusserte Theorie, dass Drucker zu Beginn der 1460er Jahre nach Basel kamen könnte wohl auf einzelne Personen zutreffen. [3] Aber ob diese damals schon aktiv den Buchdruck betrieben ist nicht bewiesen. Als erster Drucker in Basel gilt Berthold Ruppel (gestorben ca 1494, auch Rippel). Aktenkundig wird der Mann aus Hanau in Basel im Juni 1473.
Der offiziell erste Basler Buchdrucker war mit Magdalena Meier verheiratet, die wegen ihrer Nennung als Witwe im Jahr 1495 zum einzigen Anhaltspunkt für den zuvor erfolgten Tod Ruppels wurde. Um 1475 wohnten sie am Unteren Heuberg mit einem stattlichen Hausstand von 16 Personen, was offenbar auch Ruppels Druckergesellen einschloss. Im folgenden Jahr ist ein Umzug in die Liegenschaft "Zum Palast" am Ringgässlein 2 nachweisbar. Erst im Jahr 1477 erlangte Ruppel das Bürgerrecht von Basel. [4]
Zwischen der Weissen Gasse und der Freien Strasse verläuft das Ringgässlein. Hier eine Ansicht um 1640. Vorne an der Freien Strasse lag die Liegenschaft "Zum Palast" (A) wo ab 1476 Ruppels Druckerei lag.
Er hat sich sicher schon vor 1473 in Basel aufgehalten. Eine Erwähnung im Roten Buch des Rates von Basel nennt ihn als "... Berchtold Ruppel von Hannouw der Trucker...". Dewegen kam die Vermutung auf, dass es sich bei ihm um "Bechtloff von hanauwe" gehandelt habe. [5] Einem Druckergesellen des Johannes Gutenberg (ca 1397-1468, eigentlich Johannes Gensfleisch), dem die Erfindung des Buchdrucks mit austauschbaren Lettern um 1450 zugeschrieben wird. Ruppels erster Basler Druck sei 1468 entstanden.
Beim dem von ihm gedruckten Hiobkommentar "Moralia seu Expositio in Iobum" von Papst Gregor I. (ca 540-604) in der Bibliothèque Nationale in Paris vermutete man lange, wegen der mittlerweile als Fälschung erkannten Datierung durch einen Rubrikator, dass er spätestens 1468 gedruckt wurde. Fachleute gehen allerdings bei einem anderen Buch sicherer von einem Druck Ruppels vor dem Jahr 1470 aus. Es gibt einige Hinweise darauf, dass er im fraglichen Zeitraum eine lateinische Bibel gedruckt hatte.
Ein Impressum mit Druckjahr war damals unüblich. Anhaltspunkte zur verwendeten Schrift und der Drucktechnik stützen aber eine Datierung um 1468. Der Inkunabelkundler Pierre Louis Van der Haegen (geboren 1932) schliesst dies nicht aus. Indes verwiest er auf ein Kalendergedicht zum Jahr 1471, welches von Bernhard Richel (gestorben 1482) in Basel gedruckt wurde. Damit sei spätestens 1470 das Jahr in dem die Basler Geschichte des Buchdrucks mit Gewissheit gesagt begann. [6]
Michael Wennsler
Um 1472/73 kam es offenbar zu einer Zusammenarbeit zwischen Ruppel und Richel. In jener Zeit entstand eine zweiteilige lateinische Bibel. Deren erster Teil mit 220 Seiten wird Berthold Ruppel zugeschrieben, während der 216 Seiten umfassende zweite Teil in der Offizin von Bernhard Richel gedruckt worden sei. [7] Arbeitsteilung bei bestimmten Werken war keine Seltenheit unter den frühen Druckern. Um 1477 arbeiteten Ruppel und Richel mit einem dritten Drucker in Basel zusammen.
Das Werk "Decisiones Rotae Romanae" brachten die beiden Pioniere des Basler Buchdrucks zusammen mit Michael Wenssler (gestorben vor 1515) aus Strassburg zu Papier. [8] Wenssler sei schon im Jahr 1462 an der Universität immatrikuliert gewesen. [9] 1473 wurde er Basler Bürger um im Jahr darauf der Zunft zu Safran beizutreten. [10] Es herrschte wie erwähnt kein Zwang sich einer bestimmten Zunft anzuschliessen. Dennoch entschlossen sich diverse Basler Buchdrucker zum Eintritt in die Safranzunft.
Wenssler erwarb im Jahr 1479 das Haus Zum Luft am Luftgässlein 2. In dieser Liegenschaft richtete er seine Druckerei ein. [11] In jener Zeit war er ein wohlhabender Mann. Aber er geriet in Schulden weshalb 1490 seine Druckerei mit allem Zubehör verkauft wurde. Schliesslich musste er sich 1491 auch von seinem Haus trennen, da es vom Stadtgericht zur Tilgung der Schulden verkauft wurde. [12] Michael Wenssler verliess Basel um in Cluny im Burgund 1493 eine neue Druckerei zu eröffnen.
Das Haus Luftgässlein 2 / Bäumleingasse 18. Es wurde 1479 von Michael Wenssler gekauft um darin seine Druckerei einzurichten. Ab 1531 sollte mit Hieronymus Forben hier ein anderer Drucker seine Offizin haben.
Streik der Druckergehilfen 1471
In die Tage des frühen Basler Buchdrucks fällt 1471 eine Arbeitsniederlegung der Druckergehilfen, was auf ein entwickeltes Gewerbe schliessen lässt. Zu jener Zeit herrschte der Drucker wie ein altertümlicher Familienvater über seine Gehilfen. Sie lebten in vielen Fällen mit ihrem Arbeitsgeber unter dem selben Dach und bezogen von ihm ihre Verpflegung. Dafür standen sie in der Folge ständig unter seiner Kontrolle. Der Druckerherr konnte die Arbeitszeit und Lohn nach seinem eigenen Gutdünken festlegen.
Dies war damals der Nachteil des Druckereipersonals, welches nicht den Schutz fester Regelungen und einklagbare Rechte, wie etwa Handwerker in den Zünften genoss. Da keine bestimmte Zunft für den Konflikt zuständig war, hatte das Stadtgericht und kein zünftisches Aufsichtsgremium zu urteilen. [13] Dessen Schiedsspruch vom 24. Dezember 1471 forderte dass die Meister den Gehilfen geben müssten was gerecht sei, und dass dafür Streik und Zusammerottung der Gehilfen enden sollten. [14]
Zusammenfassung
Basel konnte dem jungen Buchdruck sowohl die Vorteile einer geographisch günstig gelegenen Handelsstadt wie auch eine gut entwickelte Papierfabrikation bieten. Einen geistigen Einfluss dürfte auch die 1460 gegründete Universität gehabt haben. Die Annahme dass schon kurz nach der Gründung der Universtität die ersten Drucker in Basel arbeiteten ist bislang nicht belegt. Fachleute vermuten dass der erste Basler Druck um das Jahr 1468 entstand und von Berthold Ruppel aus Hanau stammt.
Er soll ein Gehilfe von Johannes Gutenberg gewesen sein (gesichert ist diese Vermutung allerdings nicht). Dieser erste Druck sei eine lateinische Bibel gewesen. Rippel, der amtlich erst 1473 aktenkundig wird, hatte seine Druckerei zunächst am Unteren Heuberg und dann am Ringgässlein. Für den Druck einer zweiteiligen Bibel arbeitete er 1472/73 wohl mit Bernhard Richel zusammen, dem mit einem Kalendergedicht für 1471 das erste unwiderlegbare Basler Druckerzeugnis zugeschrieben wird.
Richel und Ruppel arbeiteten 1477 mit dem aus Strassburg stammenden Michael Wenssler beim Druck eines anderen Buches zusammen. Dabei waren die drei wesentlichen frühen Drucker in Basel vereinigt. Wenssler brachte es zu einem Vermögen. Er war zünftig zu Safran und kaufte sich das Haus Luftgässlein 2. Dann geriet er in Schulden, musste 1490 seine Druckerei verkaufen, verlor sein Haus und verliess Basel. Im burgundischen Cluny eröffnete er im Jahr 1493 eine neue Druckerei.
Ein Streik der Druckergehilfen 1471 beweist dass es damals ein entwickeltes Basler Druckereiwesen gab, auch wenn kaum Druckerzeugnisse überlebten die dies belegen. Drucker unterlagen nicht dem Zwang einer bestimmten Zunft anzugehören und unterstanden daher keinen gewerblichen Zunftregeln. Dies liess ihr Gewerbe gedeihen. Aber es griff auch keine Zunft vermittelnd ein, weshalb in diesem Arbeitskonflikt ausnahmsweise das Gericht der Stadt einen Schiedsspruch fällen musste
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Beitrag erstellt 20.05.11 / Flüchtigkeitsfehler korrigiert 31.05.11
Anmerkungen:
[1] P. Koelner, Abschnitt "Papierer", in "Teil III. - Die Zunftaufnahmen seit der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts bis zum Jahre 1798", publiziert in Die Safranzunft zu Basel und ihre Handwerke und Gewerbe, Basel 1935, Seite 531, Spalte 1, so wie R. Wackernagel, Kapitel 5 "Schule und Gelehrsamkeit", 8. Buch, publiziert in Geschichte der Stadt Basel, Band 2/II, Basel, 1916, Seite 604
[2] R. Wackernagel, Kapitel 5 "Schule und Gelehrsamkeit", 8. Buch, publiziert in Geschichte der Stadt Basel, Band 2/II, Basel, 1916, Seite 604
[3] R. Wackernagel, Kapitel 5 "Schule und Gelehrsamkeit", 8. Buch, publiziert in Geschichte der Stadt Basel, Band 2/II, Basel, 1916, Seite 605, so wie J. Braun, Beitrag "Berthold Ruppel", publiziert in Allgemeine Deutsche Biographie, Band 29, Leipzig, 1889, Seiten 705 bis 707 (zur früh angesetzten Datierung)
[4] C. Reske, Beitrag "Ruppel", publiziert in Neue Deutsche Biographie, Band 22, Berlin, 2005, Seite 281
[5] I. Stockmeyer / B. Reber, Abschnitt "Erste Basler Drucker", publiziert in Beiträge zur Basler Buchdruckergeschichte, Basel, 1840, Seite 2
[6] P.L. Van der Haegen, Beitrag "Ein Kalendergedicht auf das Jahr 1471", publiziert in der Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, 83. Band, Basel, 1983, Seite 190
[7] P.L. Van der Haegen, Abschnitt "Drucker der ersten Generation", publiziert in Basler Wiegendrucke, Basel, 1998, Seite 8
[8] P.L. Van der Haegen, Abschnitt "Drucker der ersten Generation", publiziert in Basler Wiegendrucke, Basel, 1998, Seite 10
[9] H. Thommen, Beitrag "Vom Basler Buchdruck des 15. Jahrhunderts", publiziert im Basler Jahrbuch 1953, Basel, 1952, Seite 40
[10] P. Koelner, Unterabschnitt "Buchdrucker", in Abschnitt "Die Zunftaufnahmen seit der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts bis zum Jahre 1798", publiziert in Die Safranzunft zu Basel und ihre Handwerke und Gewerbe, Basel 1935, Seite 422, Spalte 1
[11] A. Nagel, Beitrag "Bäumleingasse 18 / Luftgässlein 2/4 (alte Nr. 1200) - Zum Luft", Abschnitt "Auf Burg - Die Rittergasse und ihre Umgebung", publiziert in Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 7, (Altstadt Grossbasel I), Bern, 2006, Seite 233, Spalte 1
[12] I. Stockmeyer / B. Reber, Abschnitt "Bernhard Richel", publiziert in Beiträge zur Basler Buchdruckergeschichte, Basel, 1840, Seite 17
[13] R. Wackernagel, Kapitel 5 "Schule und Gelehrsamkeit", 8. Buch, publiziert in Geschichte der Stadt Basel, Band 2/II, Basel, 1916, Seite 605
[14] Gerichtsarchiv A 30, abgedruckt in Abschnitt "Buchdrucker", in Teil II. (zu den safranzünftigen Handwerken und Gewerben), publiziert in Die Safranzunft zu Basel und ihre Handwerke und Gewerbe, Basel 1935, Seite 312
Quellen:
Carl Christoph Bernoulli, Beitrag "Die Incunabeln des Basler Staatsarchivs", publiziert in der Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, 9. Band, herausgegeben von der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft, Verlag der Historischen und Antiquarischen Gesellschaft, Basel, 1910, Seiten 22 bis 25 (Drucke von Bernhard Richel)
J. Braun, Beitrag "Berthold Ruppel", publiziert in Allgemeine Deutsche Biographie, Band 29, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Duncker & Humblot, Leipzig 1889, Seiten 705 bis 707
Paul Koelner, Die Safranzunft zu Basel und ihre Handwerke und Gewerbe, herausgegeben von E.E. Zunft zu Safran, Verlag Benno Schwabe & Co, Basel 1935, Seiten 312 und 531
Anne Nagel, Beitrag "Bäumleingasse 18 / Luftgässlein 2/4 (alte Nr. 1200) - Zum Luft", publiziert in Kunstdenkmäler des Kantons Basel Stadt, Band 7, (Altstadt Grossbasel I), herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern, 2006, ISBN 3-906131-84-X, Seite 233, Spalte 1
Balthasar Reber / Immanuel Stockmeyer, Beiträge zur Basler Buchdruckergeschichte, herausgegeben von der Historischen Gesellschaft zu Basel, Schweighausersche Buchhandlung, Basel, 1840, Seiten 2 und 17
Christoph Reske, Beitrag "Ruppel", Neue Deutsche Biographie, Band 22, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften / Hans Günter Hockerts, Dunkel & Humblot, Berlin, 2005, ISBN 978-3-428-11203-6, Seite 281
Heinrich Thommen, Beitrag "Vom Basler Buchdruck des 15. Jahrhunderts", publiziert im Basler Jahrbuch 1953, herausgegeben von Ernst Jenny und Gustav Steiner, Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1952, Seite 40
Pierre Louis Van der Haegen, Basler Wiegendrucke, Schriften der Universitätsbibliothek, Band 1, herausgegeben von der Öffentlichen Bibliothek des Universität Basel, Schwabe & Co AG, Basel, 1998, ISBN 3-7965-1086-8, Seiten 8 und 10
Pierre Louis Van der Haegen, Beitrag "Ein Kalendergedicht auf das Jahr 1471", publiziert in der Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde, 83. Band, Basel, 1983, Seite 190
Rudolf Wackernagel, Geschichte der Stadt Basel, Band 2/II, Verlag von Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1916, Seiten 604 und 605
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