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Friedhof der St.Johanns-Vorstadt
© by altbasel.ch

St.Johanns-Platz
Tram 11 - St.Johanns-Tor


Weitab von Kirche und Friedhof

Man muss nur einen Blick auf einen alten Stadtplan werfen, um zu erkennen, dass die im Mittelalter gewachsene St.Johanns-Vorstadt heraussticht. Dies im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie bildete quasi einen langen spitzen Dorn, der dem Rhein entlang nach Westen stösst. Bis dahin wo sich im 13. Jahrhundert die Johanniter niederliessen, weit vor den damaligen Toren der Stadt.

Auch wenn nach dem Erdbeben von 1356 die neue Stadtmauer diese langgedehnte Vorstadt mit in die Stadt einschloss und ihr mit dem St.Johanns-Tor einen eigenen Stadteingang brachte, war man weitab von St.Peter, zu dessen Kirchgemeinde man zählte. Eben so weit wie das Gotteshaus war auch der Kirchhof entfernt, auf den man die Verstorbenen trug wenn die Zeit zum letzten Gang kam.

Lange Grabgänge waren eine Zumutung und zu St.Peter gab es auch nicht genug Gräber für viel Zuwachs. Ein eigener Friedhof für die Vorstadt war bitter nötig. Es gab schon im Mittelalter mit dem Kirchhof des Johanniterordens einen Bestattungsplatz im Quartier. Er wurde aber exklusiv vom Orden genutzt und erst nach der Reformation von den Behörden für andere Bestattungen geöffnet.

Nach 1541 durfte auch Dienstvolk und Hintersassen (Niedergelassene ohne Bürgerrecht) hier begraben werden. Für die Bürgerschaft der Vorstadt waren weiterhin die Friedhöfe von St.Peter zuständig. Doch Bevölkerungswachstum und Platzmangel auf den Friedhöfen machten hier ein Umdenken nötig. Die Vorstadt brauchte einen eigenen Friedhof. Das Land dafür nahm man vom Johanniterorden.

das grundstueck auf einem stich um 1640

Umfeld der Johanniter-Niederlassung um 1640. Hell hervorgehoben ist hier das Grundstück das dem Orden 1771 zum Anlegen eines Friedhof abgekauft wurde. Bild anklicken für Vergrösserung mit Infos | Stich von Matthäus Merian

Ein ehemaliger Kohlacker

Die Beziehung zum Orden war nicht ungetrübt. Die Johanniter hatten sich lange aber vergeblich dagegen gewehrt, dass ihr alter Kirchhof für Beerdigungen von Dienstboten und fremden Mädgen diente. Zuletzt begehrten sie 1767 dagegen auf. In dieser Stimmung kaufte die Stadt 1771 vom Orden der Johanniter einen Reb- und Kohlacker beim St.Johanns-Tor, direkt innerhalb der Stadtmauer.

Vielleicht erhofften sich die Johanniter von diesem Landverkauf wieder das alte Privileg eines eigenen Friedhofes, wenn erst ein allgemeiner Gottesacker die Toten der Vorstadt aufnahm. Das erworbene dreieckige Areal wurde vom Kohlacker zum Begräbnisplatz. 1787 ist die Rede von einer wohl neu erstellten Umfriedungsmauer, denn eine Ummauerung hatte das Grundstück schon im 17. Jahrhundert.

Friedhof der Vorstadt

Das Dreieck des Friedhofsareals folgte mit seiner längsten Seite dem Verlauf des Walls der Stadtmauer, an den sie unmittelbar anstiess. Viel weiter am Stadtrand konnte ein Bestattungsplatz kaum noch liegen. Die beiden anderen Seiten verliefen entlang der heutigen St.Johanns-Vorstadt und der heutigen Johanniterstrasse. Hier begrub die Vorstadt ab nun ihre Verstorbenen.

Der schon jahrzehntelang genutzte Friedhof wurde im Jahre 1810 vermessen und in Stand gestellt. Die Frage stellt sich, ob beim Einrichten des Gottesackers in den 1770er Jahren so gewissenhaft wie nötig vorgegangen wurde? Man sollte meinen, dass bei einem neuen Projekt die Masse schon zu Beginn sorgfältig aufgenommen wurden. Offenbar kam aber das Massnehmen erst 1810 in den Sinn.

Im ausgehenden 18. Jahrhundert war die Ambiance auf dem Quartierfriedhof offenbar nicht eben von einem Übermass an Würde geprägt. Berichtet wird davon, dass der Hirte der Vorstadt St.Johann auf dem Gottesacker Kartoffeln anbaue. Zudem habe er eigenmächtig das Häuschen zur Lagerung von Friedhofsmaterial zu einem wohl rustikalen Domizil für Knecht und Pferd umfunktioniert.

Der Künstler Anton Winterlin (1805-1894) hat eine Ansicht des Friedhofs inmitten seiner Nutzungszeit 1844 hinterlassen. Grössere und prächtigere Grabmale stehen entlang der stellenweise begrünten Friedhofsmauer. Vor ihnen verläuft ein angelegter Gehweg über alle drei Seiten. Die dreieckige Grünfläche im Zentrum zeigt zahlreiche kleinere Gräber von weit schlichterer Art.

An der Friedhofsecke zur Vorstadt hin erhebt sich beim Eingang ein eingeschossiges Gebäude mit einigen Bäumen zum Bestattungsbereich hin. Es diente wohl zum Unterhalt des Friedhofs und für Aufbahrungen. Gesehen vom St.Johanns-Tor ist der Friedhof eingebettet in ein bewegtes Quartier zwischen Rhein und dem neuen französischen Bahnhof, der auf dem Bild Winterlins gerade im Bau steht.

friedhof 1873

Baumbewachsener Stadtmauerwall, dahinter das St.Johanns-Tor und ein Teil des Friedhofs unten rechts. Ansicht 1873 und selbe Stelle 2024. Bild anklicken für Vergrösserung | Lichtdruck nach Johann Jakob Schneider (Sammlung altbasel.ch)

Schliessung und Umgestaltung

Als 1868 der neue Gottesacker Kannenfeld öffnete, nahm er nicht nur die Verstorbenen einzelner Kirchgemeinden auf. Er war vielmehr Friedhof für einen ganzen Stadtteil, zu dem auch die St.Johanns-Vorstadt zählte. Neben dem Friedhof beim St.Johanns-Tor gab es vor der Mauer seit 1845 noch den Spitalgottesacker. Man nannte sie seither äusseren und inneren St.Johann-Gottesacker.

Beide Friedhöfe wurden 1868 geschlossen. Die Toten gingen nun aufs Kannenfeld. Nach der Schliessung änderte sich das Umfeld des ehemaligen Friedhofs rasch. Der Stadtmauerteil an den sich der innere St.Johanns-Gottesacker anlehnte, wurde 1874/75 abgerissen. In jener Zeit wurden auch die Baulinien das Quartiers korrigiert. Dies brachte Eingriffe ins Gelände des alten Gottesackers.

Das Baudepartement liess den aufgehobenen Friedhof 1891 zu einem öffentlichen Park mit Promenade umgestalten. Der grüne St.Johanns-Platz und die benachbarte Parkanlage zeugen noch heute davon. Manchmal treten Spuren des alten Friedhofs ans Licht, etwa als 1942 bei Grabungen vor dem 1891/93 erbauten Pestalozzi-Schulhaus eine Backsteingruft in eineinhalb Metern Tiefe entdeckt wurde.

Zusammenfassung

Um der St.Johanns-Vorstadt einen eigenen Friedhof zu geben, wurde 1771 Land vom Orden der Johanniter gekauft um darauf einen Gottesacker anzulegen. Der Friedhof lag direkt an der Stadtmauer und hatte einen dreieckigen Grundriss. Er bekam 1787 eine neue Ummauerung und wurde 1810 vermessen und saniert. 1868 schloss man ihn. An seiner Stelle liegt heute die Grünanlage St.Johanns-Platz.


parknalage st.johanns-platz mit pestalozzi-schulhaus

Der St.Johann-Platz im Jahr 2024 mit dem Pestalozzi-Schulhaus von 1893 im Hintergrund. Auf diesem Gelände befand sich der 1868 geschlossene innere St.Johann-Gottesacker. Viele Gräber ruhen bis heute unter dem Rasen.




Beitrag erstellt 15.01.24

Quellen:

Casimir Hermann Baer, "Die Basler Gottesäcker", publiziert in Die Kunstdenkmäler Basels, Band 3, herausgegeben von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Verlag E. Birkhäuser & Cie AG, Basel, 1941, Seite 32 (zum St.Johann-Gottesacker)

Emil Blum / Theophil Nüesch, Basel Einst und Jetzt, Eine kulturhistorische Heimatkunde (Textband), Verlag Hermann Krüsi, Basel, 1913, Seite 16

Paul Koelner, Basler Friedhöfe, Verlag der National-Zeitung, Basel, 1927, Seite 66

Kaspar Richner, Beitrag "Ein Längsschnitt durch die St. Johannsvorstadt", publiziert im Jahresbericht 1991 der Archäologischen Bodenforschung des Kantons Basel-Stadt, herausgegeben von Rolf d'Aujourd'hui, Basel, 1994, ISBN 3-905098-12-1, Seiten 151, 157 (Bild Winterlin) und 158

Hans Adolf Vögelin, Die Entwicklung des Äusseren St.Johann-Quartiers, 146. Neujahrsblatt der GGG, Helbing & Lichtenhahn, Basel, 1968, Seite 86 und 87

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